Rz. 13

Die geringfügig entlohnten Beschäftigten sind an sich gehalten, ihren Arbeitgeber über weitere – sowohl geringfügig entlohnte als auch nicht geringfügig entlohnte – Beschäftigungsverhältnisse zu informieren, damit die dann erforderlichen Meldungen an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Einzugsstelle (sog. Minijob-Zentrale) und bei Versicherungspflicht an die gewählte Krankenkasse erstattet werden können. Wenn jedoch der Arbeitgeber über die weitere geringfügig entlohnte Beschäftigung nicht informiert wird, können auch die erforderlichen Meldungen nicht erstattet werden. Wird bei der Zusammenrechnung des Arbeitsentgelts von mehreren geringfügig entlohnten Beschäftigungen im Nachhinein festgestellt, dass die Geringfügigkeitsgrenze regelmäßig überschritten wird und damit die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nicht mehr vorliegen, tritt die Sozialversicherungspflicht nach Abs. 2 Satz 3 erst mit dem Tag der Bekanntgabe der Feststellung durch die Einzugsstelle oder einen Träger der Rentenversicherung ein. Damit soll vermieden werden, dass Arbeitgeber infolge der Unkenntnis einer weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigung ihres Arbeitnehmers rückwirkend mit Sozialversicherungsbeiträgen belastet werden. Es bleibt dann für die Vergangenheit bei den Rentenversicherungs- und Pauschalbeiträgen (vgl. Rz. 26 ff.).

Wenn die Träger der Rentenversicherung – insbesondere bei einer Betriebsprüfung – feststellen, dass geringfügig entlohnte Beschäftigungen infolge einer Zusammenrechnung des Arbeitsentgelts aus allen ausgeübten Beschäftigungen versicherungspflichtig sind, die Beschäftigung jedoch überhaupt nicht oder als versicherungsfrei gemeldet worden ist, teilen sie dieses mit den notwendigen Daten der Einzugsstelle mit.

 
Praxis-Beispiel

Eine Frau ist seit Jahren bei Arbeitgeber A mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 300,00 EUR an 3 Vormittagen in der Woche als geringfügig entlohnte Beschäftigte angestellt. Am 1.11.2022 nimmt sie bei Arbeitgeber B eine weitere Beschäftigung an 2 Nachmittagen in der Woche mit je 3 Stunden und einem monatlichen Arbeitsentgelt von 280,00 EUR auf. Beide Arbeitgeber wissen nicht von der anderen Beschäftigung und gehen daher davon aus, dass die jeweilige Beschäftigung wegen Geringfügigkeit des Arbeitsentgelts sozialversicherungsfrei ist. Im August 2023 stellt der Prüfer eines Rentenversicherungsträgers anlässlich einer Betriebsprüfung bei Arbeitgeber A fest, dass die Angestellte noch eine weitere geringfügig entlohnte Beschäftigung bei Arbeitgeber B ausübt. Daraufhin teilt der Prüfer seine Feststellungen der Einzugsstelle und den beteiligten Arbeitgebern mit. Beide Arbeitgeber haben bis zur Bekanntgabe der Feststellung der Sozialversicherungspflicht Rentenversicherungs- und Pauschalbeiträge (vgl. Rz. 26 ff.) und ab diesem Zeitpunkt die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Arbeitsförderung zu zahlen. Der Arbeitnehmeranteil der Beiträge wird nach den Regeln für Beschäftigte im Übergangsbereich ermittelt (vgl. § 20 Abs. 2).

 

Rz. 13a

Nach der zum 1.1.2011 vorgenommenen Änderung der Beitragsverfahrensverordnung (BVV) hat der Arbeitgeber nach § 8 Abs. 2 Nr. 7 BVV

  • die Erklärung des kurzfristig geringfügigen Beschäftigten über weitere kurzfristige Beschäftigungen im Kalenderjahr oder die Erklärung des geringfügig entlohnten Beschäftigten über weitere Beschäftigungen sowie in beiden Fällen die Bestätigung, dass die Aufnahme weiterer Beschäftigungen dem Arbeitgeber anzuzeigen sind,

zu den aufzubewahrenden Personalunterlagen zu nehmen.

 

Rz. 13b

Die vorstehend aufgezeigte "Amnestieregelung" gilt nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung aufzuklären, § 8 Abs. 2 Satz 4 (vgl. hierzu z. B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 22.2.2018, L 10 R 2524/17). Vorsatz ist das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Beteiligten die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders grobem Maße verletzt haben, also einfachste, jedem einleuchtende Überlegungen nicht angestellt wurden. Von einem Vorsatz ist z. B. dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber Hinweise des Beschäftigten oder anderer Personen, die zwangsläufig zu einer anderen versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung hätten führen müssen, bewusst ignoriert hat. Vorsätzlich werden Sozialversicherungsbeiträge schon dann vorenthalten, wenn der Beitragsschuldner die Beitragspflicht für möglich hielt, die Nichtabführung des Beitrags aber billigend in Kauf nahm. Grobe Fahrlässigkeit liegt z. B. dann vor, wenn der Arbeitgeber nichts unternommen hat, um den Sachverhalt zu ermitteln. In diesem Zusammenhang sind die in § 28o Abs. 1 normierten Mitteilungspflichten des Beschäftigten zu berücksichtigen, bei deren Verletzung § 28g Abs. 4 dem Arbeitgeber zusätzlich eine erweiterte Möglichkeit des nachträglichen Beitragseinbehalts verschafft.

 

Rz. 13c

Die Sozialversicherungsträge...

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