Rz. 3

In der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung werden die Beiträge aus dem Beitragssatz und dem beitragspflichtigen Einkommen ermittelt. In Abweichung davon ist in der Unfallversicherung das Umlagesoll für die Beitragsberechnung maßgeblich. Das Umlagesoll setzt sich primär aus den Ausgaben für die gesetzlichen Aufgaben der Berufsgenossenschaften zusammen. Dieser Finanzbedarf resultiert somit insbesondere aus den Aufwendungen für die Prävention, die Rehabilitation sowie die Kompensation von Versicherungsfällen in der gesetzlichen Unfallversicherung. Weiterer Finanzbedarf resultiert aus dem Verwaltungsaufwand und den Verfahrenskosten, die mit Erfüllung der zuvor genannten gesetzlichen Aufgaben verbunden sind.

Aufgrund des Umlageprinzips der nachträglichen Bedarfsdeckung ist eine Vorfinanzierung der Ausgaben für das laufende Kalenderjahr erforderlich. Je nach Höhe der gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsaufwendungen sowie des Umfanges der Verwaltungskosten kann es im Haushaltsjahr zu Einnahme- und Ausgabeschwankungen kommen. Damit dem Anliegen des Gesetzgebers, möglichst die Beiträge stabil zu halten, Rechnung getragen werden kann, müssen Einnahme- und Ausgabeschwankungen im Haushaltsjahr mithilfe kurzfristig verfügbarer Mittel ausgeglichen werden können. Darum haben die Berufsgenossenschaften kurzfristig verfügbare Geldreserven bereitzuhalten. Bereitzuhalten bedeutet, diese Finanzreserven, die sog. Betriebsmittel gemäß §172, liquide anzulegen. Liquide ist eine Vermögensanlage, wenn Sie kurzfristig aufgelöst werden kann und die angelegten Gelder damit umgehend verfügbar werden (BSG, SGb 2007 S. 109). Folglich sind Einnahmen, die der Zuführung zu den Betriebsmitteln dienen, Bestandteile des Umlagesolls.

Rücklagen nach § 172a sowie Altersrückstellungen i. S. v. § 172c fließen ebenso in die Umlage ein. Ist trotz Einsatzes von Betriebsmitteln die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaft gefährdet, hat diese auf die von ihr zu bildende Rücklage zurückzugreifen. Die Rücklage ist im Gegensatz zu den Betriebsmitteln eine mittel- und langfristige Geldanlage. Hinsichtlich der rechtlich möglichen und zulässigen Anlageformen wird auf § 83 SGB IV verwiesen. Altersrückstellungen dienen der Versorgung der bei den Unfallversicherungsträgern Beschäftigten.

Abschließend sind die Unfallversicherungsträger angehalten, im Rahmen der Umlage ihre Verpflichtung zum Lastenausgleich gemäß §§ 176 ff. sicherzustellen. Mit dem Lastenausgleich verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, alte Rentenlasten einzelner gewerblicher Berufsgenossenschaften auf alle gewerblichen Berufsgenossenschaften zu verteilen, soweit die Lasten aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Struktur des jeweiligen Gewerbezweiges die für diesen Zweig zuständige Berufsgenossenschaft finanziell überfordern. Die Bestimmung soll die Solidarität zwischen den gewerblichen Berufsgenossenschaften fördern.

All die genannten Aufwendungen werden nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres auf die beitragspflichtigen Unternehmer nach einem bestimmten Schlüssel umgelegt. Einnahmen des Unfallversicherungsträgers, etwa aus Regressansprüchen nach § 116 SGB X, § 110, Geldbußen nach §§ 209, 210, Zinsen oder Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV reduzieren das Umlagesoll.

 

Rz. 4

Gemäß Abs. 2 hat die Beitragserhebung für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten außerhalb der Umlage zu erfolgen. Nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten sind diejenigen, die nicht auf Dauer angelegt sind und außerhalb eines gewerbsmäßigen Baubetriebs ausgeführt werden (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 728 (RVO) Nr. 2). Beiträge für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten werden nicht nach Ablauf des Kalenderjahres erhoben, sondern zeitnah beim Erstellen des Bauwerkes, weil der unternehmende Bauherr nur für die Zeit der Bautätigkeit der Bau-Berufsgenossenschaft zugehörig ist. Entsprechend kann nach § 168 Abs. 4 der Beitrag festgestellt werden, sobald der Anspruch entstanden und der Höhe nach bekannt ist. Damit dient die Vorschrift insbesondere der Verwaltungseffizienz. Die Durchführbarkeit der Berechnung außerhalb der Umlage regeln § 165 Abs. 2, § 167 Abs. 2 Satz 2.

Zur Beitragsberechnung für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten vgl. die Komm. zu § 157.

 

Rz. 4a

Abs. 3 ermöglicht es dem Unfallversicherungsträger durch Satzungsregelung bei Personen, die unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich in der Wohlfahrtspflege gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9 tätig sind, die Aufwendungen für diesen Personenkreis außerhalb der Umlage auf die beitragspflichtigen Unternehmen umzulegen. Bezüglich der Berechnungsgrundlagen des Beitrages nach Abs. 3 wird auf § 154 Abs. 3 verwiesen, der durch das unter Rz. 1 zitierte Vierte Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) mit Wirkung zum 1.1.2012 geschaffen worden ist.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge