Jansen, SGB VI § 10 Persönliche Voraussetzungen / 2.2 Begriff der "erheblichen Gefährdung" der Erwerbsfähigkeit

Rz. 9

Bei einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit hat ein Versicherter nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a die persönlichen Voraussetzungen des § 10 nur erfüllt, wenn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann. Bezüglich des Begriffs der Erwerbsfähigkeit wird auf die Komm. zu Rz. 4 ff. verwiesen.

Die Erwerbsfähigkeit ist erheblich gefährdet, wenn – ohne Teilhabeleistungen – nach ärztlicher Feststellung Grund zur Annahme besteht, dass durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die damit verbundenen Funktionseinschränkungen innerhalb eines Zeitraumes von bis zu 3 Jahren mit einer Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu rechnen ist (vgl. Mitteilungen der LVA Oberfranken und Mittelfranken, 1995 S. 264; vgl. auch DRV 1996 S. 109 und die unter Rz. 3a erwähnten Auslegungsgrundsätze der Rentenversicherungsträger zu den persönlichen und versicherungsrechtlichen Leistungen zur Teilhabe und zur Mitwirkung der Versicherten i. d. F. v. 18.7.2002). Bei dem Zeitraum von bis zu 3 Jahren erfolgt eine Orientierung an der absehbaren Zeit, wie sie sich aus § 102 Abs. 2 Satz 2 ergibt.

Die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit kann bei progredient verlaufenden Krankheiten auch bereits im Frühstadium bestehen. Es wird nicht gefordert, dass die Erkrankung bereits konkrete Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit hat.

Dass der Eintritt einer Erwerbsminderung nur im Bereich des Möglichen, aber nicht im Bereich des Wahrscheinlichen ist, reicht für die Annahme einer "erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit" nicht aus.

Ist eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits eingetreten, kann § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a nicht mehr angewandt werden; es sind dann die Leistungsvoraussetzungen der Buchst. b oder c zu prüfen (BSG, Urteil v. 11.5.2011, B 5 R 54/10 R).