Rz. 23

Eine Sonderstellung im Rahmen des Forderungsübergangs von Ersatzansprüchen des Geschädigten auf den Sozialversicherungsträger nehmen die Beiträge zur Sozialversicherung ein. Insoweit hat der Gesetzgeber durch § 116 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich den Anspruchsübergang klargestellt. Dabei geht es für den Verletzten nicht so sehr um den bloßen Zahlbetrag als vielmehr um die weit wichtigere Folge, dass nämlich seine spätere sozialversicherungsrechtliche Position nach dem schädigenden Ereignis nicht beeinträchtigt wird, so etwa durch den unfallbedingten Ausfall von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung mit entsprechender Minderung der Rentenhöhe. Für eine Aufrechterhaltung des gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes des Geschädigten und seiner Angehörigen (Hinterbliebenen) hat der Schädiger ebenfalls einzustehen. § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 sichert dem Krankenversicherungsträger auch Ersatz für die Beiträge, die ihm aufgrund der gemäß § 224 SGB V eingetretenen Beitragsfreiheit für die Zeit des Krankengeldbezuges entgangen sind. Die Beitragsfreiheit gemäß § 224 SGB V tritt sowohl bei einer freiwilligen Versicherung wie auch bei der Pflichtversicherung ein. Eine Geltendmachung nach § 119 ist aufgrund der dort normierten treuhänderischen Funktion des Sozialleistungsträgers für den Versicherten ausgeschlossen (BT-Drs. 14/4375 S. 60).

Mit dem Wegfall des Krankengelds endet die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der geschädigte Arbeitnehmer kann sich entweder nach § 9 SGB V freiwillig weiterversichern oder wird gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig. Die Beiträge dafür, die er selbst zu tragen hat (z. B. § 250 Abs. 3 SGB V), kann er vom Schädiger ersetzt verlangen.

 

Rz. 24

Hinsichtlich des Anspruchsübergangs ist der Fall des verletzten Arbeitnehmers, der aufgrund seiner Verletzung nur noch ein gemindertes Arbeitsentgelt bezieht oder ein neues Arbeitsverhältnis mit geringeren Bezügen als bisher eingeht, problematisch. Der BGH hat es bisher abgelehnt, dem Geschädigten einen Ersatz in Höhe der Beitragsdifferenz zuzuerkennen (BGH, Urteil v. 12.4.1983, VI ZR 126/81). Dabei hat er maßgeblich darauf abgestellt, dass die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung nach § 7 SGB VI nicht besteht, wenn bereits ein Pflichtversicherungsverhältnis vorliegt. Auch in der Arbeitslosenversicherung besteht mangels freiwilliger Versicherungsmöglichkeit grundsätzlich kein Anspruch auf Beitragsersatz des geschädigten Arbeitnehmers gegen den Schädiger. Wegen des Nichtbestehens einer gesetzlichen Regelung zur freiwilligen aufstockenden Versicherung ist der Rechtsprechung des BGH auch weiterhin zuzustimmen. Denn es besteht keine Möglichkeit, den eingetretenen Schaden auf diese Weise auszugleichen.

 

Rz. 25

Ungeachtet der Frage des sog. Qutenvorrechts ergeben sich auch hinsichtlich des Umfangs des Forderungsübergangs zahlreiche Zweifelsfragen. Ein Übergang erfolgt etwa nicht hinsichtlich der Ersparnisse bei stationärem Krankenhausaufenthalt. Insofern entsteht von vornherein kein Schaden und damit kein Anspruch des Geschädigten. Der Versicherungsträger muss sich also wegen seines nur abgeleiteten Anspruchs im Rahmen seines Regresses grundsätzlich die häuslichen Ersparnisse des Geschädigten "anrechnen" lassen (BGH, Urteil v. 18.5.1965, VI ZR 262/63; BGH, Urteil v. 16.9.1966, VI ZR 264/64). Nicht zu den Verpflegungskosten zählt jedoch die medizinisch indizierte Sondennahrung. Sie ist Teil der allgemeinen Krankenhausleistungen und somit nicht dem Geschädigten als häusliche Ersparnis anzurechnen (OLG Zweibrücken, Urteil v. 1.12.2011, 5 U 8/09).

 

Rz. 26

Um die Stellung des Schädigers durch den Forderungsübergang nicht zu verschlechtern, kann er dem Versicherungsträger alle Einwendungen und Einreden entgegenhalten, mit denen die Forderung des Geschädigten belastet ist (§§ 412, 404, 406, 407 BGB). Dazu gehören z. B. der Einwand des mitwirkenden Verschuldens des Geschädigten (§ 254 BGB), der Vereinbarung eines Haftungsausschlusses vor Eintritt des Schadensfalls, der nachträglichen Anspruchserfüllung durch einen gutgläubigen Schädiger, der Vornahme eines Rechtsgeschäfts über Schadensersatzforderungen mit dem Schädiger (§ 407 BGB), die Einrede der Verjährung usw. So kann der Unfallgeschädigte, der im Zeitpunkt des Unfalls nicht sozialversicherungspflichtig ist, auch zulasten seines späteren Sozialversicherungsträgers auf weitere Zahlungen des Schädigers wirksam verzichten (OLG Frankfurt, Urteil v. 27.4.1981, 1 U 79/80).

Es kann auch stillschweigende Haftungsausschlüsse geben; insbesondere unter nahen Angehörigen (BGH, Urteil v. 15.1.1980, VI ZR 191/78). Auch bei Fahrgemeinschaften wird oft ein stillschweigender Haftungsverzicht vorliegen (BGH, Urteil v. 14.2.1978, VI ZR 216/76). Etwas anderes gilt indessen dann, wenn die Vereinbarung über den Haftungsausschluss nichtig ist, insbesondere wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§§ 134, 138 BGB).

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