Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentliche verhaltsbedingte Kündigung. Arbeitsverweigerung. Schlechtleistung. Abmahnung. Gleichartigkeit von abgemahnten Pflichtverstoßen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die beharrliche Arbeitsverweigerung setzt in der Person des Arbeitnehmers Nachhaltigkeit im Willen voraus. Der Arbeitnehmer muss die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genügt, dass er eine Weisung des Arbeitgebers nicht befolgt, vielmehr muss eine intensive Weigerung vorliegen. Insoweit ist eine Negativprognose erforderlich, aus der sich ergibt, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen wird. Es muss also die Willensrichtung erkennbar werden, Arbeitsanweisungen auch zukünftig nicht befolgen zu wollen. Das Moment der Beharrlichkeit ergibt sich aus einer wiederholten Weigerung nach ein- bzw. mehrmaliger Abmahnung und der daraus abzuleitenden Schlussfolgerung, der Arbeitnehmer werde Anweisungen nicht mehr erfüllen.

2. Eine nach erheblich langer „Bearbeitungszeit” abgelieferte unbrauchbare Arbeitsleistung (Konzept) lässt noch nicht den Schluss zu, der Arbeitnehmer habe über den Zeitraum überhaupt nicht an der Erstellung des Konzepts gearbeitet und dadurch seine Arbeitsleistung verweigert.

3. Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistung des Arbeitnehmers rechtfertigen i.d.R. nicht dessen außerordentliche Kündigung.

4. Bei der Zusammenfassung von Pflichtverstößen unter einem einheitlichen Kriterium im Sinn materieller Vergleichbarkeit ist zu beachten, dass Pflichtenverstöße nicht unter einem zu groß gewählten Oberbegriff zusammengefasst werden.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 20.10.2010; Aktenzeichen 7 Ca 7101/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Oktober 2010 – 7 Ca 7101/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten – soweit in der Berufungsinstanz von Interesse – über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Der Kläger war seit dem 01. Dezember 2007 bei der der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Manager im Bereich Data-Base-Development, später in der Abteilung Data Warehouse Management Informationssysteme (MIS) gegen eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.166,- EUR beschäftigt.

Die Beklagte rechnet für ihre Vertragspartner Lizenzverträge über entgeltpflichtige Inhalte (Musik, Videos etc.) ab, die deren Kunden mittels Mobiltelefon nutzen. Zu diesem Zweck beschäftigt die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer.

In letzter Zeit war das Arbeitsverhältnis der Parteien belastet; die Beklagte geht davon aus, dass der Kläger seine Arbeit nur unzureichend und unmotiviert erbringt.

Ende März 2010 bekam der Kläger die Aufgabe, ein Konzept für ein „MP3-Reporting Project zu erarbeiten, um zeitnah ermitteln zu können, wie viele Kunden von welchem Lizenzgeber MP3-Musiktitel herunterladen. Ein vom Kläger vorgelegtes Konzept entsprach nicht den Erwartungen der Beklagten und sie forderte den Kläger zur Steigerung seiner Leistungen auf.

Am 16. April 2010 sollte der Kläger ungeklärte MP3-Musikdownloads von Kunden des Mobilfunkanbieters O2 ermitteln. Die Reaktion des Klägers auf eine entsprechende Aufforderung ist zwischen den Parteien streitig, wird allerdings von der Beklagten als Arbeitsverweigerung gewertet. Die Beklagte erteilte dem Kläger deswegen mit Schreiben vom 22. April 2010 eine Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung am 16. April 2010 und drohte für den Wiederholungsfall mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Mit E-Mail vom 17. Mai 2010 wurde der Kläger sodann aufgefordert, bis zum 18. Mai 2010 um 18:00 Uhr ein Konzept zur vollständigen Integration von BITBOP, einem Abonnementdienst für Videos zur Nutzung auf Mobiltelefonen, in das MIS-Reporting zu erstellen und umzusetzen. Dieses Konzept sollte eine exakte Projektplanung über den gesamtem Lebenszyklus des Projektes enthalten. BITBOP und cMap sind neue Produkte, auf die die bisherige Linzenzabrechnung übertragen werden sollte. Daraufhin legte der Kläger ein als Grob-Konzept überschriebenes Papier mit folgendem Inhalt vor:

Grob-Konzept

Was liegt an Information vor?

  • Daten Mischung aus realen/ Dummydaten, noch kein offizieller Start von BITBOP
  • Komplett neues DB-Modell, abgetrennt vom alten System
  • Beschreibung der Daten
  • Ähnlichkeit der Daten zwischen altem und neuen System, da ähnliches Business

    1. Extrahieren der Daten aus dem DB-Modell zur Generierung der Reports lt. Excelsheet.
    2. Überführen der Daten aus der BitBop-Struktur in die alte Struktur, um Lizenz- und Standard-Reporting für BitBop zur Verfügung zu stellen. Fehlende Felder werden durch Dummy-Daten ersetzt.
    3. Erweitern der Zugriffstabellen der cMAP (Dimensions- und Faktentabellen)

Bei derzeitigem Wissenstand gestaltet sich der Entwurf eines Konzeptes in kurzer Zeitschwierig. Da ich weder BitBop, noch mit cMAP Berührungspunkte...

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