Rz. 29

§ 116 Abs. 2 regelt einen Fall des sog. Quotenvorrechts. Auch wenn der Anspruch auf Schadensersatz durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist, soll der Forderungsübergang auf den Leistungsträger sich nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken. Erst dann, wenn der Schadensersatzanspruch nicht erforderlich ist, um die Differenz zwischen dem (kongruenten) Gesamtschaden und der Sozialleistung zu decken, geht der überschießende Anspruchsanteil auf den Leistungsträger über (Differenztheorie). Das Vorrecht des Geschädigten ist nicht auf kongruente Ansprüche begrenzt (BGH, Urteil v. 8.4.1997, VI ZR 112/96; Kater, in: KassKomm. SGB X, 101. EL September 2018, § 116 Rz. 217; kritisch Greger/Otto, NZV 1997 S. 292). Keine Anwendung findet § 116 Abs. 2 jedoch, wenn der Schädiger auch nach anderen Rechtsgrundlagen haftet, die Höchstgrenzen nicht vorsehen (z. B. § 823 BGB). Der BGH nimmt aber an, dass dem Geschädigten ein uneingeschränktes Quotenvorrecht zusteht (BGH, a. a. O.). Der Träger der Sozialhilfe ist trotz des Quotenvorrechts nicht gehindert, einen sachlich nicht kongruenten Schadensersatzanspruch gemäß § 93 SGB XII auf sich überzuleiten (LG Bonn, Urteil v. 30.5.2006, 9 O 30/06).

Typische Fälle für die Anwendung des § 116 Abs. 2 ergeben sich im Bereich der Gefährdungshaftung, bei der das Gesetz zumeist Haftungshöchstbeträge vorsieht (StVG, HPflG, LuftVG). Wie sich dies bei der Anspruchsverteilung nach Abs. 2 auswirkt, zeigt das folgende Beispiel.

 
Praxis-Beispiel

Beträgt der Einkommensverlust eines durch einen Schienenunfall voll erwerbsgemindert gewordenen Sozialversicherten im Jahr 64.000 EUR und zahlt der Rentenversicherungsträger eine monatliche Rente von 2.000 EUR = 24.000 EUR jährlich, so beträgt der Restschaden des Versicherten 40.000 EUR. Der geschädigte Versicherte behält den gesamten, nach § 9 HPflG auf insgesamt 36.000 EUR jährlich begrenzten Schadensersatzanspruch, während der Rentenversicherungsträger leer ausgeht. Beträgt dagegen der jährliche Einkommensverlust des Versicherten nur 32.000 EUR und sein nach der Rentenzahlung verbleibender Restschaden dementsprechend 8.000 EUR, so geht der seine eigene Schadensdeckung übersteigende Anspruchsteil i. H.  der Rentenleistung von 24.000 EUR auf den Rentenversicherungsträger über.

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