Rz. 5

Bei einem Verstoß gegen die Pflichten nach Abs. 1 gilt Abs. 2, wonach der prüfende Träger der Rentenversicherung insbesondere einen Summenbescheid erlassen kann. Eine schuldhafte Verletzung der Aufzeichnungspflichten ist nicht erforderlich (BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R). Voraussetzung ist, dass die Summe der gezahlten Arbeitsentgelte ermittelt werden kann, nicht aber die auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Arbeitsentgelte. Sind dem Rentenversicherungsträger die entsprechenden Feststellungen zuzumuten, darf kein Summenbescheid erlassen werden. Die Entscheidung, wegen des unzumutbaren Ermittlungsaufwands einen Summenbescheid zu erlassen, unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Maßstab ist die Gesamtwürdigung des zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens feststehenden Sachverhalts (BSG, Urteil v. 7.2.2002, B 12 KR 12/01 R).

Nach Abs. 2 ist der prüfende Träger der Rentenversicherung zur Geltendmachung von Beiträgen aus der Summe der gezahlten Arbeitsentgelte berechtigt, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten nach § 8 BVV verletzt hat und daher die Versicherungs- und Beitragspflicht im Einzelfall nicht festgestellt werden kann. Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen schließt die Anwendung des Abs. 2 nicht aus.

Ist aufgrund der Verletzung von Aufzeichnungspflichten nicht einmal die Summe des insgesamt gezahlten Arbeitsentgelts feststellbar, so kann der prüfende Rentenversicherungsträger unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 3 und 4 und unter Berücksichtigung ortsüblicher Arbeitsentgelte (z. B. ortsüblicher Tariflohn, tarifliche Arbeitszeit sowie in der jeweiligen Branche üblicherweise geleistete Überstunden von gleichartigen Arbeitnehmern) eine Schätzung des Arbeitsentgelts vornehmen. Die Schätzung kann sich auch am Umsatz des Arbeitgebers orientieren. Zu beachten ist auch § 14 Abs. 2 Satz 2, der seit dem 1.8.2002 im Falle einer illegalen Beschäftigung (Definition in § 1 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) die Vereinbarung eines Nettoarbeitsentgelts fingiert.

Hat ein Arbeitgeber durch Verletzung der ihm obliegenden Aufzeichnungspflicht vereitelt, dass die Einzugsstelle die für die versicherungsrechtliche Beurteilung sowie für die Beitragserrechnung erforderlichen Tatbestände erfährt und bestreitet der Arbeitgeber die Versicherungs- und Beitragspflicht der bei ihm Beschäftigten bzw. die Höhe der geltend gemachten Beiträge, dann obliegt die Beweislast nicht dem Träger der Rentenversicherung, sondern dem Arbeitgeber (Umkehr der Beweislast). Der Träger der Rentenversicherung hat einen aufgrund der vorstehend aufgezeigten Möglichkeiten ergangenen Summenbescheid i. S. d. Abs. 2 Satz 5 teilweise zu widerrufen, wenn nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen wird. Es wird also nicht der gesamte Summenbeitragsbescheid aufgehoben, sondern nur der Teil, der die Arbeitnehmer betrifft, für die entsprechende Feststellungen nachgeholt werden können. Gezahlte Beiträge und Forderungen werden dann i. S. d. Abs. 2 Satz 6 verrechnet.

Eine Sparkasse mit 400 Beschäftigten hatte ihren Mitarbeitern Sonderkonditionen im Giroverkehr eingeräumt. Dazu gehörten die kostenfreie Führung von Girokonten und der Verzicht auf Gebühren für Scheckkarten und Scheckhefte. Das Finanzamt sah die geldwerten Vorteile dieser Vergünstigungen als lohnsteuerpflichtig an. Die Sparkasse entrichtete eine Pauschalsteuer nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Von den Vergünstigungen erfuhr der Rentenversicherungsträger bei einer Prüfung der Sparkasse nach § 28p. Sie setzte daraufhin für 2 Jahre in einem Summenbescheid nach Abs. 2 aufgrund einer Entgeltsumme von 19.000,00 DM Gesamtsozialversicherungsbeiträge von 7.500,00 DM fest. Der Widerspruch der Sparkasse blieb erfolglos. Das BSG bestätigte mit vorgenanntem Urteil v. 7.2.2002 die Auffassung des Rentenversicherungsträgers. Der Rentenversicherungsträger durfte unter den hier vorliegenden Verhältnissen (größere Zahl von Beschäftigten, niedrige Entgeltsumme und niedrige Beiträge für jeden betroffenen Beschäftigten) einen Summenbescheid i. S. d. Abs. 2 erlassen. Die Sparkasse hat den Erlass eines Summenbescheides bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht beanstandet. Im Prozess hat sich nicht ergeben, dass der Summenbescheid im Zeitpunkt seines Erlasses oder bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens (Widerspruchsbescheid) unverhältnismäßig i. S. d. Abs. 2 Satz 2 war. Wenn unter diesen Umständen erstmals im Prozess die Möglichkeit einer personenbezogenen Beitragsbemessung für einzelne Beschäftigte geltend gemacht wird, so ist deswegen nicht der Summenbescheid aufzuheben, sondern es kann vom Arbeitgeber oder Beschäftigten nur ein Verwaltungsverfahren zum (teilweisen) Widerruf des Summenbescheides nach Abs. 2 Satz 5 eingeleitet werden.

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