Entscheidungsstichwort (Thema)

Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds wegen Interessenkollision

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Betriebsratsmitglied ist bei der Beschlussfassung im Verfahren gemäß §§ 99 BetrVG betreffend die Eingruppierung eines anderen Arbeitnehmers wegen Interessenkollision dann ausgeschlossen, wenn das Betriebsratsmitglied aufgrund einer Betriebsvereinbarung über die wirtschaftliche Absicherung freigestellter Betriebsratsmitglieder indirekt von einer möglichen Höhergruppierung des anderen Arbeitnehmers profitiert.

 

Normenkette

BetrVG § 25

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 11.10.2007; Aktenzeichen 6 BV 113/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 10.11.2009; Aktenzeichen 1 ABR 64/08)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11.10.2007 – 6 BV 113/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über die Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Versetzung/Eingruppierung der Arbeitnehmerin J.

Der Antragsteller/Beteiligte Ziff. 1 (im Folgenden: Betriebsrat) ist der in der Niederlassung Stuttgart der Antragsgegnerin/Beteiligten Ziff. 2 (im Folgenden: Arbeitgeberin) gebildete Betriebsrat. Vorsitzende des Betriebsrats war bis zum 30.12.2007 Frau B.

Frau B. war eine bei der T. AG beurlaubte Beamtin, die bei der Arbeitgeberin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt wurde. Frau B. war nach § 38 BetrVG in vollem Umfang von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt. Frau B. schied am 30.12.2007 bei der Arbeitgeberin aus und trat als Beamtin am 01.01.2008 in den Vorruhestand ein.

Am 15.02.2007 schloss der Gesamtbetriebsrat mit der Arbeitgeberin eine freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung zur Ausgestaltung der sich aus §§ 37, 38 und 78 BetrVG ergebenden Ansprüche der Betriebsratsmitglieder ab. § 4 der Gesamtbetriebsvereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:

„(1) Für jedes voll freigestellte Betriebsratsmitglied sind 3 (drei) Vergleichspersonen zu benennen. Das an das freigestellte Betriebsratsmitglied zu zahlende Entgelt orientiert sich dynamisch ab dem Zeitpunkt der Benennung an dem jeweiligen Entgelt der Vergleichspersonen im Sinne des § 3.

(4) Sofern eine Vergleichsperson höher gruppiert wird, erhält das freigestellte Betriebsratsmitglied eine monatliche Zahlung in Höhe von 50 % des Differenzbetrages zwischen der Vergütungsgruppe, in die das Betriebsratsmitglied eingruppiert ist und des regelmäßigen Monatsentgelts der Vergleichsperson.”

Eine der für Frau B. benannten Vergleichspersonen war die Arbeitnehmerin J. Frau J. war auf der Grundlage des zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberin abgeschlossenen Entgeltrahmentarifvertrags zuletzt in die Vergütungsgruppe 7/4 eingruppiert. Aufgrund der genannten Regelung erhielt Frau B. neben ihrem monatlichen Gehalt in der Vergütungsgruppe 5/4 in Höhe von zuletzt EUR 2.816,00 eine monatliche Zahlung von zuletzt EUR 430,49 (vgl. Abl. 23 der zu Informationszwecken beigezogenen Akte des Arbeitsgerichts Stuttgart 6 Ca 3820/07). In dem angegebenen Verfahren hatte Frau B. mit der Arbeitgeberin darüber gestritten, ob sich die Differenzzahlung auf der Grundlage der Vergütungstabelle für die Angestellten oder auf derjenigen für die beurlaubten Beamten bemisst.

Mit Betriebsratsvorlage vom 13.04.2007 (Abl. 32) unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte „Versetzung/Beförderung” von Frau J.. Frau J. war bis dahin als Vertriebskoordinatorin beschäftigt. Rückwirkend zum 22.02.2007 bat die Arbeitgeberin um die Zustimmung des Betriebsrats zur künftigen Beschäftigung als Teamleiterin Vertriebssupport Privatkunden. Bei der Eingruppierung in die Vergütungsgruppe A 7/4 sollte es ausweislich der Betriebsratsvorlage auch nach der Versetzung verbleiben.

Mit Schreiben vom 16.04.2007 stimmte der Betriebsrat der rückwirkenden Versetzung von Frau J. zu. Die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 7/4 lehnte der Betriebsrat ab. Dem Schreiben war ein Beschluss des Betriebsrats vorausgegangen, an dem Frau B. mitgewirkt hatte. Für die Zustimmungsverweigerung hinsichtlich der Eingruppierung führte der Betriebsrat an, dass Frau J. in die Vergütungsgruppe 8/2 einzugruppieren sei. Zur Eingruppierung der Teamleiter Technik hatten die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat in § 6 einer Gesamtbetriebsvereinbarung vom 11.08.2006 die Vereinbarung getroffen, dass die Eingruppierung gemäß Anlage 1 zum ERTV T-Mobile in die Vergütungsgruppe 8 erfolge. In einer weiteren Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22.02.2007 hatten die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat hinsichtlich der Teamleiter Vertrieb vereinbart, dass die Eingruppierung gemäß Anlage 1 zum ERTV T-Mobile erfolge, ohne dass eine konkrete Vergütungsgruppe angegeben wurde. In seinem Schreiben vom 16.04.2007 vertrat der Betriebsrat die Auffassung, dass die Beschreibung der Tätigkeiten und der Verantwortlichkeiten in den jeweiligen Anlagen 1 zu den genannten Betriebsvereinbarungen hinsic...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge