Rz. 8

Die in einer Rente wegen Erwerbsminderung oder Erziehungsrente enthaltene Zurechnungszeit ist bei Berechnung von Folgerenten (z. B. Regelaltersrente, Hinterbliebenenrente) gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 als Anrechnungszeit zu berücksichtigen. Dadurch sollen einerseits versicherungsrechtliche Lücken geschlossen werden, die durch den Rentenbezug entstanden sind. Andererseits sollen zusätzlich Zuschläge an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (§ 71 Abs. 2) ermittelt werden, wenn ein Versicherter neben einem vorzeitigen Rentenbezug lediglich geringe Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen konnte (z. B. bei Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 und zeitgleicher Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung). Anrechnungszeit ist dabei die Rentenbezugszeit, die parallel zur Zurechnungszeit liegt sowie die zeitlich vor dem Rentenbeginn liegende Zurechnungszeit.

Soweit es sich bei der Folgerente ebenfalls um eine Rente wegen Erwerbsminderung, Erziehungsrente oder Hinterbliebenenrente handelt, ist für die Folgerente ggf. neben einer Anrechnungszeit wegen Rentenbezugs gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 eine Zurechnungszeit (§ 59, § 253a) unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des aktuellen Leistungsfalls zu berücksichtigen.

 
Praxis-Beispiel
 
Geburtstag des Versicherten 3.7.1957
Eintritt von voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2) 31.5.2010

Rentenbeginn (§ 99 Abs. 1 Satz 2)

Rentenwegfall

1.12.2010

30.11.2015

Bei Berechnung der Rente war eine Zurechnungszeit vom 31.5.2010 bis zum 2.7.2017 anzurechnen (§ 59 i. d. F. bis 30.6.2014)

Todestag des Versicherten
18.3.2020
Beginn der großen Witwenrente (§ 46 Abs. 2) 1.4.2020

Ergebnis :

Bei Berechnung der großen Witwenrente (§ 46 Abs. 2) ist gemäß Abs. 1 i. d. F. ab 1.1.2019 eine Zurechnungszeit zu berücksichtigen, weil der am 3.7.1957 geborene Versicherte vor Vollendung seines 67. Lebensjahres (Vollendung des 67. Lebensjahres = 2.7.2024; § 26 SGB X, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB) gestorben ist. Die Zurechnungszeit beginnt gemäß Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 mit dem Todestag des Versicherten am 18.3.2020. Das Ende der Zurechnungszeit ist nach § 253a Abs. 3 (i. d. F. ab 1.1.2019) zu bestimmen, weil der Versicherte vor dem 1.1.2031 gestorben ist. Bei Tod eines Versicherten im Jahre 2020 endet danach die Zurechnungszeit mit dem Zeitpunkt, der sich ergibt, wenn der Vollendung des 65. Lebensjahres des verstorbenen Versicherten weitere 9 Monate hinzugerechnet werden. Die Vollendung des 65. Lebensjahres + 9 Monate ist für den am 3.7.1957 geborenen Versicherten auf den 2.4.2023 zu datieren (§ 26 SGB X, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB). Bei Berechnung der großen Witwenrente ist damit die Zeit vom 18.3.2020 bis zum 2.4.2023 (= 38 KM) als Zurechnungszeit gemäß Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3,  253a Abs. 3 (jeweils i. d. F. ab 1.1.2019) anzurechnen.

Darüber hinaus ist die Zeit des Bezuges der Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 als Anrechnungszeit zu berücksichtigen, soweit diese Zeiten bei Berechnung der Erwerbsminderungsrente auch als Zurechnungszeit anzurechnen war. Das Gleiche gilt für die zeitlich vor dem damaligen Rentenbeginn liegende Zurechnungszeit. Bezogen auf das vorliegende Fallbeispiel ist damit die Zeit vom 31.5.2010 bis zum 30.11.2015 (= 67 KM) als Anrechnungszeit wegen Rentenbezugs gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 anzuerkennen.

 
Hinweis

Soweit eine Rente wegen Erwerbsminderung bis zum Zeitpunkt des Todes einer versicherten Person bezogen worden ist, findet hinsichtlich des Umfangs der bei Berechnung einer Hinterbliebenenrente anzurechnenden Zurechnungszeit die einschränkende Übergangsregelung des § 253a Abs. 5 Anwendung. Insoweit wird auf die Komm. zu § 253a Abs. 5 verwiesen.

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