Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtungspflicht der Unternehmensleitung bei Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Unbegründeter Antrag des Betriebsrats zur Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Aus der Unterrichtungspflicht nach § 106 Abs. 2 S. 1 BetrVG i.V.m. § 106 Abs. 3 Nr. 9 a, § 10 BetrVG ergibt sich nicht die Pflicht zur Vorlage des Kaufvertrages über die Gesellschaftsanteile.

 

Normenkette

BetrVG § 106 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nrn. 10, 9a

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 05.02.2013; Aktenzeichen 11 BV 5/12)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 22.03.2016; Aktenzeichen 1 ABR 10/14)

 

Tenor

  • 1.

    Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 05.02.2013, Az. 11 BV 5/12 wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Rechtsbeschwerde wird hinsichtlich der Anträge Ziffer 2 und 4 zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten vorliegend über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs vom 28.06.2012 sowie die Verpflichtung einer Unterrichtung der Beteiligten zu 2 gegenüber dem Antragsteller.

Der Antragsteller (zukünftig: Betriebsrat) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2 und der Beteiligten zu 3) gebildete 9-köpfige Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2 betreibt die K. mit Sitz in F. und beschäftigt insgesamt ca. 400 Mitarbeiter. Die Beteiligte zu 3, bei der es sich um ein 100% Tochterunternehmen der Beteiligten zu 2 handelt, beschäftigt rund 60 Mitarbeiter. Nach übereinstimmendem Vortrag aller Beteiligten handelt es sich um einen gemeinsamen Betrieb der beiden Unternehmen.

Aufgrund rechtskräftigen Beschlusses des Arbeitsgerichts Freiburg vom 19.04.2011 wurde Herr J., Vizepräsident des Arbeitsgerichts M., zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle nach § 109 BetrVG mit dem Regelungsgegenstand: "Beilegung von Meinungsverschiedenheiten über die Unterrichtungs- und Beratungspflichten unter Vorlage von Unterlagen gemäß den Schreiben des Betriebsrats vom 29.12.2010, vom 20.01.2011, vom 28.01.2011 und vom 28.02.2011 wegen der Übernahme des Unternehmens nebst dem Erwerb der Kontrolle über das Unternehmen, wegen der Angabe über die weiteren potentiellen Erwerber und deren Absichten im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie wegen der sich daraus ergebenden Auswirkung auf die Arbeitnehmer (als weitere potentielle Erwerber sind ausgenommen das Land B. sowie das Klinikum F.)" bestellt.

Am 08.11.2011, am 02.02.2012 und am 28.06.2012 fanden Einigungsstellensitzungen zu diesem Regelungsgegenstand statt. Die Beteiligten konnten in den Sitzungen zu den meisten Fragen und Vorlageverpflichtungen von Unterlagen Einigkeit erzielen. Allerdings konnte zu Frage 2 des Katalogs des Betriebsrats keine Einigung erzielt werden. Diese Frage bezog sich darauf, inwieweit in dem Kaufvertrag Hinweise auf personelle Auswirkung genannt sind und inwieweit der Betriebsrat einen Anspruch darauf hat, Angaben des Geschäftsführers der Arbeitgeberin durch eine Einsichtnahme in den Kaufvertrag überprüfen zu können, den notariellen Kaufvertrag über die Veräußerung der Gesellschaftsanteile einschließlich des genannten Kaufpreises vorgelegt zu bekommen sowie Auskunft hinsichtlich der Drittfinanzierung des Kaufpreises zu erhalten.

Der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2 gab diesbezüglich bekannt, dass im Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile keine Aussage über personelle Auswirkungen des Anteilserwerbs enthalten seien.

Im Rahmen der Einigungsstellensitzung am 28.6.2012 stellte abschließend der Betriebsrat den Antrag:

Der Unternehmer wird verpflichtet, dem Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten den Kaufvertrag über die Gesellschaftsanteile der K. KG und der K. GmbH sowie der P. GmbH vorzulegen.

Dieser Antrag fand keine Mehrheit.

Das Protokoll der Einigungsstellensitzung sowie der mit Gründen versehene Spruch der Einigungsstelle vom 28.06.2012 gingen dem Betriebsrat am 23.10.2012 zu.

Mit seiner am 05.11.2012 bei Gericht eingegangenen und der Arbeitgeberin am 12.11.2012 zugestellten Antragsschrift begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass der Einigungsstellenspruch vom 28.6.2012 unwirksam sei und die Arbeitgeberin verpflichtet sei, den Kaufvertrag vorzulegen.

Ein Anspruch auf Einsicht in den Kaufvertrag über die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen bestehe. Dies ergebe sich insbesondere aus der geänderten Gesetzesfassung, die aufgrund des Risikobegrenzungsgesetzes in das Betriebsverfassungsgesetz eingeführt worden sei. Zu den erforderlichen Unterlagen im Sinne des § 106 Abs. 2, Abs. 3 BetrVG gehöre insbesondere auch der Vertrag zur Veräußerung der Gesellschaftsanteile. Aufgrund des angestrebten Gleichklanges zwischen den Informationen in börsennotierten und nicht börsennotierten Unternehmen habe der Wirtschaftsausschuss in nicht börsennotierten Unternehmen den Anspruch auf die Vorlage von Unterlagen mit den Angaben, die den in § 11 Abs. 2 WPÜG genannten entsprechen. Hierzu gehöre auch und gerade der Vertrag zur Veräußerung der Gesellschaftsanteile. Dieser Vertrag gebe Aufsch...

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