Rz. 23

Bei der Unfallkausalität (vgl. Rz. 16) muss geprüft werden, ob der Arbeitsunfall mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit Mitursache für den anschließend eingetretenen Erstschaden gewesen ist oder ob dieser auf eine körpereigene innere Ursache zurückzuführen ist. Dabei nutzt das BSG (Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 27/04 R) ebenso wie das BVerwG (Urteil v. 9.4.1970, II C 49.68) beim Dienstunfall das Merkmal der äußeren Einwirkung lediglich zur Abgrenzung äußerer Vorgänge von krankhaften Vorgängen im Inneren des menschlichen Körpers.

 

Rz. 24

Innere Ursachen sind typischerweise Herzinfarkt, Schlaganfall, Kreislaufkollaps, Embolie und endogene Depression. Doch darf die Prüfung mit der Feststellung einer solchen inneren Ursache keinesfalls enden. Oftmals kommt sowohl eine versicherte äußere Einwirkung als auch eine innere Ursache als Auslöser des Erstschadens in Betracht. Zunächst müssen in einem solchen Fall die auf äußere Einwirkungen oder auf innere Ursachen hindeutenden Tatsachen sorgfältig ermittelt werden. Anschließend ist unter Einbeziehung medizinischen Sachverstands zu prüfen, welche Bedeutung für den Eintritt des Erstschadens die in Betracht kommenden Ursachen gewonnen haben. Auf dieser Basis ist wertend zu entscheiden, ob die versicherte äußere Einwirkung rechtlich wesentliche (Mit-)Ursache gewesen ist. Dies kommt durchaus auch dann in Betracht, wenn eine der soeben als innere Ursachen genannten Erkrankungen festgestellt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Während einer Tagung nimmt der Versicherte an einem Abendessen in Budapest teil, das als Plenarsitzung ein Teil der Tagung war. Als er Gundel-Palatschinken mit Nüssen zu sich nahm (versicherte Ursache) erlitt er aufgrund seiner Nussallergie (innere Ursache) einen anaphylaktischen Schock mit Herz-Kreislaufstillstand. Das BSG (Urteil v. 30.1.2007, B 2 U 8/06 R) hat ebenso wie die Vorinstanz die versicherte Ursache als wesentlich angesehen. Dabei wird zugrunde gelegt, dass der Versicherte, der seine Allergie kannte und deshalb ansonsten seine Speisen sorgfältig auswählte, durch die besondere Situation des Geschäftsessens mit gleichzeitiger Plenarsitzung abgelenkt war.

 

Rz. 25

 
Praxis-Beispiel

Ein Steinmetz verspürte beim Anheben eines ca. 70 kg schweren festgefrorenen Steins plötzlich einen stechenden Kopfschmerz. Anschließend wurde eine Subarachnoidalblutung (Einblutung im Schädelinneren) festgestellt, die zu weiteren Folgeerkrankungen führte. Hier waren zunächst die Umstände der äußeren Einwirkung (Anheben des Steins, Kraftaufwand beim Anheben usw.) und etwaige auf eine innere Ursache hindeutende Tatsachen (Vorschädigungen der Gefäße im Schädelinneren, etwa das Vorliegen einer Gefäßmissbildung in Form eines Aneurysmas) zu ermitteln. Anschließend ist – wie beim Stichwort Gelegenheitsursache dargestellt (vgl. Rz. 19 bis 22) – zu ermitteln, ob das Anheben des Steins die rechtlich wesentliche Ursache war (BSG, Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 27/04 R).

 

Rz. 26

 
Praxis-Beispiel

Entsprechend ist bei folgender Fallgestaltung vorzugehen: Ein 8-jähriges Kind stolperte, als es im Klassenzimmer zu seinem Platz gehen wollte, und fiel auf den Kopf. Der Arzt stellte zunächst eine Schädelprellung ohne Fraktur fest. Dann jedoch entwickelte sich im Laufe des Tages eine akute infantile Hemiplegie (Hirninfarkt). Kann nach Ausschöpfen aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht geklärt werden, ob die versicherte äußere Einwirkung rechtlich wesentliche Ursache war, so treffen die Folgen der objektiven Beweislosigkeit den Anspruchsteller (BSG, Urteil v. 27.6.1991, 2 RU 31/90).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge