Rz. 50

Allen selbstständig Tätigen (Gewerbetreibende und Freiberufler), die nicht gemäß §§ 2, 229a kraft Gesetzes rentenversicherungspflichtig sind, wird nach Abs. 2 die Möglichkeit gegeben, auf Antrag in die Versicherungspflicht aufgenommen zu werden.

 

Rz. 51

Der Begriff der selbstständigen Tätigkeit ist negativ abzugrenzen von der weisungsabhängigen Beschäftigung. Anhaltspunkte nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV für eine weisungsabhängige Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Kennzeichnend für die persönliche Abhängigkeit ist die Verfügungsbefugnis (das Direktionsrecht) dessen, der die Arbeitsleistung fordern kann (Arbeitgeber) über den, der sie zu erbringen hat (Arbeitnehmer). Wesentliches Merkmal der nicht selbstständigen weisungsabhängigen Arbeit nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist daher ihre Fremdbestimmtheit und die Abhängigkeit des Beschäftigten von einem Arbeitgeber. Demgegenüber wird die selbstständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei zu verfügen (auf die vom BSG zugrunde gelegten Merkmale für die Begriffe Arbeitnehmer und abhängige Beschäftigung vgl. jeweils m. w. N. u. a. BSG, Urteil v. 12.12.1990, 11 RAr 73/90; BSG, Urteil v. 20.2.1991, 11 RAr 5/90; BSG, Urteil v. 6.2.1992, 7 RAr 134/90; vgl. weitergehend die Komm. zu § 2).

 

Rz. 52

Selbstständig tätig sind dabei Personen, die mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft oder in einem Gewerbebetrieb oder eine sonstige, insbesondere freiberufliche Arbeit in persönlicher Unabhängigkeit und auf eigene Rechnung und Gefahr ausüben; die Abgrenzung erfolgt über § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, der die wesentlichen Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung regelt. Sie haben dann die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen Pflichtversicherten (z. B. Anrechnung von Ersatz- und Anrechnungszeiten). Voraussetzung ist allein, dass eine selbstständige Tätigkeit (keine Scheinselbstständigkeit gemäß § 7 SGB IV, keine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit gemäß § 2 Nr. 9) vorliegt, die nicht nur vorübergehend ist und im Geltungsbereich des SGB ausgeübt wird. Auslandstätigkeit kann insoweit keine Versicherungspflicht (auf Antrag) begründen.

 

Rz. 53

Dabei muss die selbstständige Tätigkeit auf die Erzielung positiver Einkünfte gerichtet sein und darf nicht etwa nur der Liebhaberei dienen (BSG, Urteil v. 25.2.1997, 12 RK 33/96; GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 3.2).

 

Rz. 54

Die Frist für die Antragspflichtversicherung beginnt mit Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit.

 

Rz. 55

Außerdem darf die ausgeübte selbstständige Tätigkeit, für die die Antragspflichtversicherung begehrt wird, selbst nicht einer vorrangigen Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterliegen (BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 RA 2/04 R; so auch DRV, vgl. GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand 23.2.2022, Anm. 3.1).

 

Rz. 56

Die Tätigkeit muss tatsächlich ausgeübt werden (GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 3.3), sodass eine Kapitalbeteiligung allein nicht ausreicht (so bei einer zusätzlich ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer vgl. BSG, Urteil v. 13.5.1986, 4a RJ 31/85; vgl. verneinend auch BSG, Urteil v. 2.12.1987, 1 RA 31/86). Dabei muss die selbstständige Tätigkeit nach § 3 Nr. 1 SGB IV im Inland ausgeübt werden.

 

Rz. 57

Von der Versicherungspflicht auf Antrag profitieren darüber hinaus nur solche selbstständige Tätigen, die nicht nur vorübergehend selbstständig tätig sind. Im Sinne der Vorschrift nicht nur vorübergehend also dauerhaft tätig sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV solche Personen, die im Zeitpunkt der Antragstellung schon mehr als 2 Monate (bzw. ab 1.1.2019 3 Monate) tätig gewesen sind und nicht innerhalb von 2 (bzw. 3) Monaten nach Antragstellung diese Pflegetätigkeit wieder einstellen (zur Auslegung des Begriffs "nicht nur vorübergehend" vgl. auch BSG, Urteil v. 25.2.1997, 12 RK 33/96; BSG, SozR 3-2600 § 300 Nr. 9; vgl. insoweit auch GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 3.3.2).

 

Rz. 58

Wie bei allen anderen Versicherungstatbeständen nach § 4 ist auch hier der Antrag konstitutiv und kann nicht mehr nachgeholt werden (BSG, Urteil v. 26.4.2005, B 5 RJ 6/04 R, das BSG hat aber auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verwiesen; vgl. auch GRA der DRV zu § 4 SGB VI, Stand: 23.2.2022, Anm. 3.8 und 3.9.4 mit Hinweis darauf, dass der Antrag über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aufgrund eines Beratungsfehlers fingiert werden kann und muss, m. w. N. aus der Rechtsprechung). Der sozialrechtlichen Herstellungsanspruch erfordert aber die positive Feststellung, dass bei zutreffender Beratung durch den Rentenversicherungsträger das Gestaltungsrecht der Antragspflichtversicherung ausgeübt worden wäre. Hierfür trägt der Betroffene die Beweislast (Hess. LSG, Urteil v. 4.8.2017, L 5 R 397/14).

 

Rz. 59

Die Antragspfli...

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