Rz. 22

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 sind die Lernenden während der beruflichen Aus- und Fortbildung in bestimmten Einrichtungen kraft Gesetzes versichert. Die berufliche Bildung soll als Vorstufe einer beruflichen Betätigung ebenfalls kraft Gesetzes geschützt sein (vgl. Bieresborn, in: jurisPK-SGB VII, § 2 Rz. 38). Eine Aus- bzw. Fortbildung vermittelt Kenntnisse und Fähigkeiten. Dabei zielt die Ausbildung auf den Erwerb eines Berufs oder beruflicher Kenntnisse, die Fortbildung baut dagegen auf einer Berufsausbildung oder auf beruflichen Erfahrungen oder Kenntnissen auf.

 

Rz. 23

Voraussetzung des Schutzes ist daher die Berufsbezogenheit des Lernens nach Inhalt und Dauer ("während … Aus- und Fortbildung"). Die Bildungsmaßnahme muss einen Bezug zu einer später aufzunehmenden Beschäftigung oder einer sonstigen versicherungspflichtigen Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 haben (vgl. BSG, Urteil v. 27.1.1994, 2 RU 17/93). Im Umkehrschluss sind Aus- und Fortbildungen, die auf eine versicherungsfreie Betätigung (§ 4), z. B. als Selbstständiger oder Beamter, zielen, nicht versichert. Lehrgänge, Kurse, Seminare und vergleichbare Bildungsangebote, die nicht der beruflichen Bildung, sondern z. B. der Allgemeinbildung oder den Bereichen Freizeit und Hobby dienen, begründen den Schutz nach Nr. 2 ebenfalls nicht.

 

Rz. 24

Das Merkmal "Lernende" ist weit gefasst. Es stellt weder auf das Lebensalter noch auf den Stand der Vorbildung ab. Lernende sind diejenigen, die an Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen außerhalb eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses teilnehmen; die besuchten Einrichtungen müssen der beruflichen Bildung dienen, worunter auch Klassenreisen oder Wanderungen, die im Zusammenhang mit einer Bildungsveranstaltung stehen, fallen (Riebel, in: Hauck, SGB VII, K § 2, Rz. 26, 32). Der Begriff erfasst alle Personen in einer berufsbezogenen Bildungsmaßnahme bzw. -einrichtung unabhängig von ihrer konkreten Bezeichnung (Meisterlehrgang, berufliche Umschulung, Weiterbildung). Auch auf den Träger der Maßnahme (Arbeitgeber, Agentur für Arbeit, private Träger usw.) kommt es nicht an. Die Bildungsmaßnahme kann auch vom Beschäftigten selbst initiiert und neben einer Beschäftigung zur Verbesserung der Chancen beruflicher Eingliederung durchgeführt werden. Der Schutz der Lernenden ist auf Verrichtungen im organisatorischen Verantwortungsbereich der Bildungsstätte oder -einrichtung begrenzt (Holtstraeter, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SozialR, § 2 SGB VII Rz. 15). Versichert sind nach Nr. 2 auch Lernende, die in der Betriebs- oder Unterrichtsstätte bei einer Spielerei oder Neckerei verunglücken, wenn der Unfall darauf zurückzuführen ist, dass sie nicht ausreichend beaufsichtigt worden sind (SG Aachen, Urteil v. 20.10.2017, S 10 U 116/16 Rz. 22).

 

Rz. 25

Nr. 2 zählt einige Bildungseinrichtungen auf, die der beruflichen Aus- und Fortbildung dienen und hierfür geeignet sind (vgl. Franke, in: LPK-SGB VII, § 2 Rz. 11). Der Schutz der Lernenden ist nicht auf Personen in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten oder Schulungskursen beschränkt. Vielmehr sind auch Lernende in "ähnlichen Einrichtungen" nach Nr. 2 geschützt. Das sind Einrichtungen, die den Zweck verfolgen, berufliche Aus- und Weiterbildung zu betreiben (z. B. Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen), nicht aber Fernlehrgänge oder Privatunterrichte (Holtstraeter, in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, SozialR, § 2 SGB VII Rz. 14).

 

Rz. 26

Die (später eingeführte) Versicherung für Lernende nach Nr. 2 bedarf der Abgrenzung zu der Versicherung nach Nr. 8 Buchst. b, der sich auf Schülerinnen und Schüler bezieht, die berufsbildende Schulen besuchen (vgl. zur Reichweite der Versicherung: BT-Drs 13/2204 S. 74 f.), die nach Landesrecht zu einem schulrechtlichen Abschluss führen bzw. durch deren Besuch die Schulpflicht erfüllt oder von der aufgrund des Besuchs von dieser befreit werden kann (so auch Schlaeger/Linder, Unfallversicherung für Kinder in Tagesbetreuung, Schüler und Studierende, 2011, § 4 Rz. 37 ff.; Bereither-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 Rz. 18.2; für Zuständigkeitsregelung in § 128 SGB VII Diel, in: Hauck/Noftz, SGB VII, K § 128 Rz. 26; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 2.8.2011, L 9 U 225/06).

 

Rz. 27

Der Unfallversicherungsschutz für Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung hat nur subsidiäre Bedeutung, nämlich für den Fall, dass die Lernenden nicht bereits zu den nach den Nr. 1, 5, 6, oder den o. g. vorrangigen Regelungen versichert sind (BSG, Urteil v. 1.3.1989, 2 RU 59/87, SozR 2200 § 539 Nr. 131). So sind insbesondere Personen, die in einer betrieblichen Berufsausbildung nach dem BBiG stehen (§ 7 Abs. 2 SGB IV), Beschäftigte nach Nr. 1 (vgl. Rz. 8; Franke, in: LPK-SGB VII, § 2 Rz. 6). Auch die spezifischen Regelungen über den Versicherungsschutz von Kindern, Schülern, Studierenden in den entsprechenden Einrichtungen (Nr. 8) sowie von Rehabilitanden (Nr. 15) gehen der Versicherung nach Nr. 2 vor (BSG, Urteil v. 20.1.1987, 2 RU 12/86).

 

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