0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 83 ist zusammen mit den übrigen Vorschriften des SGB IV mit Wirkung zum 1.1.1977 in Kraft getreten. Abs. 1 Nr. 1 wurde durch Art. 2 VII Börsenzulassungs-G v. 16.12.1986 (BGBl. I S. 2478) mit Wirkung zum 1.5.1987 an Änderungen des Börsengesetzes angepasst. Die Vorschrift wurde vollständig neugefasst mit Wirkung zum 18.6.1994 durch Art. 2 Nr. 15 des 2. SGBÄndG v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) zur Anpassung an den modernen Kapital- und EG-Binnen-Markt (vgl. BT-Drs. 12/5187 S. 31). Abs. 1 Nr. 5 und 8 wurden schließlich geändert und Abs. 4 angefügt mit Wirkung zum 15.8.2003 durch Art. 1 Nr. 11 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (Zweites SGB IV-ÄndG) v. 10.8.2003 (BGBl. I S. 1600).

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt für die Rücklage einen verbindlichen Katalog der zulässigen Anlagemöglichkeiten. Sie verweist jedoch zugleich ausdrücklich darauf, dass abweichende Regelungen der einzelnen Versicherungszweige vorrangig sind, soweit die Anlage den jeweiligen Liquiditätserfordernissen entspricht. Für die Krankenversicherung ist § 261 Abs. 6 SGB V, für die Rentenversicherung § 217 Abs. 1 SGB VI, für die Pflegeversicherung § 64 Abs. 5 SGB XI, für die Unfallversicherung § 172a Abs. 1 SGB VII und für die Bundesagentur für Arbeit § 366 Abs. 3 SGB III zu beachten.

Darüber hinaus ermöglicht § 86 (vgl. Komm. dort) in begründeten Einzelfällen eine Anlage in Abweichung von § 83, wenn eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorliegt.

§ 83 erfasst nur die Rücklage, nicht hingegen die Betriebsmittel und auch nicht das hiervon getrennte Verwaltungsvermögen (zum Streitstand über die Zuordnung in der Arbeitslosenversicherung und in der Unfallversicherung bis 31.12.2009, vgl. Engelhardt, in: jurisPK-SGB IV, § 83 Rz. 9 und § 82 Rz. 46 m. w. N.).

2 Rechtspraxis

2.1 Anlageformen (Abs. 1)

 

Rz. 3

Die Beschränkung auf den Anlagekatalog des § 83 Abs. 1 ist bereits Ausdruck einer Abwägung der von der Grundnorm des § 80 geforderten Sicherheit, Rentabilität und Liquidität. Die Tatsache, dass diese Anlageziele im Rahmen der zugelassenen Anlageformen unterschiedlich gewichtet sind, eröffnet dem Versicherungsträger einen hinreichenden Ermessensspielraum bei seiner Auswahl (Breitkreuz, in: Winkler, LPK-SGB IV, § 83 Rz. 2 m. w. N.).

2.1.1 Schuldverschreibungen (Nr. 1)

 

Rz. 4

Nr. 1 erlaubt die Anlage in Schuldverschreibungen. Hierbei handelt es sich um Urkunden, die ein Leistungsversprechen des Ausstellers, meist Zahlung einer bestimmten Geldschuld nebst laufender Zinsen, verbriefen; sie gehören zu den Inhaberpapieren i. S. d. §§ 793 ff. BGB und dienen der Deckung eines größeren Bedarfs an Fremdmitteln. Als Emittenten kommen staatliche Stellen, Banken oder auch Industrieunternehmen in Betracht. Erfasst werden daher etwa Staats- und Kommunalobligationen, Industrieobligationen, Bundesanleihen und Pfandbriefe der Hypothekenbanken. Voraussetzung ist allerdings, dass die Schuldverschreibungen von Ausstellern mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften stammen und an einer Börse in der Europäischen Gemeinschaft zum amtlichen Handel oder einem anerkannten Zweitmarkt mit ordnungsgemäßer Funktionsweise zugelassen sind (§ 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1). Hängt die Zulassung zum amtlichen Handel an der Börse oder zur Einbeziehung in den organisierten Markt von einer Antragstellung ab, dürfen Schuldverschreibungen auch erworben werden, wenn die Zulassung in den amtlichen Handel an der Börse oder ihre Einbeziehung in einen organisierten Markt innerhalb eines Jahres nach ihrer Ausgabe erfolgt (§ 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2).

2.1.2 Schuldverschreibungen und sonstige Gläubigerrechte besonderer Bonität (Nr. 2)

 

Rz. 5

Ebenfalls gestattet ist die Anlage in andere als die bereits unter Nr. 1 genannten Schuldverschreibungen und sonstige Gläubigerrechte verbriefende Wertpapiere (Borrmann, WzS 2017 S. 78). Voraussetzung ist, dass für die Einlösung der Forderung eine öffentlich-rechtliche Gewährleistung (z. B. Bürgschaft einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft) besteht, eine Sicherungseinrichtung der Kreditwirtschaft (vgl. hierzu das EinSiG v. 28.5.2015, BGBl. I S. 1693 und das Rundschreiben des BAS v. 4.4.2019 zu den Sicherungseinrichtungen der Kreditwirtschaft, a. a. O.) für die Einlösung der Forderung eintritt oder kraft Gesetzes eine besondere Deckungsmasse (so z. B. bei Pfandbriefen, § 4 PfandBG) besteht.

2.1.3 Schuldbuchforderungen (Nr. 3)

 

Rz. 6

Von den zur Anlegung zugelassenen Schuldbuchforderungen erfasst sind Darlehensforderungen gegen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft auf dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaften, die statt durch Ausstellung von Wertpapieren lediglich als Buchschuld durch Eintragung in ein Schuldbuch beurkundet sind.

2.1.4 Forderungen aus Darlehen und Einlagen (Nr. 4)

 

Rz. 7

Zulässig ist überdies die Anlage in Forderungen aus Darlehen und Einlagen. Beiden Anlageformen ist gemein, dass neben der Rückzahlung des geschuldeten Geldbetrages i. d. R. auch eine Zinszahlung vereinbart ist. Als Darlehen (vgl. § 488 BGB) kommen insbesondere Schuldscheindarlehen in Betracht. Einlagen sind zum einen Geldverwahrungen bei Banken zum Zwecke der Erzielung eines Ertrages (Sicht-, Termin- und Spareinlagen) oder aber Beiträge in Geld oder anderen Vermögenswerten zur ...

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