Rz. 18

Auf welches Versicherungskonto für eine Rente abzustellen ist, regelt Abs. 2 und stellt klar, dass es für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte

  • bei den Altersrenten, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei den Erziehungsrenten auf die Entgeltpunkte des Versicherten – Nr. 1 und
  • bei den Witwen-, Witwer- und Halbwaisenrenten auf die Entgeltpunkte des verstorbenen Versicherten – Nr. 2
  • bei Vollwaisenrenten auf die Entgeltpunkte der 2 verstorbenen Versicherten mit den höchsten Versichertenrenten – Nr. 3

ankommt.

 

Rz. 19

Die Berechnung einer Witwen- oder Witwerrente bzw. einer Waisenrente nach dem SGB VI erfolgt daher notwendigerweise durch einen Rückgriff auf die persönlichen EP des Verstorbenen (BSG, Urteil v. 19.11.2009, B 13 R 113/08 R, Rz. 21). Gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 2 sind daher bei einer Witwenrente (u. a.) die EP des verstorbenen Versicherten Grundlage für die Ermittlung der persönlichen EP der Witwe, also des Produkts aus der Summe der EP und des Zugangsfaktors, das die Rangstelle der Witwe unter den Rentnern festschreibt (BSG, Urteil v. 29.7.2004, B 4 RA 45/03 R, Rz. 27).

 

Rz. 20

Die Rentenart und die Herkunft der versicherten Beiträge haben dabei maßgeblichen Einfluss auf den verfassungsrechtlichen Schutz der erwirtschafteten persönlichen Entgeltpunkte. Soweit der Versicherte selbst die Entgeltpunkte erwirtschaftet hat, die Rente daher Lohnersatz- oder zumindest Zuschussfunktion hat und daher sich sein Rentenanspruch aus seinem eigenen Versicherungskonto speist – wie das bei Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei einer Erziehungsrente nach Nr. 1 der Fall ist –, genießen die so erwirtschafteten Entgeltpunkte Eigentumsschutz nach Art. 14 GG. Indes bei den Renten, die lediglich Unterhaltsersatzfunktion haben und deren Anspruch sich aus den erwirtschafteten Entgeltpunkten des verstorbenen Versicherten speist – also aus einem fremden Versicherungskonto – scheidet ein Eigentumsschutz nach Art. 14 GG hingegen aus. Das gilt für die Witwenrente, Witwerrente und Halbwaisenrente nach Nr. 2 und für die Vollwaisenrente nach Nr. 3. Zwar unterliegen grundsätzlich öffentlich-rechtliche Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung dem eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Solche genießen jedoch nur dann Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblicher Eigenleistung des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen. Hinterbliebenenrenten werden zwar wie alle Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aus Beiträgen der Versicherten und der Arbeitgeber sowie aus dem Bundeszuschuss finanziert, jedoch beruhen Hinterbliebenenrenten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerade nicht auf einer dem einzelnen Versicherten individuell zurechenbaren Leistung und sind daher dem Versicherten nicht als Rechtsposition privatnützig zugeordnet. Die Zuordnung der zugrundeliegenden gesetzlichen Ansprüche zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie sind nicht gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss v. 18.2.1998, 1 BvR 1318/06 und 1 BvR 1484/06). Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz gilt daher nicht für Hinterbliebenenrenten (BVerfG, Urteil v. 28.2.1980, 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78; dem folgend BSG, Urteil v. 31.3.1998, B 4 RA 59/96 R). Die Hinterbliebenenrente ist eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung, weil sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten zu Lebzeiten gewährt wird. Während der Versichertenrente Beiträge zugrunde liegen, wird die Hinterbliebenenrente ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt (vgl. auch die Komm. zu § 67).

 

Rz. 21

Bei Vollwaisenrenten eines Kindes mit 2 Elternteilen muss auf beide Versicherungskonten zurückgegriffen werden; Vollwaisenrenten sind aus den Entgeltpunkten der 2 verstorbenen Versicherten mit den höchsten Renten – und nicht mit den meisten Entgeltpunkten, wie zunächst vorgesehen war – zu berechnen. Dadurch wird auch in den Fällen, in denen die Versicherten sowohl der allgemeinen Rentenversicherung als auch der knappschaftlichen Rentenversicherung angehörten, die für die Waise günstigste Konstellation erreicht (BT-Drs. 11/5530 S. 44 zu § 65 SGB VI-E = § 66). Die Höchstbegünstigungsregelung erfährt insbesondere dort eine Anwendungsbedeutung, wo das Kind mehr als 2 Elternteile hatte; also z. B. bei leiblichen Eltern und Adoptiveltern.

 

Rz. 22

Voraussetzung ist, dass jeder verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt; dies ist auch bei vorzeitiger Wartezeiterfüllung (§ 53) gegeben.

 

Rz. 23

Das bedeutet, dass Vollwaisenrenten im Regelfall (Tod der leiblichen Eltern) ...

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