Rz. 179

§ 2 Abs. 2 Satz 1 erstreckt die Versicherung auch auf die sog. Wie-Beschäftigten. Der Versicherungsschutz nach beiden Sätzen des Abs. 2 hat subsidiäre Bedeutung gegenüber dem Schutz nach Abs. 1 Nr. 1 (vgl. BSG, Urteil v. 6.9.2018, B 2 U 18/17 R; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzlichen Unfallversicherung, Stand 04/2008, § 2 Anm. 34.2 und 35.4). Fehlen dagegen die Voraussetzungen nach Nr. 2 bis 17 kann die fehlende gesetzliche Versicherung nicht nach Maßgabe des Abs. 2 Satz 1 "sichergestellt werden". Denn der Gesetzgeber hat den Versicherungsschutz dieser Gruppen einschränken wollen (vgl. BT-Drs. 13/2204 S. 75 f.). Daher sind jetzt die Fälle ausgeschlossen, bei denen Personen nicht nach Nr. 2 bis 17 versichert sind, auch wenn sie "wie" ein nach Nr. 2 bis 17 Versicherter tätig werden (SG Hamburg, Urteil v. 23.6.2017, S 40 U 217/15). Als Wie-Beschäftigter ist gemäß § 4 Abs. 4 nicht versichert, wer im Haushalt eines Familienangehörigen unentgeltlich mitarbeitet ist.

 

Rz. 180

Schon der Wortlaut des Versicherungstatbestands zeigt, dass einerseits nicht alle Voraussetzungen einer Beschäftigung gegeben sein dürfen, sonst wäre die entsprechende Person nach Abs. 1 Nr. 1 versichert. Andererseits muss die Art der Betätigung derjenigen eines Beschäftigten zumindest vergleichbar sein. Da nicht alle Tätigkeiten versichert werden sollen, ist das Kriterium der Vergleichbarkeit mit der Beschäftigung erforderlich, um die versicherte "Wie-Beschäftigung" von anderen, nicht versicherten Betätigungen abzugrenzen. Anderenfalls wäre der Versicherungstatbestand ohne Kontur. Soweit die Rechtsprechung den Versicherungstatbestand nach Abs. 1 Nr. 1 konkretisiert hat (vgl. Rz. 11a), hat sie damit mittelbar Kriterien entwickelt, denen die Wie-Beschäftigung vergleichbar sein muss (vgl. auch Spellbrink/Bieresborn: Die Wie-Beschäftigung in der gesetzlichen Unfallversicherung, NJW 2019, 3745, 3746).

 

Rz. 181

Zweck des Abs. 2 Satz 1 ist es, Tätigkeiten, die derjenigen eines Beschäftigten ähnlich sind und für die deshalb ein vergleichbares Schutzbedürfnis anzunehmen ist, in die Versicherung einzubeziehen, obwohl nicht alle Voraussetzungen einer Beschäftigung erfüllt sind. Daraus ergibt sich, dass "Wie-Beschäftigte" insbesondere von den nicht versicherten selbstständig Tätigen (BSG, Urteil v. 5.7.2005, B 2 U 22/04 R Rn. 7 f.) und den mithelfenden Familienangehörigen (BSG, Urteil v. 27.6.2000, B 2 U 21/99 R m. w. N.) abzugrenzen sind. Wer nicht wie ein Beschäftigter, sondern vergleichbar einem selbstständigen Unternehmer tätig ist, ist nicht versichert. Arbeiten 2 Unternehmer bei der Erstellung eines Werks oder der Erbringung einer Leistung zusammen, sind beide als Unternehmer und nicht der eine als Wie-Beschäftigter des anderen tätig (Bay. LSG, Urteil v. 24.2.2016, L 2 U 348/14).

Übt z. B. ein Allein-Gesellschafter einer GmbH eine Tätigkeit im Unternehmen aus, liegt wegen der Unternehmerähnlichkeit keine Wie-Beschäftigung i. S. d. Abs. 2 Satz 1 vor (BSG, Urteil v. 3.4.2014, B 2 U 26/12 R). Die Tätigkeit als "Hundesitter" während des Urlaubs des Tierhalters ist eher als unternehmerähnlich angesehen worden (Hess. LSG, Urteil v. 12.4.2016, L 3 U 171/13); diese Tätigkeit kann aber durchaus auch als eine der Beschäftigung ähnliche Tätigkeit angesehen werden.

 

Rz. 182

Nach ständiger Rechtsprechung setzt Abs. 2 Satz 1 voraus, dass eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit verrichtet wird, die – ungeachtet des Beweggrunds der Betätigung – ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet werden würde, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (vgl. anfänglich BSG, Urteil v. 28.5.1957, 2 RU 150/55; zuletzt BSG, Urteil v. 4.12.2014, B 2 U 14/13 R).

 

Rz. 183

Daraus sind 5 Aspekte abzuleiten, über welche sich die Wie-Beschäftigung definiert (BSG, Urteil v. 31.5.2005, B 2 U 35/04 RBSG, Urteil v. 12.4.2005, B 2 U 5/04 R). Es muss sich um eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handeln,

  • und damit nicht um eine bloße Gefälligkeit (Rz. 184),
  • die einem fremden Unternehmen (Unternehmensbegriff des § 136, also auch Privatpersonen) dienen soll (Rz. 185),
  • die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht (Rz. 186),
  • die unter Umständen ausgeübt wird, die einer Beschäftigung vergleichbar ist (Rz. 187),
  • die nicht aufgrund von Sonderbeziehungen (Verwandtschaft, Mitgliedschaft in Verein oder einer Gesellschaft) geleistet wird (Rz. 188),
 

Rz. 184

Eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert genügt. Da es an der Entgeltlichkeit der Leistung oft fehlt, lässt sich der wirtschaftliche Wert der Tätigkeit daran ermessen, dass geprüft wird, ob die zu beurteilende Tätigkeit auch von Arbeitnehmern gegen Entgelt verrichtet werden könnte (Substitution durch Beschäftigte möglich?). Dagegen genügt die Prüfung, ob die Aufgabe auch von professionellen Anbietern übernommen wird, nicht. Wird eine Dienstleistung üblicherweise von Selbstständigen im Rahmen eines Dienst- oder Werkve...

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