0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Regelung ist am 1.1.1992 in Kraft getreten und erstmals mit Wirkung vom 1.7.2014 durch das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) v. 23.6.2014 (BGBl. I S. 787) geändert worden. Dem Satz 1 wurde angefügt: "; bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden außerdem Entgeltpunkte für die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der hierfür maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht berücksichtigt, wenn sich dadurch ein höherer Wert aus der Vergleichsbewertung ergibt."

Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 23.6.2014 ab 1.7.2014.

1 Allgemeines

1.1 Inhalt der Regelung

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt, wie Entgeltpunkte für die Vergleichsbewertung von beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung (§ 71 Abs. 1) zu ermitteln sind.

Dieser Berechnung sind im Unterschied zur Grundbewertung (§ 72), bei der sämtliche Beitragszeiten (vollwertige und beitragsgeminderte) sowie Berücksichtigungszeiten berücksichtigt werden, ausschließlich vollwertige Beiträge und reine Berücksichtigungszeiten zugrunde zu legen (vgl. auch § 71 Abs. 1).

Dafür werden die Zeiten aus der Grundbewertung um Beitrags- und Berücksichtigungszeiten gemindert, die mit beitragsfreien Zeiten, aber auch mit Zeiten des Bezuges einer Versichertenrente zusammentreffen. Aus der verbleibenden Anzahl an Entgeltpunkten und belegungsfähigen Kalendermonaten errechnet sich der Gesamtleistungswert der Vergleichsbewertung.

Die Regelung des § 73 Satz 1 Nr. 3 bedeutet, dass bei der Vergleichsbewertung ggf. auch vollwertige Beiträge – aus guten Gründen – unberücksichtigt zu bleiben haben. Das bezieht sich auf Beitragszeiten neben einer Versichertenrente, in der eine Zurechnungszeit nicht enthalten ist (vgl. auch § 58 Abs. 1 Nr. 5), und die deswegen ihren Status als vollwertige Beiträge behalten. Auf diese Weise können im Allgemeinen niedrige Beiträge während eines Rentenbezuges den Gesamtleistungswert nicht negativ beeinflussen.

1.2 Normzweck

 

Rz. 3

Sinn der Regelung zur Vergleichsbewertung ist die Sicherstellung, dass beitragsgeminderte Zeiten mindestens so bewertet werden, als seien sie beitragsfreie Zeiten gewesen (vgl. weitergehend unter Rz. 7 Bedeutung der Vergleichsbewertung). Die Vergleichsbewertung erfolgt daher ausschließlich aus vollwertigen Beiträgen und reinen Berücksichtigungszeiten. Der Wert wird ermittelt, indem die Summe aller Entgeltpunkte aus der Grundbewertung um die Entgeltpunkte aus beitragsgeminderten Zeiten und Berücksichtigungszeiten, die gleichzeitig beitragsfreie Zeiten oder Rentenbezugszeiten sind, vermindert und die Anzahl der belegungsfähigen Monate entsprechend verringert wird (BT-Drs. 11/4124 S. 171 – vorgesehen noch in § 72).

1.3 Vorgängervorschriften

 

Rz. 4

Vorgängervorschriften im engeren Sinne existieren nicht, da das alte Recht keine generelle Vergleichsbewertung kannte. Eine solche wurde lediglich dann angeordnet, wenn auch Beiträge entrichtet wurden; vgl. insoweit § 1255 Abs. 7 Satz 2 RVO, § 32 Abs. 7 Satz 2 AVG und § 54 Abs. 7 Satz 2 RKG.

1.4 Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen

 

Rz. 5

Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen finden sich in §§ 71, 72, 74, 263 und in § 263a, wenn Entgeltpunkte (Ost) vorliegen. Durch das Gesetz über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2575) wird zum 1.7.2024 die vollständige Rentenangleichung Ost und West erreicht, sodass ab dann eine gesonderte Ermittlung von Entgeltpunkten Ost entfällt; vgl. die Komm. zu §§ 254b, 254d, 255a, 255c, 255d und 263a.

1.5 Gemeinsame rechtliche Anweisungen der DRV

 

Rz. 6

Die Deutsche Rentenversicherung hat im Anwendungsbereich des SGB VI umfangreiche Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) geschaffen, die auch § 73 erfassen. Die GRA der DRV zu § 73 hat den Stand 16.2.2016 und ist abrufbar im Internet unter der Adresse: https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0051_75/gra_sgb006_p_0073.html (zuletzt abgerufen am 31.12.2021).

2 Rechtspraxis

2.1 Erste Vergleichsbewertung (Satz 1 HS 1)

2.1.1 Bedeutung der Vergleichsbewertung

 

Rz. 7

Die zentrale Funktion der Vergleichsbewertung liegt in der besonderen Berücksichtigung und Bewertung der beitragsgeminderten Zeiten. Durch die Vergleichsbewertung ist sichergestellt, dass Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfrei sind, weil für sie gleichzeitig Beiträge gezahlt worden sind, nicht zu einem schlechteren Gesamtleistungswert führen als ohne diese Beitragsleistung (GRA der DRV zu § 73 SGB VI, Stand: 16.2.2016, Anm. 1). Beitragsgeminderte Zeiten sind aufgrund des verbrieften Eigentumsrechts nach Art. 14 GG wenigstens so zu bewerten wie beitragsfreie Zeiten (vgl. Vorlagebeschluss des BSG v. 16.12.1999, B 4 RA 11/99 R; vgl. auch Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI, 06/2008, § 54 Rz. 10); deshalb sieht § 71 Abs. 2 für beitragsgeminderte Zeiten einen Zuschlag vor, wenn mit dieser Zeit nicht mindestens der Wert der beitragsfreien Zeit erreicht wird. Der Zuschlag an Entgeltpunkten ergibt sich letztlich daher aus der Differenz an Entgeltpunkten aus der Grund- und der Vergleichsbewertung und den originär nach § 70 ermittelten Entgeltpunkten, die den jeweiligen beitragsgeminderten Zeiten als Be...

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