0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

 Die Vorschrift geht zurück auf das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254). Sie wurde mit Gesetz zur Organisationsreform in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung – LSV-OrgG – v. 17.7.2001 (BGBl. I S. 1600) sowie nochmals durch die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407) mit Wirkung zum 8.11.2006 geändert. Letztmalig erfuhr die Bestimmung durch Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung – LSV-NOG- v. 12.4.2012 (BGBl. I S. 579) mit Wirkung zum 1.1.2013 eine Modifizierung.

Die Vorschrift wurde in Abs. 3 und Abs. 4 durch Art. 451 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungverordnung v. 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474) mit Wirkung zum 8.9.2015 geändert. Die Bezeichnung des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft wurde geändert.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Unfallversicherung der Landwirte ist als besonderer Zweig der Unfallversicherung geregelt, weil die landwirtschaftliche Produktionsweise verglichen mit der gewerblichen deutlich abweichende Strukturen aufweist. Entsprechend regelt § 123 die Zuständigkeit für die Durchführung der Unfallversicherung in der Landwirtschaft.

2 Rechtspraxis

2.1 Landwirtschaftliche Unternehmen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die ausdrückliche Bezeichnung der landwirtschaftlichen Unternehmen (Nr. 1 bis 8) dient der Abgrenzung zur allgemeinen Unfallversicherung und der damit verbundenen Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften einerseits sowie zur Unfallversicherung der öffentlichen Hand andererseits.

 

Rz. 4

Bedeutung erlangt insoweit die Ausnahmeregelung in § 129 Abs. 4 Nr. 4, die landwirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden von der kommunalen Unfallversicherung ausnimmt, weil nach Auffassung des Gesetzgebers die Unfallverhütung durch die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft auch in kommunalen landwirtschaftlichen Betrieben sachgerechter bewirkt werde (BT-Drs. 13/2204 S. 107 zu § 129).

 
Praxis-Beispiel
  • Erfolgt die Pflege der städtischen Parks und Anlagen von einem kommunalen Eigenbetrieb, so greift die Ausnahme des § 129 Abs. 4 Nr. 4, wonach es bei der Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft nach § 123 Abs. 1 Nr. 1 bleibt.
  • Entsprechend ist beispielsweise die Freie und Hansestadt Hamburg Mitglied der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft nach § 123 Abs. 1 Nr. 1, § 129 Abs. 4 Nr. 4 im Hinblick auf die von ihr unterhaltenen Friedhöfe.

2.2 Unternehmerbegriff

 

Rz. 5

Die landwirtschaftliche Unfallversicherung baut ebenso wie die allgemeine Unfallversicherung auf dem Unternehmensbegriff auf. Besondere Bedeutung haben in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zwei Merkmale, die in der gewerblichen Unfallversicherung eher nur eine geringe Rolle spielen. Erstens kommt es auf eine Gewinnerzielungsabsicht des landwirtschaftlichen Unternehmers in versicherungsrechtlicher Hinsicht nicht an. Zweitens rücken die ausgeübten Tätigkeiten des landwirtschaftlichen Unternehmers und dessen Ehepartners oder Lebensgefährten in den Mittelpunkt, da sie zum Kreis der versicherten Personen von Gesetzes wegen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 gehören.

 
Praxis-Beispiel
  • Ein pensionierter Beamter besitzt ein mit Obstbäumen bestandenes Grundstück. Er erntet regelmäßig die Obstbäume ab, schneidet sie im Herbst zurück und versieht sie mit Leimringen. Damit ist eine planmäßige Aufzucht von Bodengewächsen gegeben (vgl. Rz. 6), die das Baumgrundstück zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen machen (BSG, Urteil v. 31.1.1989, 2 RU 30/88). Der Pensionär ist landwirtschaftlicher Unternehmer, selbst wenn er dies alles nur zur eigenen Erbauung, sozusagen als Hobby tut.
  • Das Halten von 8 Altschafen auf einer Streuobstwiese von ca. 1,25 ha ist ein landwirtschaftliches Unternehmen. Es erfordert nach Sachverständigengutachten ca. 60 Stunden für die Betreuung der Schafe und ca. 12 Stunden für das Abernten von Obstbäumen, weshalb der Arbeitsaufwand nicht extrem gering ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 24.9.1991, L 5 U 90/88).
  • Das gelegentliche Mähen einer Wiese zur Abwehr von Beschwerden der Nachbarn wegen Unkrautsamenflugs begründet kein landwirtschaftliches Unternehmen (BSG, Beschluss v. 25.10.1989, 2 BU 99/89).
  • Dem gegenüber gehört das Mähen von Gras ohne weitere Verwendung des Heus zu den landwirtschaftlichen und damit dem Unfallversicherungsschutz unterliegenden Tätigkeiten (BSG, Urteil v. 18.1.2011, B 2 U 16/10 R).
  • Eine Untergrenze für geringfügige Tätigkeiten in der Landwirtschaft, die dem Unfallversicherungsschutz nicht unterliegen, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht gezogen.

2.3 Unternehmen der Landwirtschaft mit Bodenbewirtschaftung

 

Rz. 6

Landwirtschaftliche Tätigkeiten sind alle mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen im wesentlichen Zusammenhang stehenden Verrichtungen. Zentrale Bedeutung hat insoweit die Bodenbewirtschaftung, weshalb ein landwirtschaftliches Unternehmen zwingend Grund und Boden voraussetzt, die zum Zweck der Gewinnung organischer Naturerzeugnisse bearbeitet werden. Als konstitutive Verrichtung sind alle Tätigkeiten von nicht nur ganz kurzer Dauer, die dazu bestimmt sind, Bodengewächse planmäßig aufzuziehen und abzue...

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