Verfahrensgang

ArbG Ulm (Urteil vom 12.12.1996; Aktenzeichen 5 Ca 532/95)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Ulm vom12.12.1996 – 5 Ca 532/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Änderungskündigung.

Der am 10.07.1939 geborene Kläger arbeitet seit 16.08.1976 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Softwareentwickler. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Metallindustrie in Südwürttemberg/Hohenzollern Anwendung. Die Parteien haben einen sogenannten AT I-Vertrag geschlossen. AT I-Mitarbeiter sind übertariflich bezahlte Angestellte, die ihr monatliches Gehalt mit dem Arbeitgeber frei aushandeln. Zu den bisherigen Vertragsbedingungen der AT I-Mitarbeiter gehörte, daß die monatlichen Bezüge 13 Mal im Jahr bezahlt werden. § 4 Nr. 4 des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages lautet dementsprechend: „Zusätzlich zu den unter Absatz 1 genannten Bezügen wird Ihnen jährlich mindestens ein weiteres Monatsgehalt gewährt. Ein etwaiges Weihnachtsgeld wird auf diesen Anspruch angerechnet.” Die Beklagte erzielte im Jahr 1993 ein negatives Betriebsergebnis von DM 6,5 Mio. und im Jahr 1994 ein solches von DM 11,3 Mio.

Durch folgende Kostensenkungsmaßnahmen suchte die Beklagte Massenentlassungen zu vermeiden:

  • Abschaffung der Ausgabe von Belegschaftsaktien 1993,
  • Kürzung des Weihnachtsgeldes von Tarifmitarbeitern,
  • Streichung von Fahrgeldzuschüssen,
  • Einschränkung von Werksbuslinien,
  • Zuschußkürzung für Betriebssport,
  • Kürzung des Essensgeldzuschusses,
  • Reduzierung der Betriebsrentenanpassung,
  • Abschaffung der Gruppenunfallversicherung und Neufassung der Versorgungsanordnung,
  • Fremdvergabe von Reinigungsdienstleistungen,
  • Einschränkung bei interner Postverteilung,
  • Fahrbereitschaft, Bewirtungsservice und Werkschutz,
  • Reduzierung von 40-Stunden-Verträgen und Überstunden,
  • Reduzierung von Zeitschriftenabos,
  • Kürzung von Spendengeldern,
  • keine individuellen Gehaltserhöungen,
  • Zusammenlegung der Berufsausbildung mit der MTU-Friedrichshafen,
  • Vereinbarung flexibler Arbeitszeitregelungen,
  • Reduzierung von Abteilungsfeiern.

Darüber hinaus schlug die Beklagte ihren AT I-Mitarbeitern die Absenkung des vertraglichen Anspruchs auf ein 13. Monatsgehalt auf ein Weihnachtsgeld entsprechend den tariflichen Bestimmungen vor. Bei den sogen. AT II-Angestellten war dies bereits geschehen.

Im Jahr 1995 wurden aus der Beklagten die Firmen … und … ausgegliedert. Die Beklagte als Obergesellschaft unterhält mit diesen Gesellschaften in Friedrichshafen einen Gemeinschaftsbetrieb. Die Unternehmen des … sind durch Ergebnisabführungsverträge miteinander verbunden. Dasselbe gilt im Verhältnis … zum …

Von den im … beschäftigten ca. 1.100 AT I-Mitarbeitern nahmen 740 den Vorschlag, das 13. Monatsgehalt auf das tariflich vorgesehene Weihnachtsgeld abzusenken, an. Am 05.09.1995 beschloß die Geschäftsführung der Beklagten, das 13. Monatseinkommen aller AT I-Angestellten müsse auf das tarifliche Niveau zurückgeführt werden. Die Geschäftsleitungen der ausgegliederten Unternehmen wurden angewiesen, den Beschluß in ihren Unternehmen umzusetzen. Die Geschäftsleitungen dieser Unternehmen faßten am 11.09.1995 entsprechende Beschlüsse. Mit den betroffenen Mitarbeitern wurden hierauf noch einmal Gespräche geführt, um ihre Zustimmung zu erreichen. 42 Arbeitnehmer, darunter der Kläger, verweigerten die Zustimmung zur gewünschten Vertragsänderung. Mit Schreiben vom 12.10.1995 (ABl. 113 ff), das am selben Tag beim Betriebsrat einging, teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie wolle dem Kläger eine Änderungskündigung aussprechen. Der Betriebsrat beschloß am 16.10.1995, der Kündigung zu widersprechen. Er teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.1995 (ABl. 118 ff) mit. Mit Schreiben vom 30.10.1995 (ABl. 5 f), das dem Kläger am selben Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist bis 30.06.1996, hilfsweise sprach sie eine ordentliche Kündigung zum selben Zeitpunkt aus. Gleichzeitig bot sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen, Jedoch mit folgender Änderung des § 4 Nr. 3 des Anstellungsvertrages ab 01.07.1996 an: „Zusätzlich zu den unter Absatz 1 genannten Bezügen wird Ihnen ein Weihnachtsgeld nach der jeweils geltenden betrieblichen (tariflichen) Regelung bezahlt”. Mit der am 09.11.1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Feststellungsklage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 30.10.1995 unwirksam ist. Mit Schreiben vom 06. und 07.11.1995 (ABl. 49 f) nahm er die Änderung des Arbeitsvertrages unter dem Vorbehalt an, daß die Kündigung nicht sozial ungerechtfertigt ist.

Der Kläger hat beim Arbeitsgericht beantragt,

festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderun...

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