6.1 Antrag des Arbeitnehmers

 

Rz. 38

Da über die Freistellung für die Bildungsmaßnahme der Arbeitgeber entscheidet, muss der Arbeitnehmer die Freistellung für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme beim Arbeitgeber beantragen. Die Inanspruchnahme und der Zeitpunkt der Bildungsfreistellung müssen dem Arbeitgeber nach den jeweiligen Bildungsurlaubsgesetzen so frühzeitig wie möglich mitgeteilt werden. Die genauen Antragsfristen variieren aber zwischen 4 und 9 Wochen vor Beginn der Veranstaltung. Dabei müssen stets volle 4, 6, 8 oder 9 Wochen zwischen dem Zugang des Freistellungsantrags beim Arbeitgeber und dem Beginn der Bildungsmaßnahme liegen (BAG, Urteil v. 9.11.1999, 9 AZR 917/98[1]). So muss der Anspruch auf Bildungszeit nach § 7 Abs. 1 BzG BW gegenüber dem Arbeitgeber so frühzeitig wie möglich, spätestens aber 9 Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme, schriftlich geltend gemacht werden. Die Anmeldefrist wird nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB errechnet. Zwischen dem Zugang des Freistellungsantrags beim Arbeitgeber und dem Beginn der Maßnahme müssen volle 4, 6, 8 bzw. 9Wochen liegen.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung

Die Fortbildung eines Arbeitnehmers in Baden-Württemberg soll an einem Mittwoch beginnen. Demnach muss der Antrag beim Arbeitgeber am Dienstag 9 Wochen zuvor zugegangen sein.

 

Rz. 39

Versäumt der Arbeitnehmer die rechtzeitige Beantragung seiner Teilnahme an einer bestimmten Bildungsmaßnahme, so steht ihm kein Anspruch auf Freistellung für diese konkrete Veranstaltung zu (BAG, Urteil v. 9.11.1999, 9 AZR 917/98[2]). Diese Rechtsfolge ist zwar in den Gesetzen über den Bildungsurlaub nicht ausdrücklich bestimmt. Nach Auffassung des BAG (BAG, Urteil v. 9.11.1999, 9 AZR 917/98[3]) ergibt sie sich jedoch aus dem systematischen Zusammenhang der Mitteilungspflichten und dem Ablehnungsrecht des Arbeitgebers sowie aus dem Zweck dieser Verfahrensvorschriften. Denn die rechtzeitige Mitteilung des Arbeitnehmers soll es dem Arbeitgeber ermöglichen, die Abwesenheit des Arbeitnehmers einzuplanen und eine etwaige Ablehnung dem Arbeitnehmer rechtzeitig zuzuleiten. Eine verspätete Mitteilung verringert nach Auffassung des BAG (BAG, Urteil v. 9.11.1999, 9 AZR 917/98[4]) jedoch nicht den kalenderjährlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbildung, sodass der Anspruch auf Freistellung für eine andere Weiterbildungsmaßname hiervon nicht berührt wird.

 

Rz. 40

Die meisten Gesetze regeln, dass der Antrag schriftlich oder elektronisch eingereicht werden kann. Auch wenn eine solche Verpflichtung nicht bestehen sollte, ist im Interesse der Rechtssicherheit zu empfehlen, diesen gleichwohl auch schriftlich zu stellen. Teilweise wird auch die Vorlage weiterer Unterlagen (Bildungsprogramm, Nachweis über die Anerkennung) verlangt, zweckmäßigerweise sollten auch diese mit dem Antrag vorgelegt werden, um eine beschleunigte Prüfung zu ermöglichen. Antragsformulare können zumeist aus dem Internet[5] heruntergeladen werden.

Der Antrag sollte folgende Mindestangaben enthalten und der Beantragungsprozess sollte folgendermaßen ablaufen:

  1. Name und Anschrift des Beschäftigten,
  2. zu richten an die zuständige Stelle beim Arbeitgeber,
  3. fristgerecht, also 4, 6, 8 oder 9 Wochen vor dem Beginn der Veranstaltung,
  4. Erläuterung der Bildungsmaßnahme (Titel, Angabe, Zielgruppe, Inhalt und Lernziele), dabei Flyer, Ausschreibung, Programm etc. dem Antrag beifügen,
  5. Zeitraum der Bildungsmaßnahme (erforderlich sind auch die Zeitstunden pro Tag, auch spezielle Lernformen, etwa E-Learning), dabei entspricht eine "Zeitstunde" einer "Schulstunde", also 45 (nicht 60) Minuten,
  6. Name und Anschrift des Bildungsträgers,
  7. Anerkennung des Bildungsträgers nach dem jeweiligen Bildungsurlaubsgesetz,
  8. "Jedermannzugänglichkeit": klarstellen, dass die Veranstaltung keine Mitgliedschaft voraussetzt, also keine Parteiveranstaltung, religiöse Veranstaltung oder berufsbezogene Fortbildung ist (etwa nur für Ärzte, Apotheker, Anwälte, etc.),
  9. Unterschrift des Antragsstellers, Anlagen beifügen und Empfang vom Arbeitgeber bestätigen lassen.
 

Rz. 41

Übersicht über die Fristen zur Beantragung und Ablehnung des Bildungsurlaubs in den einzelnen Bundesländern:

 
Bundesland Antragsfrist ArbN Ablehnung durch den ArbG
Baden-Württemberg bis 9 Wochen vor Beginn innerhalb von 4 Wochen ab Mitteilung
Berlin bis 6 Wochen vor Beginn innerhalb 2 Wochen ab Mitteilung
Brandenburg bis 6 Wochen vor Beginn innerhalb 14 Tagen ab Mitteilung
Bremen bis 4 Wochen vor Beginn innerhalb 1 Woche ab Mitteilung
Hamburg bis 6 Wochen vor Beginn  
Hessen bis 6 Wochen vor Beginn innerhalb 3 Wochen ab Mitteilung
Mecklenburg-Vorpommern bis 8 Wochen vor Beginn bis 4 Wochen vor Beginn
Niedersachsen bis 4 Wochen vor Beginn bis 2 Wochen vor Beginn
Nordrhein-Westfalen bis 6 Wochen vor Beginn innerhalb von 3 Wochen
Rheinland-Pfalz bis 6 Wochen vor Beginn spätestens 3 Wochen vor Beginn
Saarland bis 6 Wochen vor Beginn spätestens 2 Wochen vor Beginn
Sachsen-Anhalt bis 6 Wochen vor Beginn i. d. R. 3 Wochen, spätestens 3 Tage vor Beginn
Schleswig-Holstein bis 6 Wochen ...

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