Rz. 4

Die Vorschrift legt in Abs. 2 einen neuen Grundsatz bezüglich der Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit fest. Während bis zum 31.12.2000 Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundsätzlich als Dauerrenten gewährt wurden und nur unter bestimmten engen Voraussetzungen eine zeitliche Befristung möglich war, bestimmt Abs. 2 nun, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundsätzlich als Zeitrenten zu leisten sind. Damit wird das früher gültige Prinzip umgekehrt. Durch diese Regelung soll dem Versicherten in stärkerem Maße als bisher deutlich gemacht werden, dass der Rentenbezug von seinem gesundheitlichen Zustand abhängig ist und eine regelmäßige Überprüfung erfolgen wird. Für den Rentenversicherungsträger wird die Überprüfung vereinfacht, da er allein das Bestehen oder Nichtbestehen der Erwerbsminderung und nicht mehr zur Beendigung des Rentenbezuges bei der Gewährung einer Dauerrente wegen Erwerbsunfähigkeit auch eine wesentliche Änderung festzustellen hat (vgl. zur betrieblichen Invaliditätsversicherung: LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 30.7.2020, 4 Sa 123/20; LAG München, Urteil v. 29.5.2020, 3 Sa 10/20).

 

Rz. 5

Eine Dauerrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit kann nur gewährt werden, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Leistungsminderung behoben werden kann. "Unwahrscheinlich" ist dahingehend auszulegen, dass schwerwiegende medizinische Gründe gegen eine Besserungsaussicht sprechen, also ein Dauerzustand vorliegt. Im Zeitpunkt der Rentenbewilligung ist dies prognostisch zu entscheiden (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.6.2020, L 9 R 1194/19). Dies ist erst dann der Fall, wenn alle Behandlungsmöglichkeiten – auch nicht duldungspflichtige Operationen (BSG, SozR 4 – 2600 § 102 Nr. 2) – ausgeschöpft sind. Es ist also nicht mehr auf "zumutbare Behandlungen" abzustellen (so noch BSG, SozR 2200 § 1276 Nr. 4). Hier wird die Umkehrung des bisherigen Grundsatzes konsequent durchgeführt. Soweit die Auffassung vertreten wird, bei der Entscheidung über eine Dauerrente sei auch das Meistbegünstigungsprinzip zu berücksichtigen (Kador, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, § 102 Rz. 15.1), ist dies grundlegend abzulehnen, da damit der gesetzgeberische Wille umgangen wird. Jedoch bleibt es bei der auch vor dem 1.1.2001 geltenden Regelung, dass eine Dauerrentengewährung nur dann in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängen. Der Gesetzgeber geht also weiterhin davon aus, dass eine sich auf die Erwerbsmöglichkeiten eines leistungsgeminderten Versicherten auswirkende Verbesserung der Arbeitsmarktlage nicht unwahrscheinlich ist.

 

Rz. 6

Der Gesetzgeber legt einen generellen Zeitraum für die Befristung von 3 Jahren fest. Der Lauf der Frist beginnt mit dem sich aus § 101 ergebenden Rentenbeginn. Damit übernimmt er die früher als Maximalfrist genannte Zeit, die aber in der Praxis der Rentenversicherungsträger quasi den Normalfall darstellte. Wie bereits im bis zum 31.12.2000 geltenden Recht ist eine Wiederholung der Befristung möglich, wobei die Gesamtdauer der Befristung von früher 6 Jahren auf nunmehr 9 Jahre angehoben wurde, da nach Ablauf dieser Frist (9 Jahre) davon auszugehen ist, dass die (nicht arbeitsmarktlagebedingte) Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr behoben werden kann. Die Dauer der Befristung ist genau zu benennen. Fehlt es daran, ist eine unbefristete Rente bewilligt worden.

 

Rz. 6a

Diese Grundsätze gelten auch bei großen Witwen-/Witwerrenten sowie Renten an vor dem 1.7.1977 geschiedene Ehegatten.

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