2.3.1 Überblick

 

Rz. 14

Der Rentenversicherungsträger kann Rehabilitanden nach Abs. 4 von der Zuzahlungspflicht befreien, wenn diese durch die Zuzahlung finanziell unzumutbar belastet werden. Die Rentenversicherungsträger haben durch ihren Bundesvorstand gemeinsam entsprechende Richtlinien für die Befreiung von Zuzahlungen bei medizinischen und sonstigen Leistungen zur Rehabilitation geschaffen (vgl. Rz. 23).

Die Zuzahlungsrichtlinien genügen dem Sinn und Zweck der Ermächtigung des § 32 Abs. 4 (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 22.10.2012, L 3 R 280/09 NZB).

Für die Befreiung von der Zuzahlung sind grundsätzlich die Einkommensverhältnisse des Versicherten oder Rentners im Kalendermonat vor der Antragstellung maßgeblich (§ 4 Satz 2 der Befreiungs-Richtlinien, vgl. Rz. 23). Das gilt auch in den Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung ein die Befreiung von der Zuzahlung begründendes Kind i. S. v. § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG zu berücksichtigen ist, im Laufe der Rehabilitationsleistung diese Voraussetzung jedoch entfällt. Ändern sich die Einkommensverhältnisse bis zum Beginn der Rehabilitationsleistung zu Gunsten des Rehabilitanden, so gelten ausnahmsweise auf Antrag die Einkommensverhältnisse im Kalendermonat vor Beginn der Rehabilitationsleistung. Dieses ist damit zu begründen, dass die Rentenversicherungsträger gemäß der Richtlinien die Verhältnisse des Versicherten im Kalendermonat vor der Antragstellung nur grundsätzlich zugrunde zu legen haben und damit Ausnahmen zulassen. Als Antrag in diesem Sinne gilt sowohl die Weigerung zur Entrichtung der Zuzahlung als auch der Widerspruch.

Nimmt ein Ehegatte oder Lebenspartner i. S. d. LPartG an einer onkologischen Nachsorgeleistung i. S. d. § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI teil, sind bei der Prüfung der Zuzahlungsbefreiung die Einkommensverhältnisse des Versicherten/Rentners maßgebend (§ 5 Abs. 1 der Richtlinien; vgl. Rz. 23). Im Übrigen können nur die Zeiten der vom Ehegatten/Lebenspartner geleisteten Zuzahlungen wegen

  • stationärer Krankenhausbehandlung (§ 40 SGB V; einschließlich Aufnahme und Entlassungstag),
  • stationärer Rehabilitationsleistungen nach § 15 SGB VI (ausschließlich in der Person des Ehegatten/Lebenspartner begründet) und
  • stationärer onkologischer Nachsorgeleistungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI

angerechnet werden (§ 5 Abs. 2 der Richtlinien).

2.3.2 Vollständige Befreiung

2.3.2.1 Netto-Erwerbseinkommen von unter 40 % der Bezugsgröße

 

Rz. 15

Nach § 2 Abs. 1 der Richtlinien (vgl. Rz. 23) werden auf Antrag Versicherte und Rentner von der Zuzahlungspflicht vollständig befreit, wenn deren monatliches Netto-Erwerbseinkommen 40 % der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) nicht übersteigt. Das Netto-Erwerbseinkommen (Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen nach Abzug aller Steuern und Versicherungsbeiträge; vgl. Rz. 16) und das Erwerbsersatzeinkommen (Rz. 17) sind zusammenzurechnen, wenn sie gleichzeitig (= im Monat vor der Antragstellung) anfallen.

Die monatliche Bezugsgröße i. S. der Richtlinien beträgt im Jahr 2019 bundeseinheitlich 3.115,00 EUR; 40 % hiervon ergeben 1.246,00 EUR. Die Grenzwerte der vorherigen Jahre ergeben sich aus Rz. 22.

Leben im Haushalt des Versicherten/Rentners noch Familienangehörige, werden deren Einnahmen – anders als in der Krankenversicherung (vgl. dort § 61 SGB V) – nicht berücksichtigt.

Bezieht der Versicherte neben Übergangsgeld noch Arbeitsentgelt aufgrund einer zweiten Beschäftigung oder deshalb, weil der Arbeitgeber während des Übergangsgeldbezuges noch Arbeitsentgelt fortzahlt, sind alle Einkünfte zusammenzurechnen. Nach § 23c SGB IV gelten jedoch laufend gezahlte arbeitgeberseitigen Leistungen, die für die Zeit des Bezuges von Sozialleistungen gezahlt werden, nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, soweit die Einnahmen zusammen mit den Sozialleistungen das Nettoarbeitsentgelt nicht um mehr als 50,00 EUR im Monat übersteigen.

 

Rz. 16

Unter Netto-Erwerbseinkommen versteht man

  • das Arbeitsentgelt eines Beschäftigten i. S. d. § 14 SGB IV nach Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge (Lohnsteuer, ggf. Kirchensteuer, Pflicht-Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und Solidaritätszuschlag; aufgrund § 23c SGB IV müssen auch Beiträge für eine freiwillige Mitgliedschaft zur gesetzlichen Krankenversicherung wie gesetzliche Abzüge bewertet werden). Maßgebend für die Beurteilung, ob eine Befreiung möglich ist, ist das Netto-Erwerbs(ersatz)einkommen des letzten Kalendermonats vor der Antragstellung (vgl. § 4 der Richtlinien). Dabei bleibt einmalig gezahltes Arbeitsentgelt unberücksichtigt, weil es nicht zu dem monatlichen Nettoerwerbseinkommen zählt.
 
Praxis-Beispiel

Antrag auf Durchführung medizinischer Rehabilitationsleistungen am 22.4.2019

Durchführung der Rehabilitationsleistung in der Zeit vom 14.7. bis 4.8.2019

Lösung:

Für die Beurteilung, ob das monatliche Netto-Erwerbs(ersatz)einkommen des Versicherten 1.246,00 EUR nicht übersteigt, ist das tatsächliche Einkommen aus dem Monat März 2019 zugrunde zu legen.

  • den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG ermittelten Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. § 15 SGB I...

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