0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft getreten und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift entspricht § 43 VwVfG und § 124 AO. Damit wurden bereits vor dem SGB X geltende und im Verwaltungsverfahrensrecht anerkannte Grundsätze über die Wirksamkeit von Verwaltungsakten (VA) übernommen. Es werden der Beginn, der Inhalt (Abs. 1) sowie die Dauer (Abs. 2) der Wirksamkeit eines VA bestimmt. Abs. 3 schließt die Wirksamkeit für nichtige VAe (vgl. § 40) aus.

2 Rechtspraxis

2.1 Wirksamkeit (Abs. 1)

2.1.1 Beginn der Wirksamkeit (Satz 1)

 

Rz. 3

§ 39definiert den Begriff der Wirksamkeit nicht. Der Inhalt dieses Begriffes wird vielmehr vorausgesetzt, wobei in Literatur und Rechtsprechung zwischen der äußeren und der inneren Wirksamkeit unterschieden wird (BVerwG, Urteil v. 21.6.1961, 7 C 398.59). Die äußere Wirksamkeit eines VA setzt mit seiner Bekanntgabe ein (§ 37), womit der VA existent wird. Mit dem Begriff der inneren Wirksamkeit wird dagegen der Eintritt der mit dem VA beabsichtigten Rechtsfolgen bezeichnet. Regelmäßig wird die innere mit der äußeren Wirksamkeit zeitlich zusammenfallen. Abweichungen ergeben sich aber zum Beispiel bei VA mit einer aufschiebenden Bedingung oder solchen mit Rückwirkung. In Abs. 1 ist die äußere Wirksamkeit angesprochen. Sie stellt regelmäßig auch den Zeitpunkt dar, ab dem die erlassende Behörde selbst an den VA gebunden ist und diesen ihrerseits nur nach Maßgabe der §§ 44 ff. aufheben kann.

Von der Wirksamkeit eines VA ist der Begriff der Bestandskraft zu unterscheiden. Die in § 77 SGG und nicht im SGB X geregelte Bestandskraft setzt die Wirksamkeit des VA notwendig voraus (vgl. zur Bestandskraft auch Rz. 10 f.).

 

Rz. 3a

Ebenfalls von der Wirksamkeit zu unterscheiden ist der Begriff der Vollziehbarkeit. Die Vollziehbarkeit betrifft die Frage, ob aus einem VA unmittelbar Konsequenzen i. S. der Schaffung vollendeter Tatsachen gezogen werden können, wie z. B. die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen. An der Vollziehbarkeit fehlt es, wenn ein VA mit einem Rechtsbehelf angefochten wurde, dem aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a SGG). Vollstreckungsmaßnahmen sind dann unzulässig, bis der VA vollziehbar wird, also entweder keine Rechtsbehelfe mehr gegen den VA gegeben sind oder die Behörde die sofortige Vollziehung (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) anordnet. Die fehlende Vollziehbarkeit hindert nach zutreffender Ansicht nicht die Wirksamkeit des VA i. S. d. § 39 (vgl. zum diesbezüglichen Meinungsstreit Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 43 Rz. 212). Ein VA kann demnach zwar wirksam aber gleichzeitig (noch) nicht vollziehbar sein. Solange es an der Vollziehbarkeit fehlt, tritt ein Schwebezustand ein, während dessen trotz der grundsätzlichen Wirksamkeit des VA keine Folgerungen aus dem VA gezogen werden können. Beachtet die Verwaltung die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfes nicht, kann hiergegen vorläufiger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG in analoger Anwendung dieser Vorschrift beantragt werden.

 

Rz. 3b

Voraussetzung für die Wirksamkeit des VA ist nach § 39 Abs. 1 Satz 1 die Bekanntgabe, die in § 37 näher geregelt wird und in § 37 Abs. 1 zunächst an den Zeitpunkt des Zugangs anknüpft. Jedoch wird ein mit einfachem Brief übermittelter schriftlicher VA 3 Tage nach Aufgabe zur Post wirksam (§ 37 Abs. 2 Satz 2), und zwar auch dann, wenn es sich bei diesem Tag um einen Sonntag oder einen Feiertag handelt. Bei einer Zustellung, also der Bekanntgabe in einer besonderen Form (förmliche Bekanntgabe durch Postzustellungsurkunde, Einschreiben etc.) richtet sich der Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit der Wirksamkeit nach dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG).. Bei der öffentlichen Bekanntgabe eines schriftlichen VA i. S. d. § 37 Abs. 4 tritt eine Bekanntgabefiktion nach 2 Wochen ein.

 

Rz. 4

Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Bekanntgabe, wird der VA nicht wirksam (z. B. bei fehlendem Absendevermerk, wenn Adressat Zugang bestreitet; vgl. Sächs. LSG, Beschluss v. 7.4.2005, L 3 B 188/02 AL). Nur bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe kann die erlassende Behörde den Bescheid noch seiner Wirksamkeit berauben, indem sie dem Adressaten vorher noch die Mitteilung zukommen lässt, der VA sei unbeachtlich. Geht diese Mitteilung erst nach dem VA bei dem Adressaten ein, bleibt es bei der Wirksamkeit des bereits bekannt gegebenen VA (Marschner, in: Pickel, SGB X, § 39 Rz. 6) und die Behörde kann diesen nur noch nach Maßgabe der §§ 44f. aufheben oder abändern. Die Einlegung eines Widerspruchs berechtigt die Behörde ebenfalls nicht ohne weiteres dazu, den VA zum Nachteil des Adressaten zu verschlechtern (Köhler, ZFSH/SGB 2010 S. 78 f., 82 mit eingehender Darstellung des Problembereiches "reformatio in peius" im Widerspruchsverfahren).

 

Rz. 4a

Die Wirksamkeit eines VA kann bei mehreren Beteiligten wegen der Abhängigkeit von der Bekanntgabe (§ 37) zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten (BT-Drs. 7/910 S. 63 zu § 43 VwVfG und BT-Drs. 8/2034 S. 33). Werden von einem VA mehrere Beteiligte...

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