Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 22.07.1999; Aktenzeichen 25 Ca 9501/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.04.2001; Aktenzeichen 2 AZR 185/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22. Juli 1999 – 25 Ca 9501/98 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Wert des Gegenstands im 2. Rechtszug:

  • 9.612,00 DM bis zum 13. Oktober 1999 und
  • 9.326,35 DM ab diesem Zeitpunkt.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine ordentliche fristgerechte Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist oder erst durch den späteren Ablauf einer Befristung geendet hat, sowie um Vergütungsansprüche aus dem streitigen Zeitraum unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs der Beklagten.

Die am 18. Februar 1971 geborene, ledige Klägerin war vom 01. Juni 1998 an auf der Grundlage eines bis 31. Mai 1999 befristeten Arbeitsvertrages, bezüglich dessen vollständigen Wortlauts auf Blatt 18 bis 20 der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen wird, zu einer monatlichen Brutto-Gesamtvergütung von 2.804,00 DM beschäftigt. Mit Schreiben vom 27.10.1998, der Klägerin zugegangen am 28. Oktober 1998, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „aus betrieblichen Gründen” fristgerecht zum 30. November 1998. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung war vertraglich vereinbart.

Etwa einen Monat zuvor hatte die Klägerin Nachricht davon erhalten, dass ihr langjähriger Lebensgefährte, zugleich Vater ihrer 4-jährigen Tochter, unheilbar an Krebs erkrankt war. Deshalb war sie aufgrund der daraus folgenden seelischen Belastung in der Zeit vom 05. bis 31. Oktober 1998 arbeitsunfähig. Der Lebensgefährte der Klägerin verstarb am 20. Oktober 1998.

Als die Klägerin am 03. November wieder zur Arbeit erschienen war, wurde sie bis 30. November 1998 unter Fortzahlung ihrer Bezüge von der Beklagten von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die ordentliche Kündigung der Beklagten.

Sie ist nämlich der Ansicht, die ihr noch vor der Beerdigung ihres verstorbenen Lebensgefährten zugegangene ordentliche Kündigung verstoße aufgrund dieses Umstandes gegen die guten Sitten und sei aus diesem Grunde nichtig. Der Verlust eines Ehemannes oder einer Ehefrau bzw. eines Lebensgefährten stelle nämlich für jeden Menschen neben dem Verlust eines nahen Angehörigen und dem eigenen Tod den gravierendsten Einschnitt dar, der denkbar ist. In einer solchen Situation müsse der Arbeitgeber auf die außerordentlich schwierige Situation seiner Arbeitnehmerin Rücksicht nehmen. Ein verständiger Arbeitgeber hätte in dieser Situation niemals eine Kündigung auch nur in Erwägung gezogen, sondern drei bis vier Monate mit einer Kündigung zugewartet.

In der Folge ihrer Rechtsauffassung hat sie auch auf die Vergütung für die Zeit vom 01. Dezember 1998 bis 31. Mai 1999 abzüglich in diesem Zeitraum erhaltenen Arbeitslosengeldes unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs der Beklagten Anspruch erhoben.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung beim Arbeitsgericht folgende Anträge gestellt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten vom 27.10.1998 zum 30.11.1998 geendet hat, sondern bis 31.05.1999 fortbestand.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückständigen Arbeitslohn von Dezember 1998 bis Mai 1999 DM 16.812,– (sic!) abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 7.200,– netto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Kündigung in zumutbarem Umfange zugewartet und mit der Freistellung der Klägerin ebenfalls in deren Sinne gehandelt zu haben. Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe ausschließlich darin gelegen, dass die Beklagte zur Auffassung gelangt sei, dass die Klägerin nicht in ihren Betrieb passe. Dieser betriebliche Grund sei für sie ausreichend gewesen.

Wegen der Einzelheiten und des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (Blatt 63 – 65 der Akte).

Mit dem angefochtenen Urteil vom 22. Juli 1999 hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Es vertritt in diesem Urteil insbesondere die im Einzelnen ausgeführte Auffassung, dass die Kündigung nicht wegen Sittenwidrigkeit oder Verstoßes gegen Treu und Glaube nichtig sei. Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts, soweit noch für den zweiten Rechtszug von Bedeutung, wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils unter Nr. 3 (Bl. 66/67 d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 01. September 1999 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 10.09.1999, bei Gericht am 13. September 1999 eingegangen, Berufung eingelegt, die sie mit am 13. Oktober 1999 in Telekopie eingegangenem Schriftsatz vom 13.10.1999 ausgeführt hat.

Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die streitgege...

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