Es kommt auf folgende Prüfungsschritte an:

  1. Krankheitsbedingter völliger oder teilweiser Ausfall der vertragsmäßigen Arbeitsleistung
  2. Negative Prognose: Ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft seine Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr erbringen kann?
  3. Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen durch die krankheitsbedingten Gründe
  4. Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit: Ist eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz möglich und zumutbar? Das kann einvernehmlich, durch Zuweisung aufgrund Direktionsrechts oder durch Änderungskündigung, u. U. nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen.
  5. Interessenabwägung

4.1 Krankheitsbedingter Leistungsausfall

Der Arbeitnehmer erbringt seine Leistung infolge einer Erkrankung vollständig oder teilweise nicht. Dieser Leistungsausfall kann sich ganz unterschiedlich darstellen. Es kann sich um häufige Kurzerkrankungen handeln oder um eine langandauernde Erkrankung. Es kann aber auch eine krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit vorliegen. Dabei kann, je nachdem, ob die Wiederherstellung der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft bereits ausgeschlossen werden kann oder ob diese noch ungewiss ist, weiter differenziert werden. Schließlich kann eine krankheitsbedingte Leistungsminderung vorliegen, der Arbeitnehmer kann also arbeiten, bringt aber nicht die vertraglich geschuldete Leistungsqualität. Je nach Art des krankheitsbedingten Leistungsausfalls können betrieblichen Beeinträchtigungen, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten und Interessenabwägung unterschiedlich vorzunehmen sein.

4.2 Negative Prognose

Die Rechtmäßigkeit einer Kündigung wird für den Zeitpunkt ihres Zugangs untersucht. Die Kündigungsgründe sind aber ihrer Natur nach zukunftsbezogen, sie müssen auch für die Zukunft gelten. Denn § 1 Abs. 2 KSchG stellt darauf ab, ob die geltend gemachten Gründe einer "Weiterbeschäftigung" des Arbeitnehmers "entgegenstehen" (sog. negative Prognose). Es kommt damit darauf an, ob der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht erbringen kann.

4.3 Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen

Siehe dazu im Einzelnen Abschn. 5.1.2.

Die Gründe in der Person müssen konkrete Auswirkungen auf den Betrieb haben. Es müssen bereits konkrete und erhebliche Störungen eingetreten sein, die im Zeitpunkt der Kündigung noch andauern und wegen des Prognoseprinzips auch künftig zu erwarten sind.

Zu den kündigungsrelevanten wirtschaftlichen Belastungen zählen etwa zu erwartende unabdingbare Entgeltfortzahlungskosten gemäß §§ 3, 4 EFZG sowie arbeitsleistungsbezogene Sondervergütungen mit reinem Entgeltcharakter. Eine erhebliche Beeinträchtigung wird insbesondere dann angenommen, wenn die Kosten voraussichtlich jährlich insgesamt den nach §§ 3, 4 EFZG für 6 Wochen geschuldeten Entgeltfortzahlungsbetrag übersteigen. Sondervergütungen gemäß § 4a EFZG, Zuschüsse zum Krankengeld oder sonstige freiwillige Sonderzahlungen (wie Betriebstreueprämien), die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt, sind hingegen keine berücksichtigungsfähigen wirtschaftlichen Belastungen. Diese fallen ohnehin an. Im ersten Fall besteht die Möglichkeit einer Kürzungsvereinbarung gemäß § 4a EFZG.[1]

4.4 Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Die Kündigung ist letztes Mittel (Ultima Ratio). Deshalb muss zuerst eine Weiterbeschäftigung an einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens, gegebenenfalls auch nach zumutbarer Umschulung oder Fortbildung geprüft werden. Maßgeblich für die Bewertung, ob mildere Mittel vorliegen, ist der Zugang der Kündigung.[1]

4.4.1 Weiterbeschäftigung durch Versetzung

Ist ein Arbeitnehmer auf Dauer krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, die geschuldete Arbeit auf seinem bisherigen Arbeitsplatz zu leisten, so ist er zur Vermeidung einer Kündigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen weiterzubeschäftigen, falls ein solch gleichwertiger oder jedenfalls zumutbarer Arbeitsplatz frei und der Arbeitnehmer für die dort zu leistende Arbeit geeignet ist.[1] Gegebenenfalls hat der Arbeitgeber einen solchen Arbeitsplatz durch Ausübung seines Direktionsrechts sogar freizumachen und sich auch um die evtl. erforderliche Zustimmung des Betriebsrats zu bemühen. Zu einer weitergehenden Umorganisation oder zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG ist der Arbeitgeber dagegen nicht verpflichtet.

Dabei spielt keine Rolle, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Direktionsrecht auf die freie Stelle versetzen kann oder erst eine Vertragsänderung, u. U. durch den Ausspruch einer Änderungskündigung, erforderlich ist.

Hinsichtlich der Möglichkeit einer anderweitigen Weiterbeschäftigung gilt im Arbeitsgerichtsprozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast:

Es genügt zunächst der Vortrag des Arbeitgebers, eine anderweitige Beschäftigung sei im Betrieb oder Unternehmen nicht möglich. Dann ist es Sache des Arbeitnehmers, konkrete Vorstellungen zur Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung zu ä...

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