Die Kündigung ist letztes Mittel (Ultima Ratio). Deshalb muss zuerst eine Weiterbeschäftigung an einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens, gegebenenfalls auch nach zumutbarer Umschulung oder Fortbildung geprüft werden. Maßgeblich für die Bewertung, ob mildere Mittel vorliegen, ist der Zugang der Kündigung.[1]

4.4.1 Weiterbeschäftigung durch Versetzung

Ist ein Arbeitnehmer auf Dauer krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, die geschuldete Arbeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz zu leisten, so ist er zur Vermeidung einer Kündigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen weiterzubeschäftigen, falls ein solch gleichwertiger oder jedenfalls zumutbarer Arbeitsplatz frei und der Arbeitnehmer für die dort zu leistende Arbeit geeignet ist.[1] Gegebenenfalls hat der Arbeitgeber einen solchen Arbeitsplatz durch Ausübung seines Direktionsrechts sogar freizumachen und sich auch um die evtl. erforderliche Zustimmung des Betriebsrats zu bemühen. Zu einer weitergehenden Umorganisation oder zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist der Arbeitgeber dagegen nicht verpflichtet.

Dabei spielt keine Rolle, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Direktionsrecht auf die freie Stelle versetzen kann oder erst eine Vertragsänderung, u. U. durch den Ausspruch einer Änderungskündigung, erforderlich ist.

Hinsichtlich der Möglichkeit einer anderweitigen Weiterbeschäftigung gilt im Arbeitsgerichtsprozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast:

Es genügt zunächst der Vortrag des Arbeitgebers, eine anderweitige Beschäftigung sei im Betrieb oder Unternehmen nicht möglich. Dann ist es Sache des Arbeitnehmers, konkrete Vorstellungen zur Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung zu äußern. Erst dann muss der Arbeitgeber im Einzelnen erläutern und gegebenenfalls beweisen, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht möglich ist.

Als freier Arbeitsplatz kommt auch ein schlechterer als vorher in Betracht. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer aber keine freie Beförderungsstelle anbieten.

4.4.2 Weiterbeschäftigung durch Änderungskündigung

Besteht für einen Arbeitnehmer, der an seinem Arbeitsplatz aus krankheitsbedingten Gründen nicht mehr oder nicht mehr in bisherigem Umfang weiterbeschäftigt werden kann, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz, der Tätigkeiten voraussetzt, die arbeitsvertraglich nicht geschuldet sind, und ist eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrags nicht zu erzielen, so hat der Arbeitgeber eine Änderungskündigung auszusprechen. Diese bezieht sich entweder nur auf die Reduktion der vereinbarten Arbeit (z. B. statt Vollzeit nunmehr Teilzeit) oder auf eine andere Tätigkeit (u. U. auch Teilzeittätigkeit). Sie hat grundsätzlich Vorrang vor einer Beendigungskündigung, weil sie das mildere Mittel (Ultima Ratio) ist.

Das bedeutet:

Wählt der Arbeitgeber statt einer möglichen Änderungskündigung die Beendigungskündigung, ist diese sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam. Etwas anderes gilt, wenn die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist (was allerdings meist bei verhaltensbedingten Kündigungen in Betracht kommt). Nach § 2 KSchG besteht die Änderungskündigung aus einer Kündigung des bisherigen Arbeitsvertrags und einem damit verbundenen Angebot des Arbeitgebers zum Abschluss eines anderen Vertrags.[1]

Da also die Änderungskündigung zunächst einmal der Ausspruch einer normalen Kündigung ist, gelten für sie dieselben Grundsätze, wie bei der Beendigungskündigung, allerdings mit der Maßgabe, dass nicht überprüft wird, ob die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, sondern ob die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 2 KSchG.

Da die Änderungskündigung im Verhältnis zur Beendigungskündigung als das mildere Mittel angesehen wird, ist die Chance der Akzeptanz durch das Arbeitsgericht höher.

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot an, verändert der dadurch zustande gekommene Änderungsvertrag das Arbeitsverhältnis. Dieser geänderte Vertrag ist dann die individualrechtliche Grundlage für die Versetzung. Nimmt der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht an, kommt der Änderungsvertrag nicht zustande. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf dem angebotenen Arbeitsplatz ist dann nicht möglich. Das alte Arbeitsverhältnis ist jedoch gekündigt. Sollte der Arbeitnehmer gegen diese Kündigung rechtzeitig (§ 4 KSchG: grundsätzlich 3 Wochen nach Zugang) Klage erheben, geht es bei dem Rechtsstreit nur noch um die Wirksamkeit dieser Beendigungskündigung.

Annahme unter Vorbehalt

§ 2 KSchG gibt dem Arbeitnehmer die zusätzliche Möglichkeit, innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung das Änderungsangebot unter Vorbehalt anzunehmen. In einem solchen Fall kommt der Änderungsvertrag unter der rückwirkenden auflösenden Bedingung der gerichtlichen Feststellung ...

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