Rz. 6

Die Vorschrift selbst enthält, mit Ausnahme des Abs. 2, keine Regelungen über Verjährungsfristen, sondern knüpft an solche an (vgl. §§ 25, 27 SGB IV, § 45 SGB I oder § 50 Abs. 4). Sie gilt nur hinsichtlich eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs der Behörde gegen den Bürger. Dies folgt schon daraus, dass mit einem VA nur öffentlich-rechtliche Ansprüche geltend gemacht und ein VA nur von einem "öffentlich-rechtlichen Rechtsträger", also einer Behörde, erlassen werden kann. Die Vorschrift ist daher nicht auf eigene oder übergegangene zivilrechtliche Ansprüche der Behörde gegen Dritte oder Versicherte anwendbar. Das Gegenstück zum Anspruch durchsetzenden VA der Behörde bildet für Ansprüche gegen die Behörde der schriftliche Antrag auf Leistungen oder ein Widerspruch gegen einen Leistungen ablehnenden Bescheid, der gleichfalls die Verjährung hemmt (§ 45 Abs. 3 SGB I).

 

Rz. 7

Das Entstehen öffentlich-rechtlicher Ansprüche oder deren Festsetzung und Durchsetzung durch VA wird von § 52 vorausgesetzt. Die Vorschrift selbst enthält also keine Ermächtigung zum Erlass von Bescheiden zur Durchsetzung der Ansprüche. Der vorläufige Kostenfestsetzungsbescheid für die Tagesbetreuung eines Kindes nach § 2 Abs. 3 TBKG ist ein VA i. S. d. § 52, weil er wie ein endgültiger Bescheid der Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers dient (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.2.2016, OVG 6S 53.15).

 

Rz. 8

Als öffentlich-rechtliche Ansprüche kommen insbesondere die kraft Gesetzes entstehenden Beitragsansprüche (§ 22 SGB IV) und die durch VA geltend zu machenden Erstattungsansprüche bei zu hohen Vorschusszahlungen oder vorläufigen Leistungen oder infolge der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen (§ 42 Abs. 2, § 43 Abs. 2 SGB I, § 50 Abs. 3) in Betracht; darüber hinaus aber auch sonstige öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche. Der Verjährungsbeginn hängt bei Beitragsansprüchen von deren Fälligkeit (§§ 23, 25 SGB IV), bei Erstattungsansprüchen von der Unanfechtbarkeit (Bestandskraft) des Erstattungsbescheides (§ 50 Abs. 4) ab. Der Verjährung, und damit dem Recht die Leistung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB), unterliegt nur der Anspruch auf Erfüllung, nicht jedoch der durch VA festzustellende oder gesetzliche Anspruch an sich.

 

Rz. 9

Für die verjährungshemmende Wirkung ist es seit dem 1.1.2002 erforderlich, dass der VA entweder zur Feststellung oder zur Durchsetzung von Ansprüchen der Behörde dient. Die Ausweitung der Vorschrift auf Ansprüche feststellende VA ist in dem Gesetzentwurf (BT-Drs. 14/9007) nicht eigens begründet worden. Unproblematisch dürfte sein, dass dazu VA zählen, mit denen der Verpflichtete erstmals zur Leistungserbringung aufgefordert wird oder die im Vollstreckungsverfahren der Durchsetzung der Ansprüche dienen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14.7.2010, 12 B 651/10). Auch Festsetzungs- und Leistungsbescheide, mit denen die Leistung festgestellt bzw. festgesetzt wird, erfolgen zur Durchsetzung des Anspruchs und haben damit verjährungshemmende Wirkung (Hess. LSG, Urteil v. 27.4.2012, L 7 SO 58/10). Auf die Art und Weise der Geltendmachung kommt es nicht an (OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., unter Hinweis auf Engelmann, in: v. Wulffen, SGB X, § 52 Rz. 9).

Wenn allerdings eine Behörde einen ihr zustehenden Anspruch durch VA mit verbindlicher Wirkung feststellt, dann dient auch dieser VA im Ergebnis der Durchsetzung der Ansprüche als Grundlagenbescheid. Nicht erforderlich ist für die Feststellung von Ansprüchen, dass diese auch schon fällig sind. Der Durchsetzung dienen alle VA, mit denen die Behörde (auch) die Erfüllung der Ansprüche geltend macht. Dies ist wegen der kraft Gesetzes entstehenden Beitragsansprüche bei Beitragsbescheiden immer anzunehmen. Wenn der Bescheid inhaltlich die Feststellung rückständiger Beiträge enthält, wird er damit zu einem Leistungsbescheid, also zur Aufforderung einer Zahlung, ebenso, wenn dieser Bescheid die Beitragszahlungspflicht für die Folgezeit auslöst. Auch VA, die gemäß § 50 Abs. 4 den Erstattungsanspruch betragsmäßig konkretisieren und festsetzen, sind zugleich auch VA zur Durchsetzung dieses Anspruchs. Auch Aufrechnungs-VA sind VA zur Durchsetzung i. S. d. § 52 Abs. 1 Satz 1 (Bay. LSG, Urteil v. 24.7.2003, L 9 AL 85/02, nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). Eine Zahlungsaufforderung oder andere Maßnahmen i. S. d. Vollstreckungsrechts (z. B. nach § 3 Abs. 2 Lit. a VwVG) oder etwa eine Leistungsklage sind nicht erforderlich, um die Hemmung der Verjährung zu bewirken; der Erlass des VA genügt (BSG, Urteil v. 6.9.2006, B 6 KA 40/05 R; BSG, Urteil v. 28.2.1996, 3 RK 15/95). Da die VA der Feststellung oder der Durchsetzung der Ansprüche (nicht zweckgerichtet der Verjährungsunterbrechung) dienen müssen, ist ausreichend, wenn mit dem Bescheid erst die Verjährungsfrist ausgelöst wird. Dies folgt auch aus Abs. 2, weil als nach Abs. 1 unanfechtbar nur der Ausgangsbescheid werden kann, nicht jedoch ein anderer späterer Bescheid...

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