0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 35 wurde durch Art. 7 Nr. 9 des Sozialgesetzbuchs – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) mit Wirkung zum 1.7.2001 neugefasst. Sprachlich änderte sich mit der Neufassung die Formulierung von "berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation" in "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben". Durch Art 8 Nr. 5 des Gesetzes zur Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurde mit Wirkung zum 1.1.2018 Abs. 1 neu gefasst und an die Neuregelungen im SGB IX angepasst. Durch Art 5 des Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) v. 10.12.2019 (BGBl. I S. 2135) wurde mit Wirkung zum 1.1.2020 Abs. 1 Satz 1 ergänzt, in Abs. 1 die Sätze 2 und 3 angefügt und auf die begrenzte Anwendung des in § 61a SGB IX eingeführten Budgets für Ausbildung Bezug genommen.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Zu den inhaltlichen Schwerpunkten des SGB IX gehört die Förderung der Teilhabe der behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen an der Gesellschaft, namentlich am Arbeitsleben. Dieses Ziel soll mit medizinischen, beruflichen und sozialen Leistungen schnell, wirkungsvoll, wirtschaftlich und auf Dauer erreicht werden (vgl. BT-Drs. 14/5074 S. 94). Hieran knüpft das SGB VII durch Verweis auf die entsprechenden Normen des SGB IX an.

Trotz aller Möglichkeiten der medizinischen Rehabilitation können bei dem Versicherten nach dem Eintritt eines Versicherungsfalls dauerhafte Gesundheitsschäden zurückbleiben, die eine Behinderung darstellen. Die Leistungen zur Wiedereingliederung nach Eintritt eines Versicherungsfalls nach dem SGB VII sind in 3 Säulen gegliedert. Die Heilbehandlung einschließlich der medizinischen Rehabilitation bildet die erste Säule. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bilden die zweite, die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft die dritte Säule. § 35 gibt einen Überblick über die Leistungen der zweiten Säule. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können eine dauerhafte Eingliederung in das Arbeitsleben zwar nicht garantieren. Sie sind aber unverzichtbar, denn nur bei möglichst guter beruflicher Qualifizierung können Versicherte, die einen Arbeitsunfall erlitten haben oder an einer Berufskrankheit leiden, auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb mit nicht behinderten Menschen bestehen.

 

Rz. 3

Den Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben konkretisiert § 35 nach dem Grundsatz des § 26 Abs. 1 Satz 1. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) sollen diese Leistungen mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig erbringen (vgl. § 26 Abs. 2 Nr. 1 a. E., Nr. 2 und Nr. 4). Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben umfassen alle Hilfen, die erforderlich sind, die Erwerbsfähigkeit des durch einen Arbeitsunfall Verletzten oder an einer Berufskrankheit Erkrankten entsprechend seiner Leistungsfähigkeit auf Dauer zu erhalten, (wieder-)herzustellen oder zu bessern. Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bedürfen der Zustimmung des Versicherten. Damit der Versicherte den Grundsatz des Vorrangs von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor Rentenleistungen (vgl. § 26 Abs. 3) nicht dadurch beeinflussen kann, dass er nicht zustimmt, haben die Träger der GUV die Möglichkeit, nach §§ 64, 66 Abs. 2 SGB I vorzugehen.

 

Rz. 4

Grundvoraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen nach § 35 sind die Zugehörigkeit des Anspruchstellers zu den Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung nach §§ 2 ff. und das Vorliegen eines Versicherungsfalles nach § 7 Abs. 1. Der Unfallversicherungsträger hat gemäß § 26 Abs. 2 die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig zu erbringen. Als Ziel gibt § 26 Abs. 2 Nr. 2 vor, den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern. Dabei sind die bisherige Tätigkeit und seine Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt, aber auch die in § 69 Abs. 2 SGB IV normierten Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

2 Rechtspraxis

2.1 Rechtsgrundverweisung auf Vorschriften des SGB IX

 

Rz. 5

Abs. 1 enthält eine Rechtsgrundverweisung auf die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 49 bis 55 SGB IX, in Werkstätten für behinderte Menschen nach den §§ 57 und 58 SGB IX, bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 SGB IX, als Budget für Arbeit nach § 61 SGB IX und als Budget für Ausbildung nach § 61a SGB IX. Diese Vorschriften sind maßgebend, soweit in Abs. 2 bis 4 nichts Abweichendes bestimmt ist.

2.2 Verweis auf § 49 SGB IX

2.2.1 Überblick

 

Rz. 6

Durch Art 1 des Gesetzes zur Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wurden mit Wirkung zum 1.1.2018 die §§ 33 bis 41 SGB IX zu den §§ 49 bis 63 SGB IX. § 49 entspricht im Wesentlichen dem früheren § 33. Lediglich Abs. 3 Nr. 6 und Abs. 9 sind neu. Abs. 3 Nr. 2a wurde zu Nr. 3 und in der Folge wurden die weiteren Nummern jeweils um eine Ziffer v...

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