Rz. 7

Beitragsgeminderte Zeiten i. S. d. Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b sind Kalendermonate, die

a) sowohl mit einer Beitragszeit als auch mit einer Anrechnungszeit, Zurechnungszeit oder einer Ersatzzeit (Abs. 3 Satz 1),

b) mit einer Berufsausbildung (Abs. 3 Satz 2),

c) mit Inflationsbeiträgen (§ 246 Satz 1),

d) mit Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer fiktiven beruflichen Ausbildung (§ 246 Satz 2)

belegt sind.

zu a): Kalendermonate mit beitragsgeminderten Zeiten wegen des Zusammentreffens von Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten (Abs. 3 Satz 1)

Anrechnungszeiten (§§ 58, 252, 252a), Ersatzzeiten (§ 250) sowie die Zurechnungszeit (§§ 59, 253a) werden seit dem Inkrafttreten des SGB VI zum 1.1.1992 nicht mehr durch im selben Kalendermonat liegende Beitragszeiten verdrängt. In diesen Fällen entstehen vielmehr beitragsgeminderte Zeiten i. S. v. Abs. 3 Satz 1, die bei der Prüfung von Rentenansprüchen den vollwertigen Beitragszeiten gleichstehen. Bei der Rentenberechnung sind beitragsgeminderte Zeiten allerdings insoweit von besonderer Bedeutung, weil für sie neben Entgeltpunkten für Beitragszeiten (§§ 70, 256 bis 259b) noch Zuschläge an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten (§ 71 Abs. 2) zu ermitteln sind. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Kalendermonate mit Beitragszeiten, in denen darüber hinaus auch Anrechnungszeiten, eine Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten zurückgelegt worden sind, mindestens den Wert an Entgeltpunkten erhalten, mit dem diese Kalendermonate als beitragsfreie Zeiten gemäß §§ 71 Abs. 1, 74, 263 Abs. 2a zu bewerten gewesen wären.

 
Praxis-Beispiel

Der Versicherte A, geb. am 14.6.1955, war vom 1.8.1972 bis zum 3.1.2020 als abhängig Beschäftigter in der allgemeinen Rentenversicherung versicherungspflichtig und ist seit dem 4.1.2020 voll erwerbsgemindert i. S. v. § 43 Abs. 2 Satz 2.

Der Monat Januar 2020 ist sowohl mit einer Beitragszeit gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 als auch mit einer nach §§ 59, 253 a Abs. 3 anzurechnenden Zurechnungszeit belegt.

Für die Zeit vom 1.1.2020 bis zum 3.1.2020 wurden Beiträge von einer Beitragsbemessungsgrundlage i. H. v. 500,00 EUR wirksam gezahlt. Der maßgebende Gesamtleistungswert für beitragsfreie Zeiten (§ 71 Abs. 1) beträgt 0,1250 Entgeltpunkte. Weitere beitragsgeminderte Zeiten i. S. v. Abs. 3 Satz 1 liegen nicht vor.

Ab 1.2.2020 besteht ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2.

Zu berechnen sind die für den Monat Januar 2020 bei Ermittlung der Monatsrente (§ 64) zu berücksichtigenden Entgeltpunkte.

Lösung:

Ermittlung der Summe der Entgeltpunkte für den Monat Januar 2020:

a) Entgeltpunkte für Beitragszeiten gemäß § 70 Abs. 1

500,00 EUR Beitragsbemessungsgrundlage : 40.551,00 EUR vorl. Durchschnittsentgelt (Anlage 1 zum SGB VI) = 0,0123 EP für Beitragszeiten

b) Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 71 Abs. 2

Als beitragsfreie Zurechnungszeit wäre der Monat Januar 2020 gemäß § 71 Abs. 1 mit dem vollen Gesamtleistungswert für beitragsfreie Zeiten i. H. v. 0,1250 Entgeltpunkten zu bewerten gewesen (Umkehrschluss aus §§ 74, 263 Abs. 2a).

0,1250 EP voller Gesamtleistungswert für beitragsfreie Zeiten

- 0,0123 EP für Beitragszeiten gemäß § 70 Abs. 1

0,1127 EP Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 71 Abs. 2

Als beitragsgeminderte Zeit i. S. v. Abs. 3 Satz 1 erhält der Monat Januar 2020 damit insgesamt 0,1250 Entgeltpunkte (0,0123 EP für Beitragszeiten gemäß § 70 Abs. 1 + 0,1127 EP Zuschlag für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 71 Abs. 2).

 
Hinweis

Das vorige Beispiel soll die Auswirkungen von beitragsgeminderten Zeiten i. S. v. Abs. 3 Satz 1 bei Ermittlung der Summe der Entgeltpunkte im Rahmen der Rentenberechnung bezogen auf einen Kalendermonat verdeutlichen. Zu beachten ist jedoch, dass Zuschläge an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten nach dem Wortlaut des § 71 Abs. 2 in einem Summenvergleich zu ermitteln sind, und zwar jeweils für alle Kalendermonate mit beitragsgeminderten Zeiten wegen

  • Krankheit und Arbeitslosigkeit,
  • schulischer und beruflicher Ausbildung,
  • sonstiger Anrechnungszeiten, Ersatzzeiten oder einer Zurechnungszeit.

Für diese drei Zeitengruppen könnte sich somit innerhalb einer Rentenberechnung jeweils ein Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 71 Abs. 2 ergeben.

 

Rz. 7a

zu b): Kalendermonate mit beitragsgeminderten Zeiten aufgrund einer Berufsausbildung (Abs. 3 Satz 2)

Nach Abs. 3 Satz 2 gelten Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung) ebenfalls als beitragsgeminderte Zeiten, mit der Folge, dass für sie neben Entgeltpunkten für Beitragszeiten (§§ 70 Abs. 1, 256 Abs. 1) grundsätzlich auch Zuschläge an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 71 Abs. 2 zu ermitteln sind; dies gilt allerdings gemäß § 74 Satz 3 max. für 3 Jahre (= 36 Kalendermonate), wobei Zeiten der Fachschulausbildung oder der Teilnahme an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen vorrangig zu berücksi...

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