2.1 Auszahlung laufender Geldleistungen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die Vorschrift enthält eine Sonderregelung für laufende Geldleistungen. Abfindungen (§§ 76, 78), einmalige Beihilfen (§ 71 Abs. 1 bis 3), Sterbegeld etc. gehören nicht dazu. Verletztengeld und Übergangsgeld sind ausdrücklich ausgenommen. Für diese Leistungen gelten die allgemeinen Vorschriften (§ 38 SGB I). Zu den Leistungen, die regelmäßig wiederkehrend für bestimmte Zeitabschnitte gezahlt werden (laufende Leistungen i. S. d. Vorschrift), gehören damit Verletztenrenten (§§ 56, 62), Hinterbliebenenrenten (§§ 65 ff.), laufende Beihilfen an Hinterbliebene (§ 71 Abs. 4), wiederkehrende Übergangsleistungen nach § 3 BKVO und Pflegegeld (§ 44). Sie verlieren nicht dadurch ihren Charakter als wiederkehrend, wenn sie als zusammenfassende Zahlung für mehrere Zeitabschnitte geleistet werden (K. Palsherm, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 96; Hauck/Olk, SGB VII, § 96 Rz. 3 mit Hinweis auf die Begründung zu § 48 SGB I, BT-Drs. 7/868 S. 31).

 

Rz. 4

Grundsätzlich werden Sozialleistungen mit dem Tag ihrer Entstehung fällig (§ 41 SGB I). § 96 Abs. 1 ändert nicht die Entstehung der jeweiligen Leistung. Er verlegt jedoch den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit als erlaubte Ausnahme zu § 41 SGB I an das Ende des Monats, in dem der Anspruch auf die Sozialleistung erstmals entstanden ist. Der Tag der Fälligkeit wird insoweit präzisiert, als dass der letzte Bankarbeitstag als das Ende des Monats gilt, so dass der Versicherte über das Geld – wenn auch mit einem Monat Verspätung – zum Ersten des Folgemonats verfügen kann. Gegenüber der Vorgängerregelung br ingt die Vorschrift für den Sozialleistungsträger im Wesentlichen einen Zins- und Liquiditätsgewinn. Die regelmäßige Leistung muss nicht mehr im Voraus gezahlt werden, sondern wird erst nachträglich für den vergangenen Monat ausgezahlt. Nur für Altansprüche, die erstmals vor dem 1.4.2004 entstanden sind, gilt dies gemäß § 218c nicht.

 

Rz. 5

In den Sätzen 2 und 3 werden weitere Risikoverlagerungen für den Regelfall der unbaren Auszahlung auf ein Konto des Versicherten vorgenommen. Abs. 1 Satz 2 richtet sich an das Geldinstitut (Bank), bei dem der Versicherte das Konto führt, auf das seine Sozialleistung vom Versicherungsträger eingezahlt wird. Die Bank ist verpflichtet, ggf. entgegen ihren AGB, die Wertstellung zugunsten des Versicherten (= Kontoinhaber) mit dem Tag vorzunehmen, an dem das Geld bei ihr eingeht. Diese Maßgabe entspricht der Rechtsprechung des BGH zu Wertstellungsklauseln in AGB-Banken (BGH, Urteil v. 17.1.1979, XI ZR 54/88, für Bareinzahlungen; BGH, Urteil v. 6.5.1997, XI ZR 208/96, für Überweisungen, und BGH, Urteil v. 17.6.1997, XI ZR 239/96, für Lastschriften). Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung reicht es dann aus, wenn der Versicherungsträger die Zahlung so bewirkt hat, dass er bei normalem Überweisungsweg und Dauer damit rechnen durfte, dass die Zahlung am letzten Banktag des Monats bei der Bank eingeht (Abs. 1 Satz 3). Das Risiko eines ausnahmsweise abweichend längeren Überweisungsweges trägt damit der Versicherte.

2.2 Zulässigkeit von Vorauszahlungen (Abs. 2)

 

Rz. 6

Abs. 2 ist eine Ermessensentscheidung des Leistungsträgers i. S. d. § 39 SGB I. Der Versicherte hat keinen Anspruch auf eine Vorauszahlung, nur darauf, dass der Leistungsträger sein Ermessen pflichtgemäß ausübt. Welcher Zeitraum, für den eine Zahlung im Voraus vorgenommen werden kann, als angemessen anzusehen ist, lässt die Vorschrift offen. Dem Leistungsträger steht insoweit ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Teilweise wird vorgeschlagen, sich daran zu orientieren, für welche Zeiträume Kapitalabfindungen gewährt werden können. Danach sollen Vorauszahlungen nur für deutlich darunterliegende Zeiträume gewährt werden (Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 96 Rz. 5; Lauterbach/Fröde, SGB VII, § 96 Rz. 12). Andererseits wird das Kriterium der Sicherung vor Überzahlung genannt. Durch Stellung einer Sicherheit sollen auch langfristige Vorauszahlungen möglich sein (Jung, Die BG 1999 S. 224). Auch Gründe der Verwaltungsvereinfachung sollen tragen können (Hauck/Graeff, SGB VII, § 96 Rz. 5) Maßgeblich dürfte der Leistungszweck als Orientierungspunkt sein. Dabei sind die Belange des Versicherten und die mit der Leistung beabsichtigte Hilfestellung zu berücksichtigen.

 

Rz. 7

Jedenfalls ist die Zustimmung des Leistungsberechtigten für die Vorauszahlung erforderlich. Da diese nicht formgebunden ist, soll auch eine stillschweigende Erklärung, etwa durch die widerspruchslose Annahme der Vorauszahlung genügen (allg. Meinung: Burchardt, SGB VII, § 96 Rz. 17; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 96 Rz. 5; Lauterbach/Fröde, SGB VII, § 96 Rz. 11; Schmitt, SGB VII, § 96 Rz. 5; Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 96 Rz. 5). Dem ist entgegenzuhalten, dass das Gesetz dem Zustimmungserfordernis eine Schutzfunktion gegenüber dem Versicherten zuordnen will. Anderenfalls wäre dieser Teil der Vorschrift überflüssig. Schutz findet der Versicherte nur, wenn er sich ausdrücklich erklären muss. Zudem erfordert eine Zustimmung i. d. R. einen entsprechenden Erklärungswillen, von d...

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