Rz. 109

Im religiösen Bereich sind Personen versichert, die sich ehrenamtlich im Kernbereich der Religionsausübung (Verkündigung und Pflege der Glaubenslehre) engagieren oder in gewählten Gremien ehrenamtlich mitarbeiten. Die ehrenamtliche Tätigkeit muss in einem bestimmten umgrenzten, institutionell geordneten Wirkungskreis ausgeübt werden, wobei ein verantwortlich wahrzunehmender Pflichtenbereich hinzukommen muss (BSG, Urteil v. 18.12.1974, 2/8 RU 34/73). Versichert können sein: Mitglieder des Pfarrgemeinderats, Mitglieder des Ältestenkreises oder des Kirchengemeinderats, Ministranten, Mitglieder eines Kirchenchors, der am Gottesdienst mitwirkt. Die im Rahmen der Religionsgemeinschaft ausgeübte Tätigkeit muss objektiv dem Hauptzweck der Religionsgemeinschaft und damit deren Aufgaben- und Verantwortungsbereich zuzuordnen sein (SG Hamburg, Urteil v. 26.6.2015, S 6 U 188/10). Dazu gehört neben Verkündigung und Seelsorge auch der Bereich der Gemeindepflege in Form von Haus- und Krankenbesuchen, Kinder- oder Jugendgruppen, Seniorenbetreuung, nicht aber die Hilfe bei Umzug eines Gemeindemitglieds. Mitglieder von privatrechtlichen Organisationen, die im Auftrag, mit ausdrücklicher Einwilligung oder mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften für diese tätig werden (zu den Begriffen vgl. Rz. 107), stehen während der ehrenamtlichen Tätigkeit für die Gemeinschaft (z. B. Mithilfe beim Bau eines Gebetsraums) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (anders nach früherem Recht noch: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 15.1.2007, L 2 U 100/06). Daneben besteht eine Versicherung kraft Gesetzes auch während der Teilnahme an einer Ausbildungsveranstaltung für eine Tätigkeit, die nach Nr. 10 Buchst. b versichert ist (vgl. auch Rz. 106).

 

Rz. 110

Kirchen und ihre Kirchengemeinden sind nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Weimarer Reichsverfassung zwar formell keine Körperschaften des öffentlichen Rechts, sie werden aber unabhängig von ihrem Status als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften erfasst (vgl. BSG, Urteil v. 19.8.1975, 8 RU 234/74BSG, Urteil v. 18.10.1994, 2 RU 15/94). Inzwischen ist auch die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas eine öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 15.1.2007, L 2 U 100/06), da ihr der Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts verliehen worden ist.

 

Rz. 111

Einrichtungen der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften sind unselbstständige Gliederungen, aber auch selbstständige Organisationseinheiten (Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 2 Rz. 47i), die unter Verantwortung der Kirchen geführt werden (Gemeindesaal, kirchlicher Kindergarten, Notfallseelsorge, kirchliche Museen, kirchliche Schulen, katholische Frauengemeinschaft, katholische Junge Gemeinde, evangelische Erwachsenenbildung, Nachbarschaftshilfe in kirchlicher Trägerschaft) oder in deren Verwaltungsorganisation eingebunden sind. Die Religionsgemeinschaft muss wesentlichen Einfluss auf die Einrichtung haben (Ricke, a. a. O., Rz. 47j). Indiz hierfür kann sein, dass die Einrichtungen Mittel aus dem kirchlichen Haushalt erhalten, aus Spendenmitteln der Kirchen finanziert werden, oder kirchliche Repräsentanten kraft Amtes der Einrichtung vorstehen oder deren Leitungsgremium angehören.

 

Rz. 112

Personen, die für privatrechtliche Organisationen (Vereine) ehrenamtlich tätig sind, sind versichert, wenn die Religionsgemeinschaft die Aufgabenerfüllung durch Auftrag, ausdrückliche Einwilligung oder schriftliche Genehmigung (vgl. Rz. 107) delegiert hat. Deshalb steht z. B. das Mitglied des Leitungsteams eines eigenständig organisierten Verbands wie der Katholischen Jungen Gemeinde während einer von dem Verband organisierten Jugendfreizeit jetzt unter dem Schutz der GUV (anders nach früherem Recht: BSG, Urteil v. 13.8.2002, B 2 U 5/02 R). Da sich der Versicherungsschutz für die ehrenamtliche Tätigkeit in Verbänden oder Arbeitsgemeinschaften ausdrücklich auf diejenigen nach Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a bezieht ("oder deren Verbände") und bei den in Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b genannten öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften keine entsprechende Erweiterung aufgeführt wird, ist die ehrenamtliche Tätigkeit in Verbänden oder Arbeitsgemeinschaften nach Nr. 10b nur versichert, wenn diese Einrichtung entweder unmittelbar der Religionsgemeinschaft zugeordnet ist oder als deren privatrechtliche Organisationen gelten kann (BSG, Urteil v. 13.8.2002, B 2 U 5/02 R).

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