Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer tariflichen Rückzahlungsregelung hinsichtlich einer Sonderzuwendung mit Mischcharakter

 

Leitsatz (amtlich)

Eine tarifliche Rückzahlungsregelung, welche sich auf eine Sonderzuwendung mit Mischcharakter bezieht und eine Rückzahlung bei Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis bis zum 31. März des Folgejahres - und damit außerhalb des Bezugszeitraums - aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch vorsieht, ist rechtswirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 30.11.2016; Aktenzeichen 10 Ca 143/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.06.2018; Aktenzeichen 10 AZR 290/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Offenburg - vom 30. November 2016 - 10 Ca 143/16 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Verpflichtung des Klägers, eine Sonderzahlung aus dem Jahr 2015 an die Beklagte zurückzuzahlen.

Der im Jahr 19xx geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Oktober 1995 als Busfahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Kündigung des Klägers vom 1. Oktober 2015 zum 14. Januar 2016 (Anlage K1, Bl. 25 d. erstinstanzlichen Akte). Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 den Eingang des Kündigungsschreibens und erklärte sich einverstanden, dass das Arbeitsverhältnis "entgegen den tariflichen Bestimmungen" zum 14. Januar 2016 ende. Die Beklagte kündigte zugleich an, dem Kläger die Arbeitspapiere zum genannten Zeitpunkt auszuhändigen und die Abmeldung bei der Pensionskasse zu veranlassen (Anlage K2, Bl. 26 d. erstinstanzlichen Akte).

Basis der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist eine von beiden Seiten unterzeichnete Einstellungsvereinbarung vom 30. August 1995 (Bl. 58 und 59 d. erstinstanzlichen Akte). Danach gelten für das Arbeitsverhältnis "...die für die SWEG geltenden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und die Arbeitsordnung in ihrer jeweiligen Fassung...".

§ 1 der Tarifvereinbarung Nr. 500/501 über die Zahlung einer Sonderzuwendung vom 7. Oktober 1971 (Anhang 1 zum Tarifvertrag für die Bediensteten der nicht bundeseigenen Eisenbahnen und von Kraftverkehrsbetrieben vom 15. Dezember 1966 (ETV)) lautet wie folgt:

"§ 1

(1) Die Bediensteten erhalten in jedem Kalenderjahr anstelle einer Weihnachtszuwendung eine Sonderzuwendung, wenn sie

1. am 1. Dezember seit dem 1. Oktober ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber in einem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis stehen und

2. nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis ausscheiden.

(2) Ist die Zuwendung im Falle des Absatzes 1 Nr. 2 gezahlt worden, so ist sie in voller Höhe zurückzuzahlen."

§ 2 der Tarifvereinbarung regelt die Höhe der Zuwendung, die je nach Beschäftigungsdauer mindestens 60 % und höchstens 100 % eines Monatslohns beträgt. Hinsichtlich der konkreten Berechnungsweise wird auf die zur Akte gereichte Tarifvereinbarung verwiesen (Bl. 60 - 62 d. erstinstanzlichen Akte). § 3 Abs. 1 der Vereinbarung bestimmt, dass sich die Zuwendung um 1/12 für jeden Kalendermonat vermindert, für den der Bedienstete keine Bezüge erhalten hat, sofern er nicht während des ganzen Kalenderjahres Bezüge von demselben Arbeitgeber erhalten hat.

§ 30 ETV regelt den Verfall von Ansprüchen. Er lautet wie folgt:

"Ansprüche aus diesem Tarifvertrag erlöschen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Entstehen des Anspruchs schriftlich geltend gemacht werden."

Mit der Novembervergütung 2015 leistete die Beklagte an den Kläger die Sonderzuwendung gemäß der Tarifvereinbarung in Höhe von 2.692,43 Euro brutto, abgerechnet und ausgezahlt in Höhe von 1.502,30 Euro netto. Der Betrag wurde dem Konto des Klägers am 25. November 2015 gutgeschrieben.

Für den Monat Januar 2016 zahlte die Beklagte an den Kläger keine Vergütung. Die für diesen Monat erstellte Abrechnung weist kleinere Auszahlungskorrekturen für die Monate Mai, Juni, Juli, September, Oktober und Dezember 2015 sowie für den Monat November 2015 eine Auszahlungskorrektur in Höhe von - 1.502,30 Euro aus. Sie endet mit einem Auszahlungsbetrag von 0 Euro (Bl. 29 d. erstinstanzlichen Akte). In der - ebenfalls im Januar 2016 erstellten - Rückrechnung für den Monat November 2015 wurde ein Negativbetrag in Höhe von 2.692,43 Euro brutto bzw. 1.502,30 Euro netto mit dem Zusatz "Verrechnung im Monat 01.01.2016" angegeben (Bl. 124 der erstinstanzlichen Akte). Im Februar 2016 erstellte die Beklagte eine weitere Abrechnung, welche mit "Rückrechnung Januar 2016" betitelt ist. Sie weist für den Januar 2016 ein gesetzliches Netto in Höhe von 1.047,29 Euro sowie eine Überzahlung von 493,00 Euro und einen Auszahlungsbetrag von 0 Euro aus (Bl. 30 und 31...

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