Rz. 8

Der Kreis der möglichen Geschädigten ist mit dem Kreis der möglichen Schädiger, nimmt man die Haftungsprivilegierung nach § 104 hinzu, identisch. Es sind die Beschäftigten i. S. d. § 2 Abs. 1, die Leiharbeitnehmer, die "Wie-Beschäftigten" nach § 2 Abs. 2, die versicherungsfreien Personen nach § 4, versicherte und nicht versicherte Unternehmer.

2.2.1 Versicherte desselben Betriebs

 

Rz. 9

Die 1. Fallgruppe umfasst die Versicherten desselben Betriebes. Mit Versicherten sind die Personen gemeint, die für Ihr Unternehmen tätig sind oder zu ihrem Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen (vgl. § 104 und die dortige Komm.). Dazu gehören jetzt auch der versicherte Unternehmer, der mitarbeitende Ehegatte und unternehmerähnliche Personen, soweit sie gesetzlich, freiwillig oder kraft Satzung versichert sind.

 

Rz. 10

Schädiger und Geschädigter müssen demselben Betrieb angehören. Die Zugehörigkeit zu einem anderen Betrieb desselben Unternehmens reicht nicht aus, es sei denn, beide Betriebe oder Betriebsteile bilden eine Gefahrengemeinschaft i. S. d. Unfallversicherungsrechts. Die Auslegung des Betriebsbegriffs ist streitig. Die Rechtsprechung des BAG setzt den Betriebs- und den Unternehmensbegriff im Sozialrecht gleich (BAG, Urteil v. 24.9.1992, 8 AZR 572/91; zustimmend Ricke, in: KassKomm. SGB VII, § 105 Rz. 5 mit Bezug auf den gesetzgeberischen Willen, grundsätzlich das Haftungsprivileg ausdehnen zu wollen). Danach gilt die Haftungsbeschränkung für alle Beschäftigten des gesamten Unternehmens untereinander. Die Rechtsprechung des BGH differenziert demgegenüber und nimmt den sonst nicht im Gesetz vorkommenden Begriff des Betriebs nicht gleich dem Unternehmen, sodass danach nur der organisatorisch und räumlich selbständige Teilbereich eines Unternehmens als Betrieb gilt. Es müsse sich um eine räumlich und organisatorische Einheit handeln, in der eine faktische Betriebsgemeinschaft besteht (BGH, Urteil v. 14.7.1987, VI ZR 18/87; Urteil v. 20.1.1998, VI ZR 311/96; zustimmend der überwiegende Teil der Literatur u. a. Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 105 Rz. 3.3; Grüner, in: LPK-SGB VII, § 105 Rz. 7; Schmitt, SGB VII, § 105 Rz. 8; Krasney/Ricke SGB VII, § 105 Rz. 11; Rolfs, NJW 1996 S. 3177, 3180; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 105 Rz. 13).

 

Rz. 11

In der Praxis kann die Bestimmung der Größe und Ausdehnung eines Unternehmens, das in seiner Untergliederung nicht demselben Unternehmer gehören muss, schwierig sein. Aus Gründen der Rechtssicherheit erscheint deshalb ein engerer, eindeutig bestimmbarer Teil eines Unternehmens geeigneter, die Haftungsprivilegierung zu definieren. Andererseits ist dem Argument Rechnung zu tragen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich mit der Neukodifizierung des SGB VII eine Ausdehnung des Haftungsprivilegs wollte. Zuzustimmen ist deshalb dem Vorschlag von Krasney (NZS 2004 S. 7, 14), den Betriebsbegriff auszudehnen und den Unternehmensbegriff insoweit einzuschränken, als dass alle Unternehmensteile, die eine gemeinsame Gefahrengemeinschaft in enger wirtschaftlicher und betrieblicher Verbundenheit bilden, "derselbe Betrieb" i. S. d. § 105 sind (zustimmend Krasney, in: Becker/Burchardt/Krasney/Kruschinsky, SGB VII, § 105 Rz. 11; Lauterbach/Dahm, SGB VII, § 105 Rz. 14; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 105 Rz. 3.3).

 

Rz. 11a

Bei Versicherten nach § 2 Abs. 1

  • Nr. 2 (Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen),
  • Nr. 3 (Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlasst worden sind), und
  • Nr. 8 Buchst. a (Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 SGB VIII oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen i. S. d. § 23 SGB VIII sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme aufgrund landesrechtlicher Regelungen erfolgt),
  • Nr. 8 Buchst. b (Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen),
  • Nr. 8 Buchst. c (Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen),

ist unklar, ob sie als Versicherte desselben Betriebes i. S. d. § 105 anzusehen sind. Deshalb stellt § 106 Abs. 1 klar, dass hinsichtlich der Ersatzpflicht untereinander und gegenüber den Betriebsangehörigen desselben Unternehmens sowie hinsichtlich der Ersatzpflicht der Betriebsangehörigen desselben Unternehmens ihnen gegenüber die §§ 104 und 105 entsprechend gelten sollen. Gleiches gilt nach § 106 Abs. 2 im Verhältnis der nach §...

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