Rz. 167

Seit 1.4.1995 erbringt die soziale Pflegeversicherung Leistungen. Zugleich ist die Versicherung der Pflegepersonen als Nr. 17 in den Katalog des § 2 Abs. 1 eingefügt worden. Der Versicherungsschutz für die Pflegeperson soll Hemmnisse abbauen, die eine Pflege im häuslichen Bereich hindern könnten, und durch Verbesserung der sozialen Absicherung der Pflegeperson zur häuslichen Pflege zu motivieren (vgl. BT-Drs. 12/5262 S. 101). Für Pflegepersonen wird ein ähnliches soziales Schutzbedürfnis gesehen wie für die im Gesundheitsdienst und der Wohlfahrtspflege tätigen Personen. Zum 1.1.2017 ist der Tatbestand der Nr. 17 durch Art. 6 des 2. Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) neu gefasst worden.

 

Rz. 168

Durch Bezugnahme auf § 19 SGB XI ist der Begriff der Pflegeperson im SGB VII ebenso definiert wie im Bereich der Pflegeversicherung. Es handelt sich um eine dynamische Verweisung. Versichert sind Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 nach §§ 14 und 15 Abs. 3 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen.

Durch die Bezugnahme auf beide Sätze des § 19 SGB XI, wonach eine Pflegeperson eine oder mehrere pflegebedürftige Person/en wenigstens 10 Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens 2 Tage pro Woche pflegen muss, ist zur Voraussetzung für den Versicherungsschutz erhoben worden (BT-Drs. 18/5926 S. 151). Die zu der bis 31.12.2016 geltenden Nr. 17 ergangene Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil v. 7.9.2004, B 2 U 46/03 R) ist insoweit überholt. Der Gesetzgeber hat sich für die Geltung der genannten Voraussetzungen für die Versicherung kraft Gesetzes entschieden (BT-Drs. 18/5926 S. 151). Auch muss die pflegebedürftige Person mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft sein. Werden mehrerer Personen gepflegt, muss die Pflegetätigkeit mindestens 10 Stunden an Personen mit Pflegegrad 2 verrichtet werden.

 

Rz. 169

Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i. d. F. ab 1.1.2017). Es muss sich um eine Person handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen kann. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen. Maßgeblich für die Beurteilung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen sind die in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten 6 Bereiche. Die versicherte Tätigkeit nach Nr. 17 muss in den in § 14 Abs. 2 SGB XI genannten Bereichen oder im Bereich der Haushaltsführung (§ 18 Abs. 5a Satz 3 Nr. 2 SGB XI) ausgeübt werden. Die nach Nr. 17 versicherten Pflegetätigkeiten beziehen sich jedenfalls auf die Bereiche der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität (Rz. 169a) sowie auch der hauswirtschaftlichen Versorgung (HS 2 der Vorschrift). Zu dem zuletzt genannten Bereich zählt auch das Einkaufen. Daher hat das LSG argumentiert, eine Pflegeperson, die wegen einer Lieferung des Sanitätshauses zur Tür eilt, ist versichert (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 21.6.2018, L 6 U 106/16).

 

Rz. 169a

Die Hilfe bei der Mobilität ist außerhalb der Wohnung des zu Pflegenden nur zu berücksichtigen, wenn sie erforderlich ist, um das Weiterleben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen, also Krankenhausaufenthalte und die stationäre Pflege in einem Pflegeheim zu vermeiden. Berücksichtigungsfähig sind nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich sind und das persönliche Erscheinen des Pflegebedürftigen notwendig machen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 19.11.2009, L 27 P 75/08).

 

Rz. 170

Das Abholen eines Rezepts für den Pflegebedürftigen beim Arzt und dessen Einlösen in der Apotheke ist eine versicherte Pflegetätigkeit (hauswirtschaftliche Versorgung). Dagegen stellt das bloße "Im-Auge-Behalten" des Pflegebedürftigen keine Verrichtung i. S. d. § 14 Abs. 2 SGB XI dar (Bay. LSG, Urteil v. 11.11.2014, L 2 U 254/14), soweit diese Tätigkeit keine solche i. S. d. § 14 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI ist. Das Abheben von Bargeld am Geldautomaten oder am Bankschalter ist nicht nach Nr. 17 versichert, auch wenn das Geld für Einkäufe zur hauswirtschaftlichen Versorgung des Pflegebedürftigen dienen soll, ist die konkrete Verrichtung des Abhebens von Geld nicht Teil der "hauswirtschaftlichen Versorgung" (a. A. Bay. LSG, Urteil v. 27.3.2013, L 2 U 516/11).

 

Rz. 171

Die Pflegeperson darf nicht erwerbsmäßig tätig sein. Durch diese Einschränkung wird der Schutz nach Nr. 17 von anderen Versicherungstatbeständen, z. B. dem der beschäftigten Pflegekräften (Nr. 1), selbstständig tätigen Pflegediensten (Nr. 11) oder Zivildienstleistenden (§ 4 Abs. 1 Nr. 2) abgegrenzt.

Nicht erwerbsmäßig ist eine Pflegeperson tätig, wenn sie entweder unentgeltlich oder ehrenamtlich ar...

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