Rz. 4

§ 13 Abs. 1 Satz 1 stellt klar, dass der Rentenversicherungsträger vom Grundsatz her allein über "Art, Dauer, Beginn, Umfang und Durchführung" der von ihm zu gewährenden Leistungen (Übersicht: vgl. Rz. 2) bestimmen kann. Außerdem obliegt ihm allein die Auswahl der Rehabilitationseinrichtung.

Das Bestimmungsrecht des § 13 soll dem Rentenversicherungsträger die Möglichkeit geben, bei der Bewilligung von Rehabilitations- bzw. Teilhabeleistungen von starren Regelungen über die Art und Dauer von Teilhabeleistungen abzugehen und sich hinsichtlich der Ausgestaltung der Leistungen an den individuellen Erfordernissen des Einzelfalles auszurichten. Das bedeutet in der Praxis:

  • Der Teilhabebedarf ist vor der Leistungsentscheidung umfassend zu prüfen. Diese Prüfung beinhaltet auch die Frage, ob die ausgewählten Leistungen zur Teilhabe zur Erreichung der in den §§ 1 und 4 SGB IX aufgeführten Ziele voraussichtlich erfolgreich sein werden (§ 7 Abs. 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 und 2 SGB IX sowie § 10 SGB IX).
  • Die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs hat nach § 7 Abs. 2 i. V. m. § 13 SGB IX zu erfolgen. Nach den Ergebnissen dieser Ermittlung sind die passgenauen Leistungen auszurichten.
  • Die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Teilhabeleistungen sind unter Berücksichtigung des Teilhabeziels (§ 10 SGB VI unter Beachtung der §§ 1 und 4 Abs. 1 SGB IX) so vollständig und umfassend zu erbringen, dass Leistungen eines anderen Rehabilitationsträgers nicht erforderlich werden (vgl. auch § 4 Abs. 2 SGB IX). Dabei bezieht sich das Leistungsspektrum nur auf die in §§ 14 bis 17 SGB VI und § 31 Abs. 1 SGB VI aufgeführten Vorschriften; Leistungen, die die Rentenversicherung von ihrem Leistungsspektrum her nicht kennt, braucht sie allerdings nicht zu erbringen.
  • Bei seiner Entscheidung hat der Träger der Rentenversicherung insbesondere

    • die ärztlichen Voten,
    • den Gesundheitszustand des Betroffenen (Rehabilitations-/Teilhabehabefähigkeit und -bedürftigkeit),
    • die Erfolgsaussichten der in Betracht kommenden Maßnahmen sowie
    • die Motivation (bei fehlender Motivation keine Teilhabeleistung, da Rehabilitationsziel gefährdet) und die Mitwirkungsmöglichkeiten des Antragstellers

 zu berücksichtigen.

  • Bei der Ausgestaltung der Teilhabeleistungen sind die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten, sein Bedarf, seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse und sonstigen Kontextfaktoren (z. B. allein lebend, die Wohnung ist nur über viele Treppen zu erreichen etc.) entsprechend zu würdigen (ICF; vgl. Komm. zu § 2 Abs. 1 SGB IX). Außerdem sind bei der Leistungsentscheidung die berechtigten Wünsche des jeweiligen leistungsberechtigten Versicherten (z. B. Wunsch einer rehabilitationsbedürftigen, alleinerziehenden Mutter nach der Mitaufnahme des Kleinkindes in die Reha-Einrichtung) sowie dessen persönliche und familiäre Lebenssituation in angemessener Form zu berücksichtigen (§ 33 SGB I; § 8 Abs. 1 SGB IX).
  • Vor der Entscheidung über die Leistung ist zu prüfen,

    • ob die Krankenbehandlung zulasten der Krankenkasse ausreicht, um die Erwerbsfähigkeit des Versicherten wieder herzustellen; wenn allerdings die Leistungen der Krankenversicherung voraussichtlich nicht ausreichen, ist mit den Leistungen der Rentenversicherung nicht so lange zu warten, bis die Leistungen der Krankenbehandlung ausgeschöpft sind (vgl. § 28 Abs. 2 SGB IX) und
    • ob dem Antragsteller empfohlen werden kann, durch eigene Initiativen (Teilnahme an Selbsthilfegruppen, sportliche Betätigung, Minimierung des Körpergewichts, Änderung der Lebensführung) das Rehabilitations-/Teilhabeziel zu erreichen. Ggf. sind diese Initiativen einzufordern.
  • Bei der Auswahl sind die Grundsätze der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen (§ 69 SGB IV, § 28 Abs. 1 SGB IX; vgl. auch Rz. 11 ff.).
  • Bei der Kinderrehabilitation sind die besonderen Situationen von Kindern zu berücksichtigen (Näheres: vgl. § 4 Abs. 3 SGB IX).
  • Erkennt der Rentenversicherungsträger die Notwendigkeit einer Teilhabeleistung an, hat er darauf zu achten, dass möglichst keine unangemessenen Wartezeiten bis zur Aufnahme in die Rehabilitationseinrichtung entstehen. Ggf. ist dann eine andere Rehabilitationseinrichtung mit der Durchführung der Teilhabeleistung zu beauftragen. Bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ist nach Ansicht des Autors eine Wartezeit von 3 Wochen und länger unangemessen – zumindest, wenn der Versicherte wegen Arbeitsunfähigkeit an der Ausübung seiner Beschäftigung/Tätigkeit gehindert ist.
  • Beantragt der Versicherte die Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets (§ 29 SGB IX), hat der Rentenversicherungsträger den Versicherten über die Folgen aufzuklären und bei weiterbestehendem Wunsch des Versicherten dieses unter Berücksichtigung des gesetzlichen Rahmens zu gewähren.
  • Ist neben dem Rentenversicherungsträger noch mindestens ein anderer Rehabilitationsträger beteiligt (z. B. Krankenkasse oder Sozialhilfeträger bei Nachfolgeleistungen), hat der Rentenversicherungsträger dafür zu sorgen, dass die Le...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge