Rz. 43

Nach Satz 2 der Präambel zu Anl. 13 sind Versicherte in die (höherwertige) Qualifikationsgruppe auch dann einzustufen, wenn sie die formalen Voraussetzungen einer Qualifikationsgruppe nach Satz 1 der Präambel i. V. m. den Voraussetzungen der jeweiligen Qualifikationsgruppe nicht erfüllen.

 

Rz. 44

Mangelnde Qualifikation in der jeweiligen Qualifikationsgruppe kann daher im Ausnahmefall durch langjährige Berufserfahrung ersetzt werden (zum Qualifikationsaufstieg wegen langjähriger Berufserfahrung vgl. Hess. LSG, Urteil v. 24.9.2019, L 2 R 366/16). Voraussetzung hierfür ist, dass der Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben hat, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen. Notwendig sind daher 2 Elemente:

  • die Langjährigkeit (sog. Bewährungszeitraum) und die
  • Berufserfahrung.
 

Rz. 45

Der Begriff der langjährigen Berufserfahrung ist selbst in seiner Dauer gesetzlich nicht bestimmt. Die erforderliche „langjährige Berufserfahrung“ kann frühestens nach Ablauf der für die entsprechende formale Ausbildung vorgesehenen Zeit angenommen werden; sog. Mindestdauer (BSG, Urteil v. 14.5.2003, B 4 RA 26/02 R in Fortführung der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil v. 10.7.1985, 5a RKn 15/84; Diel, in: Hauck/Noftz, SGB VI, 08/18, § 256b Rz. 30). Diese von der BSG-Rechtsprechung gezogene Grenze ist jedoch lediglich die untere Zeitgrenze. Letztlich ist die Frage, wann eine langjährige Berufserfahrung die Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe rechtfertigt, eine Frage des Einzelfalls (Hess. LSG, Urteil v. 23.5.2003, L 13 RJ 1086/00). Es lassen sich keine tabellenartigen Zeiträume festlegen, wie lange eine langjährige Berufserfahrung andauern muss, damit man von langjährig sprechen kann. Es gilt der Grundsatz je höherwertig die Tätigkeit, desto länger der Bewährungszeitraum. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten neben der Arbeit üblicherweise wesentlich länger als eine gezielte Unterweisung während einer geordneten Ausbildung dauert. Ein solcher Bewährungszeitraum kann aber jedenfalls regelmäßig nach einer vollwertig ausgeübten Tätigkeit angenommen werden, wenn die doppelte Ausbildungszeit erreicht ist (vgl. Hess. LSG, Urteil v. 5.11.2010, L 5 R 395/09; Hess. LSG, Urteil v. 22.7.2014, L 2 R 43/13; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 10.1.1986, L 14 An 180/84; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.8.1988, L 10 An 550/87; die doppelte Ausbildungszeit nimmt auch als Anhaltspunkt Dankelmann, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., Stand: 19.6.2019, § 256b Rz. 56; Diel, in: Hauck/Noftz, SGB VI, 08/18, § 256b Rz. 31); wobei während dieses Zeitraums die qualifizierte Tätigkeit vollwertig ausgeübt worden sein muss.

 

Rz. 46

Die Rentenversicherung hat auf der Grundlage der Rechtsprechung, die regelmäßig von einer Berufsbewährung nach Ablauf der doppelten Zeit der üblichen Ausbildung ausgeht, hierzu eine Tabelle mit Richtwerten aufgestellt (GRA der DRV zu Anlage 13 zum SGB VI, Stand: 5.7.2017, Anm. 2.7), auf die als Orientierungsmaßstab zurückgegriffen werden kann.

 

Rz. 47

 
Qualifikationsgruppe Regelausbildung "vollwertige" Ausübung
4 (Facharbeiter) 3 Jahre 6 Jahre
3 (Meister) 3 Jahre (bis Facharbeiter) plus 1 Jahr (Meisterausbildung)

8 Jahre bzw.

2 Jahre nach Facharbeiter
2 (Fachschulabsolventen) 4 Jahre 8 Jahre
1 (Hochschulabsolventen) 5 Jahre 10 Jahre

Anstelle der oben angegebenen Regelausbildungszeit kann die tatsächlich sonst übliche Ausbildungsdauer zugrunde gelegt werden, wenn sie im Einzelfall bekannt ist.

 

Rz. 48

Entsprechend der individuellen Verhältnisse kann es sowohl zu einer Verkürzung als auch zu einer Verlängerung kommen. Dies ist eine Frage des Einzelfalls; Einfluss nimmt daher alles, was dem Erwerb der erforderlichen qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten für die höherwertige Tätigkeit dienlich ist. Dazu gehören entsprechende schulische oder berufliche Fachausbildungen (einschließlich Anlernzeiten) sowie Weiterbildungsmaßnahmen. Derartige Ausbildungen sind bei der Regelvermutung angemessen zu berücksichtigen; sie verkürzen also den notwendigen Zeitraum. Die Verkürzung der nach der Regelvermutung vorgesehenen Zeitspanne darf nicht zu einem Unterschreiten der vom BSG bestätigten Mindestdauer führen; die erforderliche „langjährige Berufserfahrung“ kann frühestens nach Ablauf der für die entsprechende formale Ausbildung vorgesehenen Zeit angenommen werden (BSG, Urteil v. 14.5.2003, B 4 RA 26/02 R in Fortführung der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung in BSG, Urteil v. 10.7.1985, 5a RKn 15/84).

 

Rz. 49

In Anlehnung an entsprechende Regelungen der ehemaligen DDR (u. a. § 24 Abs. 3 AO über die Facharbeiterprüfung vom 15.5.1986 [GBl. I S. 209]) liegt eine langjährige Berufserfahrung vor, wenn die höherwertige Tätigkeit bei Facharbeitern daher regelmäßig seit mindestens 6 Jahren, bei Fachhochschulabsolventen regelmäßig mindestens 8 Jahren und bei Hochschulabsolventen regelmäßi...

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