Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.07.1972; Aktenzeichen 36 Ca 154/72)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Juli 1972 – 36 Ca 154/72 abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten durch deren fristgerechte Kündigung mit Ablauf des 14. April 1972 aufgelöst worden ist.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1/7 zu tragen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Berufungsinstanz auf 7.685,– DM festgesetzt.
 

Tatbestand

Der 1934 geborene Kläger, französischer Staatsangehöriger – algerischer Abstammung –, trat am 19. Mai 1971 in die Dienste der Beklagten, die ein Arbeitseinsatzbetrieb ist und in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt. Auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18. April 1971 wurde der Kläger bei einem Kunden der Beklagten als Schweisser beschäftigt. Nach Ziffer 2 des Arbeitsvertrages sollte die Vergütung des Klägers in einer gesonderten Vergütungsvereinbarung geregelt werden. In der Vergütungsvereinbarung vom 2. Juli 197.1 ist u.a. für den Kläger ein Brutto-Stundenlohn von 5,– DM festgesetzt worden. Der Kläger hat als monatlichen Durchschnittsverdienst 2.000,– DM brutto angegeben.

Bis zum 30. März 1972 (Gründonnerstag) arbeitete der Kläger bei einem Kunden der Beklagten. Nach den arbeitsfreien Feiertagen nahm er seine Tätigkeit am Oster-Dienstag (4. April 1972) nicht auf, telefonierte aber an diesem Tage mit dem Büro der Beklagten und wurde auf den 5. April 1972 in das Büro bestellt. Die Angestellte der Beklagten, Frau H., kündigte dem Kläger am 5. April 1972 das Arbeitsverhältnis mündlich, weil er der Arbeit unentschuldigt ferngeblieben ist. Ob dem Kläger danach auch noch schriftlich gekündigt worden ist, konnte in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht geklärt werden. Die Beklagte hat zwar die Fotokopie eines Kündigungsschreibens vom 5. April 1972 überreicht. Es ist jedoch nicht dargelegt worden, ob dem Kläger dieses Schreiben zugegangen ist.

Am 11. April 1972 erschien der Kläger erneut im Büro der Beklagten und forderte noch Restlohn, der ihm jedoch von der Angestellten Hackmann verweigert wurde. An diesem Tage unterzeichnete der Kläger eine vorbereitete Erklärung folgenden Inhalts:

„Erklärung

Ich erkläre ausdrücklich, daß meine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beglichen sind und mir aus der Beendigung des Arbeitsvertrages keine Ansprüche mehr zustehen.

Berlin, den 11.4.1972

gez. K.”

Mit der am 18. April 1972 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die ihm ausgesprochene fristlose Kündigung und fordert die Nachzahlung von 3.570,– DM netto Lohn. Dazu hat er vorgetragen, daß keine Gründe für eine fristlose Kündigung vorgelegen hätten, so daß diese Kündigung unwirksam sei. Ausserdem hat der Kläger behauptet, daß die Erklärung vom 110. April 1972 keine rechtliche Wirkung haben könne, da Frau H. den Text der Erklärung verdeckt hatte, als er seine Unterschrift geleistet habe. Die Lohnnachforderung sei berechtigt, weil er mit der Beklagten einen Stundenlohn von 10,– DM netto vereinbart habe. Für die Zeit vom 2. Januar bis 29. Februar 1972 müsse die Beklagte ihm daher für 337 Stunden = 3.370,– DM netto abzüglich der erhaltenen Zahlungen nachzahlen.

Der Kläger hat im 1. Rechtszug beantragt,

  1. festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis durch die ausserordentliche Kündigung der Beklagten vom 4. April 1972 nicht aufgelöst worden ist,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3. 370,– DM netto zu zahlen.

Die Beklagte hat im 1. Rechtszug beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, daß die Ausgleichsquittung vom 11. April 1972, rechtlich wirksam geworden sei. Vor der Unterzeichnung sei der Kläger über den Inhalt und die Bedeutung dieser Erklärung ausdrücklich aufgeklärt worden. Er beherrsche die deutsche Sprache zumindest so gut, daß er die Bedeutung der Ausgleichsquittung habe verstehen können. Die Betriebsleiterin habe den Eindruck gehabt, daß der Kläger ihre Ausführungen verstanden habe. Zwischen den Parteien sei nur ein Stundenlohn von 5,– DM brutto vereinbart: worden. Eine weitergehende Vereinbarung werde bestritten. Auf dieser Basis habe der Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April seinen Lohn und entsprechende Abrechnungen erhalten. Aus betrieblichen Gründen sei der Kläger fristgerecht zum. 14. April 1972 gekündigt worden. Da er jedoch seit dem 30. März 1972 die Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist verweigert habe und in ultimativer Form seine Endabrechnung unter Bedrohung der Betriebsleiterin gefordert habe, sei sein Arbeitsverhältnis am 5. April 1972 fristlos gekündigt worden.

Das Arbeitsgericht hat über den Vorgang der Unterzeichnung der Ausgleichsquittung Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin H. – Bl. 13.14 d.A. –. Durch das am 24. Juli 1972 verkündete Urteil ist danach die Klage mit folgender Begründung abgewiesen worden: Die Beweisaufnahme habe ergeben, ...

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