0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die am 1.1.1992 in Kraft getretene Vorschrift ist seit 1997 wie folgt geändert worden:

  • Durch das WFG v. 25.9.1996 (BGBl. I S. 1461) ist in Abs. 2 das für die Ermittlung des belegungsfähigen Gesamtzeitraums maßgebende Lebensjahr mit Wirkung zum 1.1.1997 heraufgesetzt worden (vom 16. auf das 17. Lebensjahr).
  • Durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit v. 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) ist Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 mit Wirkung zum 1.1.2001 aus redaktionellen Gründen geändert worden. Die Wörter "voller Erwerbsminderung" haben den Begriff "Erwerbsunfähigkeit" ersetzt.
  • Durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) v. 21.3.2001 (BGBl. I S. 403) wurde Abs. 4 der Vorschrift über den Lückenausgleich ab 1.1.2002 aufgehoben. Der Lückenausgleich, um den der belegungsfähige Gesamtzeitraum ggf. zusätzlich zu kürzen war, bewirkte für Rentenfälle vor dem 1.1.2002 eine weitere Verbesserung des Gesamtleistungswerts.

Zur – ggf. rückwirkenden – Anwendung dieser Gesetzesänderungen vgl. § 300 Abs. 1 und 2. Gültig ist die Vorschrift i. d. F. v. 19.2.2002 ab 1.1.2002.

1 Allgemeines

1.1 Inhalt der Regelung

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt in Abs. 1 im Rahmen der Rentenberechnung die Grundbewertung beitragsfreier und beitragsgeminderter Zeiten (vgl. auch § 71). Sie richtet sich nach der Summe der Entgeltpunkte für sämtliche Beitrags- und Berücksichtigungszeiten, die durch die Anzahl der belegungsfähigen Kalendermonate zu teilen ist (Abs. 1).

Abs. 2 definiert den "belegungsfähigen Gesamtzeitraum."

Von dem belegungsfähigen Gesamtzeitraum sind zugunsten des Versicherten die in Abs. 3 genannten nicht belegungsfähigen Zeiten abzusetzen.

1.2 Normzweck

 

Rz. 3

Die Gesamtleistungsbewertung nach den §§ 71 bis 74 dient der Ermittlung von Entgeltpunkten für beitragsfreie Zeiten (§ 71 Abs. 1) und der Ermittlung von Zuschlägen an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (§ 71 Abs. 2). Bei der Grundbewertung werden alle erwirtschafteten alle Beiträge und Berücksichtigungszeiten zugrunde gelegt. Die in § 73 niedergelegte Vergleichsbewertung erfolgt auf der Grundlage der vollwertigen Beiträge und reinen Berücksichtigungszeiten. Der höhere Wert aus der Grundbewertung oder aus der Vergleichsbewertung ist schließlich der maßgebende Gesamtleistungswert.

1.3 Vorgängervorschriften

 

Rz. 4

Unmittelbare Vorgängervorschriften existieren nicht. Vorschriften zur Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage fanden sich in § 1255a RVO, § 32a AVG und § 54a Abs. 2 bis 3 RKG.

1.4 Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen

 

Rz. 5

§ 72 steht zunächst im Zusammenhang mit allen anderen im Dritten Titel – Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte – genannten Vorschriften zur Gesamtleitungswertung; also den §§ 71 ff. Weitere korrespondierende Vorschriften finden sich in § 263 Abs. 2a, Abs. 3 und Abs. 5 bis 7, der für bestimmte beitragsfreie Zeiten nur einen begrenzten Gesamtleistungswert oder gar keine Bewertung vorsieht und in § 263a, der die Berücksichtigung von Entgeltpunkte (Ost) regelt. Der Gesetzgeber hat mit dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2575) – ab 1.1.2018 in Kraft gesetzt – die Angleichung des aktuellen Rentenwerts (Ost) an den aktuellen Rentenwert umgesetzt. Ab dem 1.7.2024 erfolgt daher keine gesonderte Gesamtleistungsbewertung nach § 263a mehr, die Vorschrift tritt zum 30.6.2024 außer Kraft.

1.5 Gemeinsame rechtliche Anweisungen der DRV

 

Rz. 6

Die Deutsche Rentenversicherung hat im Anwendungsbereich des SGB VI umfangreiche Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) geschaffen, die auch § 72 erfassen. Die GRA der DRV zu § 72 hat den Stand 20.7.2015 und ist abrufbar im Internet unter der Adresse: https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0051_75/gra_sgb006_p_0072.html (zuletzt abgerufen am 31.12.2021).

2 Rechtspraxis

2.1 Grundbewertung (Abs. 1)

2.1.1 Bedeutung der Grundbewertung

 

Rz. 7

Die Grundbewertung nach Abs. 1 ist die zentrale Regelung zur Bewertung von beitragsfreien Zeiten (vgl. zur Funktion der Grundbewertung auch BT-Drs. 11/4124 S. 171); danach werden jedem Kalendermonat Entgeltpunkte in der Höhe zugrunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der Entgeltpunkte für Beitragszeiten und Berücksichtigungszeiten durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird. Damit lehnt die Grundbewertung – wie schon die Grundregel der Gesamtleistungsbewertung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 vorgibt – an der eigenen Versicherungsbiografie an. Die Grundbewertung verschafft damit dem in § 63 Abs. 1 niedergelegte Äquivalenzprinzip – dem Prinzip der Lebensleistung – auch bei den Zeiten Geltung, in denen der Versicherte gerade selbst keine Beiträge gezahlt hat. Auch bei den beitragsfreien Zeiten soll das Äquivalenzprinzip bzw. das Lebensleistungsprinzip Berücksichtigung finden. Die besondere Bedeutung der beitragsgeminderten Zeiten wird durch die Vergleichsbewertung nach § 73 sichergestellt (vgl. insoweit die Komm. zu § 70 unter Allgemeines, Abschnitt Grundsätze der Rentenberechnung).

2.1.2 Berechnungsgrundsatz

 

Rz. 8

Zur Ermittlung des Dividenden wird nach § 72 Abs. 1 die Summe aller Entgeltpunkte für Beitrags- und Berücksichtigungszeiten gebildet; das stellt die Gesamtleistung dar. Der Divisor wird ermittelt durch den Zeit...

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