Rz. 12

Ziel der rentenversicherungsspezifischen Rehabilitations-/Teilhabeleistungen ist, die drohenden oder bereits manifesten Beeinträchtigungen der Teilhabe im beruflichen Leben durch frühzeitige Einleitung von Rehabilitationsleistungen abzuwenden, zu beseitigen, zu bessern oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Der Rehabilitand soll durch die Rehabilitation (wieder) befähigt werden, eine Erwerbstätigkeit oder bestimmte Aktivitäten des täglichen Lebens möglichst in der Art und in dem Ausmaß auszuüben, die für diesen Menschen als "normal" (für seinen persönlichen Lebenskontext typisch) erachtet werden. Abzustellen ist dabei auf die berufstypischen Anforderungen des Berufs bzw. des innehabenden Arbeitsplatzes (BSG, Urteil v. 17.10.2006, B 5RJ 15/05 R).

Die Rehabilitationsaufgabe des Rentenversicherungsträgers erschöpft sich dabei nicht in der Erbringung von Leistungen, die abstrakt die Erwerbsfähigkeit verbessern; sie endet erst, wenn der Versicherte wieder in das Arbeitsleben eingegliedert ist, d. h. einen Arbeitsplatz gefunden hat (BSG, Urteil v 16.6.1994, 13 RJ 79/39). Deshalb gliedert sich die "Rehabilitation" des erwerbsgeminderten Versicherten in 2 Stufen: Die erste ist das Bemühen um Verbesserung der Fähigkeiten und Qualifikationen, damit der Versicherte seine bisherige oder eine andere angemessene Tätigkeit ausüben kann. Die 2. Stufe umfasst – nach Abschluss der Verbesserung der Erwerbsfähigkeit – die Unterbringung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – und zwar je nach Bedarf gestützt durch Einarbeitungszuschüsse oder andere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Aussicht auf Erfolg haben die medizinische Rehabilitationsleistungen und die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben des Rentenversicherungsträgers nur, wenn durch die Teilhabeleistungen voraussichtlich

  • eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit (= die zu erwartenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen innerhalb von 3 Jahren) abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) oder
  • die Erwerbsfähigkeit bei bereits eingetretener Erwerbsminderung

    • wesentlich gebessert werden kann (= nicht nur geringfügige oder nicht nur kurzzeitige Steigerung der durch gesundheitliche Beeinträchtigungen geminderten Leistungsfähigkeit des Versicherten im Erwerbsleben; diese Voraussetzung liegt i. d. R. nicht vor, wenn nur eine Linderung des Leidens oder eine sonstige Erleichterung in den Lebensumständen erreicht wird, ohne dass die Erwerbsminderung beseitigt wird; Besonderheit bei in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigten Arbeitnehmer: vgl. Rz. 3b) oder
    • wiederhergestellt werden kann (wenn die durch gesundheitliche Beeinträchtigungen geminderte Leistungsfähigkeit nicht nur geringfügig und nicht nur kurzzeitig ausreichend behoben werden kann)

    (§ 10 Abs. 1 Nr. 2b) oder

  • der Arbeitsplatz trotz vorliegender dauernder teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16) erhalten bleiben kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c). Die Regelung bewirkt, dass der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (nicht dagegen: Leistungen zur medizinischen Rehabilitation) auch dann bewilligen kann, wenn hierdurch der bisherige, ggf. zu einem Teilzeitarbeitsplatz umgestellte Arbeitsplatz erhalten bleiben kann. Dieses verhindert möglicherweise nicht die Zahlung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wohl aber die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

    Der Arbeitsplatz ist jene Stelle im Betrieb, einer Verwaltung oder einer Organisation, an welcher ein abhängig Beschäftigter seine im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschuldete Tätigkeit erbringt. Der Begriff des Arbeitsplatzes ist nicht auf einen festen Ort innerhalb eines Betriebes (z. B. spezieller Schreibtisch, spezielle Werkbank etc.) begrenzt. Auch bei einer innerbetrieblichen Veränderung der geschuldeten Tätigkeit (Umsetzung innerhalb des Betriebs auf einen adäquaten Arbeitsplatz oder Verminderung der Arbeitszeit) kann der Arbeitsplatz i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c erhalten bleiben. Diese Voraussetzung ist aufgrund des ab dem 14.12.2016 in Kraft getretenen Flexirentengesetzes (vgl. Rz. 1) erfüllt, wenn anstelle des bisherigen Arbeitsplatzes ein anderer, neuer Arbeitsplatz in Aussicht steht und die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist. Gefordert wird allerdings, dass der bisherige oder neue Arbeitgeber nach Möglichkeit schriftlich gegenüber dem Rentenversicherungsträger erklärt, dass der Versicherte nach Durchführung der LTA-Leistung auf diesem neuen Arbeitsplatz mit einem mehr als geringfügigen Entgelt eingesetzt wird.

 

Rz. 13

Die Beurteilung, ob die Teilhabeleistungen voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben, ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Rehabilitationsantrag zu treffen. Treten nach der Antragstellung Ereignisse ein, die das Erreichen des angedachten Teilhabeziels infrage stellen (z. B. plö...

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