Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung bei Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit. Zahlungsklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zur Erschütterung des Anscheinsbeweises

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine Kündigung in zeitlichem Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen, spricht der Beweis des ersten Anscheins für diesen Zusammenhang. Diesen Zusammenhang muss der Arbeitgeber nachvollziehbar widerlegen.

 

Normenkette

EFZG § 8; SGB X § 115; EFZG § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1; SGB X § 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Entscheidung vom 05.10.2017; Aktenzeichen 12 Ca 10035/17)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 5. Oktober 2017 - 12 Ca 10035/17 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.192,77 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlungsansprüche über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus und dabei über die Frage, ob dem bei der Klägerin versicherten Arbeitnehmer wegen einer Arbeitsunfähigkeit gekündigt worden ist.

1.

Der Beklagte betreibt einen Fuhrbetrieb mit einer eigenen Werkstatt zur Reparatur der betriebseigenen LKWs. Der Beklagte und der Arbeitnehmer Detlef D. vereinbarten am 27. Mai 2016 einen Arbeitsvertrag für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als "Schlosser" mit einem Tätigkeitsbeginn ab 1. Juli 2016 sowie einer dreimonatigen Probezeit, also bis zum 30. September 2016. Die Tätigkeit wurde wie folgt beschrieben:

Der Mitarbeiter wird als Schlosser für alle im Unternehmen betriebenen Verkehre eingestellt. Sein Aufgabengebiet umfasst auch alle Nebenarbeiten einschließlich der Fahrzeugpflege. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, vorübergehend auch andere Tätigkeiten auszuüben.

Weiter heißt es in dem Vertrag:

Mündliche Nebenabreden haben keine Gültigkeit.

Ob die Parteien des Arbeitsverhältnisses dennoch eine mündliche Nebenabrede getroffen hatten, dass der Kläger einen Lehrgang zur Grundqualifikation für Berufskraftfahrer absolviere, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls trägt der Beklagte vor, dass man sich bei Vertragsschluss einig gewesen sei, dass der Arbeitnehmer D. sich bis zum Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. Juli 2016 zu einem hierfür erforderlichen Lehrgang anmelde und dieses dem Beklagten nachweise.

Der Arbeitnehmer D. trat seinen Dienst bei dem Beklagten am 1. Juli 2016 an, ohne einen solchen Lehrgang besucht zu haben. Unstreitig benötigte der Arbeitnehmer D. einen solchen Lehrgang nicht für die Ausübung seiner Tätigkeit. Es hätte allenfalls im Einzelfall Diskussionen über etwaige Ordnungswidrigkeiten reduziert. Nach dem ergänzenden Vortrag in der Berufungsverhandlung sollte der Kläger auch LKWs im Austausch zu verschiedenen Baustellen fahren.

Ab Montag, dem 18. Juli 2016 erkrankte der Arbeitnehmer D. arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit wurde wohl ursprünglich bis einschließlich dem 25. Juli 2016 bescheinigt. Am 26. Juli 2016 wurde eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 12. August 2016 festgestellt. Nach dem vom Beklagten bestrittenen Vorbringen der Klägerin hat der Arbeitnehmer D. den Betrieb des Beklagten am 26. Juli 2016 davon telefonisch in Kenntnis gesetzt.

Am 26. Juli 2016 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 10.8.2016.

Die klagende Krankenkasse macht gegenüber dem Beklagten aus übergegangenem Recht gemäß § 115 Abs. 1 SBG X i. V. m. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3. Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 EFZG Anspruch auf Erstattung des an den Arbeitnehmer D. in rechnerisch unstreitiger Höhe von 1.192,77 EUR gezahlten Krankengeldes geltend, da sie davon ausgeht, dass die Kündigung aufgrund der fortgesetzten Arbeitsunfähigkeit des Herrn D. erfolgt sei.

Der Beklagte erwidert, dass die Kündigung aufgrund einer Schlechtleistung des Herrn D. am 14. Juli 2016 sowie dem trotz mehrfacher Erinnerung unterlassenen Erwerb der Grundqualifikation als Berufskraftfahrer erfolgt sei. Der Arbeitnehmer D. habe am Donnerstag, dem 14. Juli 2016 an einem LKW mangelhaft gearbeitet. Eine nach einer TÜV-Untersuchung erforderliche Bremsenreparatur habe er unzureichend erledigt, so dass bei einer Wiedervorführung am 14. Juli 2016 erneut Mängel festgestellt worden seien, die dann von einem anderen Arbeitnehmer (Markus Redlich) abgestellt worden seien.

Mit Urteil vom 5. Oktober 2017 hat das Arbeitsgericht der Klage entsprochen. Der Beklagte habe das Arbeitsverhältnis mit Herrn D. aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Selbst wenn der Beklagte von der fortgesetzten Erkrankung ab dem 26. Juli 2016 noch nichts gewusst haben sollte, habe er nicht die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderliche 3-Tages-Frist abgewartet. Das 12tägige Zuwarten zwischen der Schlechtleistung und der Kündigung habe der Beklagte nicht erklären können. Auch die Unterlassung des Erwerbs der besonderen Kraftfahrerqualifikation scheide nach Ansicht des Gerichts als alleini...

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