Rz. 52

In Satz 1 Nr. 2 ist die Versicherungspflicht für selbstständig tätige Pflegepersonen geregelt. Das BSG hat in einer Leitentscheidung zunächst dem Grundsatz nach klargestellt, dass sich 2 Satz 1 Nr. 2 keine prinzipielle "Anerkennung" selbstständiger Pflegekräfte durch den Gesetzgeber in dem Sinne entnehmen lässt, dass diese Berufsgruppe generell selbstständig tätig wäre (BSG, Urteil v. 7.6.2019, B 12 R 6/18 R, Rz. 17; mit Anm. von Timme, jurisPR-SozR 5/2020 Anm. 2, von Hofmann, SGb 2020 S. 122, von Langner, Weiterdenken – Recht an der Schnittstelle zur Medizin 2020 S. 145 und mit insoweit kritischer Anm. von Plagemann, jM 2020 S. 376).

 

Rz. 53

Soweit eine Pflegeperson nicht selbstständig tätig ist, sondern in einem weisungsabhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, wird letztlich der rentenversicherungsrechtliche Schutzgedanke vorverlagert und die Versicherungspflicht bereits nach § 1 begründet. Die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und weisungsabhängiger Beschäftigung richtet sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Insoweit wird durch die Vorverlagerung des Versicherungsschutzes der Anwendungsbereich der Regelung in Nr. 2 ausdünnt (vgl. hierzu exemplarisch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 13.5.2020, L 9 KR 93/17, das geurteilt hat, dass die regelmäßige Erbringung von ambulanten Pflegeleistungen für einen anderen Vertragspartner als den Patienten i. d. R. als abhängige Beschäftigung aufzufassen ist; mit kritischen Anm. Zieglmeier, NZS 2020 S. 725, der auf den ausgedünnten Anwendungsbereich von Nr. 2 insbesondere auch unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG, Urteil v. 7.6.2019, B 12 R 6/18 R verweist; vgl. insoweit auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.3.2020, L 9 KR 302/16, Rz. 38; für eine Pflegekraft eines ambulanten Pflegedienstes, die in den Betriebsablauf einer stationären Krankenpflege eines Krankenhauses eingegliedert ist).

 

Rz. 54

Die Regelung erfasst die im Bereich der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege tätigen Selbstständigen (vgl. auch BT-Drs. 11/4124 S. 149), wenn sie die nach dem für sie maßgebenden besonderen Berufsgang erforderliche staatliche Prüfung abgelegt haben und eine ihrer Ausbildung entsprechende Berufsbezeichnung (z. B. Krankenschwester, Krankenpfleger, Masseur) führen dürfen.

 

Rz. 55

Masseure, selbstständige Krankengymnasten sowie medizinische Bademeister sind nur dann versicherungspflichtig, wenn sie überwiegend auf ärztliche Verordnung tätig werden (BSG, Urteil v. 30.1.1997, 12 RK 31/96; vgl. auch GRA der DRV zu § 2 SGB VI, Stand 20.9.2018, Anm. 5.2.2). Ärzte, Heilpraktiker, Psychologen, Logopäden sowie Psychotherapeuten unterliegen nicht der Versicherungspflicht gemäß Nr. 2, da sie zwar (teilweise) nach ärztlicher Verordnung, aber (auch) aufgrund eigener Diagnostik und mit eigenständiger Therapie arbeiten (BSG, Urteil v. 12.10.2000, B 12 RA 2/99 R; BSG, SozR 3-6030 Art 2 Nr. 1, SozR 3-6030 Art. 90 Nr. 2 – Ärzte und Heilpraktiker – § 2 Nr. 2 – Heilpädagogen und Logopäden). Der 12. Senat des BSG hat in mehreren Entscheidungen (vgl. BSG, Beschluss v. 22.2.1996, 12 BK 35/95; BSG, Urteil v. 30.1.1997, 12 RK 31/96; BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 9/97 RBSG, Urteil v. 11.11.2003, B 12 RA 2/03 R) den Kreis der versicherungsfreien von den versicherungspflichtigen Heilberufen danach abgegrenzt, ob die heilberuflich Tätigen selbst Heilkunde ausüben oder eine Krankenbehandlung auf Verordnung eines Heilkundigen durchführen (Heilhilfsberufe), und letztere als in der Krankenpflege tätige Pflegepersonen i. S. d. § 2 Satz 1 Nr. 2 eingestuft (vgl. auch Kommentierung zu § 1, Rz. 14 und 15). Selbstständig tätige Logopäden, die keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, sind daher jedenfalls dann versicherungspflichtig in der Rentenversicherung, wenn sie überwiegend aufgrund (vertrags-)ärztlicher Verordnung handeln (BSG, Urteil v. 23.7.2015, B 5 RE 17/14 R).

 

Rz. 56

Von den Pflegepersonen nach Nr. 2 sind die nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen zu unterscheiden, die gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a versicherungspflichtig sind. Die in § 2 genannten Pflegepersonen müssen gerade erwerbsmäßig tätig sein und unterfallen somit auch nicht der Definition gemäß § 19 SGB XI. Nicht nach Nr. 2 versicherungspflichtige Pflegepersonen können aber (möglicherweise) nach Nr. 9 versicherungspflichtig sein.

 

Rz. 57

Ebenso wie der in Nr. 1 genannte Personenkreis unterliegen die Pflegepersonen nur dann der Versicherungspflicht, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Hinsichtlich der durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz erfolgte Änderung wird auf die Komm. unter Rz. 46Kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer verwiesen. Ferner ist eine Meldung beim zuständigen Rentenversicherungsträger erforderlich.

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