0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist durch Art. 1 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1996 in Kraft getreten.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die in dieser Vorschrift genannten Tätigkeiten sind ihrem Wesen nach eigenwirtschaftlicher Natur (Nr. 1) oder gewerblicher Art (Nr. 2) oder an sich einem Träger der öffentlichen Hand (Nr. 3) zuzuordnen. Wegen ihrer sachlichen und räumlichen Beziehung zum landwirtschaftlichen Unternehmen sollen sie als Bestandteile des landwirtschaftlichen Unternehmens der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterstellt werden. Dies jedoch unter der Voraussetzung, dass die Tätigkeiten dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienen oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung zu erbringen sind. Im Verhältnis zu § 131 ist § 124 die vorrangige Spezialvorschrift.

2 Rechtspraxis

2.1 Haushalt der Unternehmer (Nr. 1)

 

Rz. 3

Im Gegensatz zur gewerblichen Wirtschaft, in der Wirtschaftsbetrieb und private häusliche Sphäre klar abgrenzt sind, geht der Gesetzgeber in der Landwirtschaft historisch bedingt von einer engen räumlichen und sachlichen Verbindung zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem privaten Haushalt aus. Der Gesetzgeber sieht seit jeher den landwirtschaftlichen Betrieb und den dazu gehörenden landwirtschaftlichen Haushalt eng miteinander verknüpft. Ausdruck dieser Verknüpfung ist insbesondere die noch immer nicht seltene Verköstigung der im landwirtschaftlichen Betrieb tätigen Fremdarbeiter (insbesondere Saisonarbeitskräfte) gemeinsam mit den Familienangehörigen. Lediglich dann, wenn ausschließlich Tätigkeiten im Haushalt erbracht werden, die keinerlei Berührungen zum landwirtschaftlichen Unternehmen aufweisen, entfällt der Versicherungsschutz. Entsprechend stellt der Haushalt keinen Bestandteil eines landwirtschaftlichen Unternehmens dar, wenn er sich trotz des örtlichen Zusammenhangs mit dem Hofbetrieb nicht wesentlich von anderen Haushalten außerhalb der Landwirtschaft unterscheidet (BSG, Urteil v. 27.3.2012, B 2 U 5/11).

 

Rz. 4

Der Haushalt umfasst alle Tätigkeiten, die in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang zur Haushaltung stehen (BSG, Urteil v. 30.4.1985, 2 RU 24/84), wobei der Zweckrichtung der Betätigung die ausschlaggebende Bedeutung zukommt.

Nach der Gesetzesbegründung fallen unter Tätigkeiten für die Haushaltung sowohl die hauswirtschaftlichen als auch die sonstigen häuslichen Betätigungen (BSG, SGb 1978 S. 200).

Die üblichen, da in jedem Haushalt anfallenden Tätigkeiten, wie etwa das Einkaufen von Lebensmitteln, die Zubereitung der Mahlzeiten, die Instandhaltung und Reinigung der Wohnung, die Pflege und Erziehung der Kinder (BSG, SGb 1978 S. 200) etc. zählen zu den hauswirtschaftlichen Aktivitäten. Weiterhin sind die Fahrt eines Landwirts mit seiner (8 Jahre alten) Tochter zum Zahnarzt (BSG, Urteil v. 9.3.1978, 2 RU 47/76) sowie das Herrichten von Brennholz (BSG, SozSich 1990 S. 95) von der Rechtsprechung anerkannte Haushaltstätigkeiten.

 

Rz. 5

Demgegenüber fallen das An- und Auskleiden, Waschen, Baden, Schlafen und die Nahrungsaufnahme als eigenwirtschaftliche Tätigkeiten nicht unter die versicherten Haushaltstätigkeiten. Ebenso zählen nicht zu den versicherten Haushaltstätigkeiten das Anfertigen der Aussteuer oder die Begleitung der volljährigen Tochter zum Vorstellungsgespräch, weil in beiden Fällen die persönlichen Bedürfnisse und Interessen der Tochter und deren persönlich geprägter Lebenskreis als im Vordergrund stehend erachtet werden (BSG, Breithaupt 1995 S. 927).

 

Rz. 6

Ausnahmsweise kann aber auch eine rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit durch betriebliche Umstände geprägt werden. Das ist beispielsweise gegeben, wenn die Mahlzeit betriebsbedingt hastig eingenommen worden ist (BSG, SozR 2200 § 548 RVO Nr. 82).

 

Rz. 7

Zur Klärung, ob die Haushaltstätigkeiten dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienen, stellt das BSG darauf ab, ob diese zumindest wesentlich – nicht überwiegend – dem Haushalt selbst und damit auch dem landwirtschaftlichen Unternehmen zu dienen bestimmt sind (BSG, SozR 2200 § 777 RVO Nr. 2). Die konkrete Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. In diesem Zusammenhang fordert die Rechtsprechung, dass der Haushalt auf den landwirtschaftlichen Betrieb ausgerichtet ist. Das ist anzunehmen bei Haushaltstätigkeiten wie etwa Hausschlachtungen, der Verpflegung von im Unternehmen Tätigen (vgl. Rz. 3) oder der gleichzeitigen Nutzung der Küche zur Herstellung von Viehfutter. Die genannten Tätigkeiten sind typischerweise auf den landwirtschaftlichen Betrieb ausgerichtet (Bay. LSG, Urteil v. 30.7.1997, L 2 U 150/95). Mit derartigen Tätigkeiten kommt zum Ausdruck, dass der landwirtschaftliche Betrieb dem Haushalt das Gepräge gibt.

 

Rz. 8

Weil die Vorschrift auf der sachlich und räumlich engen Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen aufbaut, kann die Haushaltung dann nicht dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienen, wenn sie räumlich weit getrennt (LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1984 S. 40) ist.

 

Rz. 9

Die Größe des Unternehmens ist ...

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