Rz. 11

Die Anwendung der Vorschrift auf Aufhebungsbescheide nach §§ 45, 47, 48 setzt voraus, dass der VA von einem Dritten angefochten worden ist und der begünstigende VA während des Vorverfahrens/Widerspruchsverfahrens oder des Klageverfahrens mit dem Ziel aufgehoben wird, dadurch dem Widerspruch oder der Klage des Dritten stattzugeben. Dritter kann auch ein anderer Rentenversicherungsträger sein (BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R).

 

Rz. 12

Anwendbar ist die Vorschrift verfahrensrechtlich erst dann, wenn der Dritte tatsächlich Widerspruch eingelegt hat. § 49 greift nicht ein, wenn ein begünstigender VA nicht im Zusammenhang mit einem von einem Dritten angestrengten Widerspruchsverfahren oder sozialgerichtlichen Verfahren aufgehoben wird (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 23.9.2010, L 5 KR 121/09). Ob der Widerspruch, weil fristgerecht erhoben, zulässig sein muss, erscheint nicht entscheidend (str., die Zulässigkeit fordernd etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 5.4.2011, L 11 KR 965/09; LSG Thüringen, Urteil v. 28.1.2013, L 6 KR 1138/09), denn etwa bei Verfristung des Widerspruchs bleibt immer noch das damit eingeleitete Überprüfungsverfahren nach § 44 möglich, das dann erfolgreich sein wird, wenn dem Dritten Leistungen zu Unrecht verweigert oder Beiträge zu Unrecht von ihm angefordert wurden. Auch in diesen Fällen ist wegen der notwendigen Beseitigung der rechtswidrigen Begünstigung zugunsten des rechtswidrig belasteten Dritten als Ergebnis des Überprüfungsverfahrens § 49 anwendbar (so wohl auch BSG, Urteil v. 26.10.1989, 12 RK 56/88, SozR 1300 § 49 Nr. 3). Erweist sich der Widerspruch im Ergebnis als unzulässig oder unbegründet, wird diesem nicht stattgegeben. Da dann keine Abhilfe oder Stattgabe einer Klage vorliegt, findet § 49 keine Anwendung. Weitergehend nimmt das LSG Rheinland-Pfalz an, dass ein unzulässiger Widerspruch nicht zur Anwendung des § 49 führen kann (Urteil v. 23.9.2010, L 5 KR 121/09 unter Hinweis auf Merten, in: Hauck/Noftz, § 49 Rz. 10; so auch LSG Thüringen, Urteil v. 28.1.2013, L 6 KR 1138/09). Dies dürfte derzeit die herrschende Auffassung in der Rechtsprechung sein (vgl. auch BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R).

 

Rz. 13

Bis zur Einlegung des Widerspruchs kann die Behörde nur unter den Voraussetzungen des § 45 den VA zurücknehmen. Erhält die Behörde jedoch von einem Drittbelasteten Kenntnis (z. B. von einer früheren Ehefrau in Fällen der Rentenaufteilung), ist sie nicht gehindert, von sich aus gemäß § 44 oder bei späterer Anspruchsberechtigung gemäß § 48 ein Verwaltungsverfahren zulasten des Begünstigten einzuleiten und damit die Rücknahme des VA ohne den Vertrauensschutz nach § 45 zu ermöglichen. Die Behörde hat die Wahl, ob sie sofort handeln oder den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens abwarten will (Waschull, in: LPK-SGB X, § 49 Rz. 1). Ob auch bei einer Aufhebung nach §§ 45, 49 ein Aufhebungsermessen auszuüben ist, ist streitig (offen gelassen von BSG, SozR 4-2600 § 243 Nr. 4 Rz. 60; BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R). Dies wird zu bejahen sein (wie hier. Schaer, in: jurisPR-SozR 15/2011 Anm. 6; a. A. LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 26.8.2010, L 5 KR 61/09), weil die Ermessensausübung die Rechtsfolgenseite betrifft und § 49 keine eigenständige Aufhebungsgrundlage enthält.

 

Rz. 14

Die Vorschrift ist auch noch anwendbar, wenn während des Klageverfahrens der VA aufgehoben wird. Obwohl die Vorschrift zu denen des Verwaltungsverfahrens zählt, wird mit der Klageerhebung der Verwaltung die Befugnis zur Aufhebung des VA nicht entzogen. Das anhängige Klageverfahren kann das sein, das den angefochtenen VA zum Streitgegenstand hat, kann jedoch auch das Verfahren gegen einen anderen ablehnenden VA sein, wenn dieser in seinem Rechtsgrund mit dem anderen VA verbunden ist, z. B. wenn über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Zahlung von aufzuteilender Witwenrente gestritten wird und ein anderer Bescheid die volle Auszahlung der Rente an eine Witwe vorsieht. Die Vorschrift ist während der gesamten Dauer des Anfechtungsverfahrens, also ggf. bis zu einem Revisionsurteil, anwendbar. Dies und die dann ohne Beschränkungen mögliche Aufhebung sind auch deshalb erforderlich, weil Widerspruch und Anfechtungsklage die Wirkungen des begünstigenden VA nicht aufschiebend suspendieren. Eine behördliche Entscheidung zugunsten des Drittbetroffenen wäre sonst gar nicht oder allenfalls nach Abschluss des Verfahrens mit Wirkung für die Zukunft möglich.

 

Rz. 14a

Streitig ist, ob § 49 auch auf den Zeitraum nach bestandskräftigem Abschluss des Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens zu erstrecken ist (offengelassen von BSG, Urteil v. 25.2.2010, B 13 R 147/08 R mit Übersicht über den Streitstand in Rz. 74 des Urteils). Nach zutreffender Auffassung muss die Rücknahme des Bescheides jedoch während des laufenden Verfahrens erfolgen (so auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 20.5.2010, L 5 KR 57/09). Die Ausnahmeregelung des § 49 ist eng zu fassen, da sie in die Rechte des Betroffenen des VA eingreift und der Ver...

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