Rz. 5

Die Vorschrift enthält eine Satzungsermächtigung des Gesetzgebers an die einzelnen Unfallversicherungsträger. Während der Gesetzgeber in § 2 die Versicherungspflicht kraft Gesetzes durch einzelne Tatbestände selbst geregelt hat, steckt er in § 3 nur den gesetzlichen Rahmen ab, innerhalb dessen es jedem einzelnen Unfallversicherungsträger überlassen bleibt, ob und in welchem Umfang er in seiner Satzung Regelungen über die Versicherungspflicht erlassen will. Die Unfallversicherungsträger müssen bei ihrer Satzungsregelung beachten:

  • Die Versicherungspflicht kann in personeller Hinsicht nur auf 4 Personengruppen erstreckt werden:

    • Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner nach dem LPartG bei der sog. Unternehmerversicherung (Nr. 1),
    • betriebsfremde Personen bei der sog. Aufenthaltsversicherung (Nr. 2),
    • Personen, die bei einer staatlich deutschen Einrichtung beschäftigt oder anderen Staaten zur Verfügung gestellt werden – sog. Ortskräfte (Nr. 3) und
    • ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte (Nr. 4).
  • Ausgeschlossen sind die in Abs. 2 aufgezählten Unternehmer.
  • Es darf keine Versicherungspflicht kraft Gesetzes nach § 2 bestehen.

Erst durch den Erlass entsprechender Satzungsvorschriften des zuständigen Unfallversicherungsträgers tritt die Versicherungspflicht ein, die dann zwingend und generell wie die Versicherungspflicht kraft Gesetzes wirkt (zur Ausnahme der Befreiungsmöglichkeit vgl. Rz. 8).

2.1.1 Unionsrechtliche und verfassungsrechtliche Zulässigkeit

 

Rz. 6

Mit Beschluss v. 15.7.1999 (B 2 U 117/98 B, HVBG-Info 2000 S. 537) hatte der 2. Senat des BSG im Anschluss an das BVerfG (Beschluss v. 30.7.1985,1 BvR 282/85, SozR 2200 § 543 Nr. 6) die bisherige ständige Rechtsprechung (BSG, Urteil v. 9.12.1993, 2 RU 49/92, SozR 3-2200 § 543 Nr. 1), dass § 543 RVO eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung darstellt und weder gegen die durch Satzungsrecht aufgrund des § 543 RVO (= § 3 SGB VII) begründete Zwangsmitgliedschaft der selbständigen Unternehmer noch die damit verbundene Beitragspflicht rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Bezieht die Satzung alle Unternehmer ein, so war nach der Rechtsprechung des BVerfG (a. a. O.) die Zwangsmitgliedschaft als solche, nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 18.10.1984, 2 RU 51/83, Breithaupt 1987 S. 924) die Einbeziehung von Kleinunternehmern und nebenberuflich Tätigen als verfassungsgemäß angesehen worden (zur Verfassungsmäßigkeit auch Vossen, SGb 2006 S. 518).

 

Rz. 7

Das BSG hat seine Ansicht auch unter der Geltung des SGB VII beibehalten und entschieden, dass weder die Organisation der gesetzlichen Unfallversicherung in Form der Pflichtversicherung noch die im SGB VII geregelte Beitragsgestaltung dem europäischen Gemeinschaftsrecht – nach dem Vertrag von Lissabon Unionsrecht – oder nationalem Verfassungsrecht entgegenstehen (BSG, Urteil v. 11.11.2003, B 2 U 16/03 R, BSGE 91 S. 263; BSG, Urteil v. 9.5.2006, B 2 U 34/05 R, UV-Recht Aktuell 2006 S. 456 = BG 2007 S. 102; BSG, Urteil v. 20.3.2007, B 2 U 09/06 R, UV-Recht Aktuell 2007 S. 1065; ebenso: LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 18.3.2008, L 9 U 446/06, UV-Recht Aktuell 2008 S. 1360).

Auf den Vorlagebeschluss des Sächsischen LSG (Beschluss v. 24.7.2007, L 6 U 2/06, GewArch 2007 S. 420; kritische Anmerkung Pabst, BG 2008 S. 91) hat auch der EuGH (Urteil v. 5.3.2009, C-350/07, NJW 2009 S. 1325) die als Zwangsversicherung gestaltete deutsche gesetzliche Unfallversicherung als weder gegen die europäische Wettbewerbs- noch die Dienstleistungsfreiheit verstoßend angesehen, solange das Solidaritätsprinzip umgesetzt bzw. das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht überschritten wird (vgl. die Anmerkungen Dann, DSTRE 2009 S. 1093; Fuchs, ZESAR 2009 S. 365; ders., DGUV-Forum, 2009 Nr. 11 S. 12; Giesen, ZESAR 2009 S. 311; Höffer/Wölfle, DGUV-Forum 2009 Nr. 4 S. 36; Kirchberg, NJW 2009 S. 1313; Penner, ZESAR 2009 S. 411; Röbke, EWiR 2009 S. 457; Ruland, JuS 2010 S. 463; zu den Folgen für den Pensionssicherungsverein: Rolfs/de Groot, ZIP 2009 S. 785). Aus der Entscheidung folgt für die Sozialgerichte, dass die Rechtslage als gesichert zu beurteilen ist, solange die Systemkomponenten unverändert bleiben (vgl. zur gesetzlichen Krankenversicherung: Schlegel, SGb 2007 S. 709). Das Argument der alleinigen Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten für die Systeme der sozialen Sicherheit vermag für sich betrachtet keine Rechtfertigung zu bieten. Mit Blick auf die Dienstleistungsfreiheit ergibt sich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung des EuGH (vgl. auch Bieback, in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl. 2005, S. 600). Eine Bestandsgarantie für das gegenwärtige System der gesetzlichen Unfallversicherung ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH nicht.

2.1.2 Satzungsrechtliche Zuständigkeit

 

Rz. 8

§ 34 SGB IV regelt die generelle Kompetenz zum Erlass von Satzungen durch die Versicherungsträger. Zuständig für den Erlass der Satzung ist die Vertreterversammlung als Selbstverwaltungsorgan des Versicherungsträgers nach § 33 Abs. 1 Satz ...

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