Rz. 4

Wenn zu Unrecht entrichtete Beiträge oder Umlagen zu erstatten sind, ergibt sich daraus zunächst kein Anspruch auf Erstattung des Zinsverlustes. Eine etwaige Verzinsungspflicht ist nicht vom Verschulden des Versicherungsträgers abhängig, sondern richtet sich ausschließlich nach dem Zeitablauf. Durch die Verzinsung sollen die Erstattungsberechtigten vor Nachteilen bewahrt werden, die ihnen durch überlange Bearbeitungszeiten entstehen können. Dabei stehen die Zinsen demjenigen zu, der Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen hat.

Diese Vorschrift ist auf Erstattung von Beiträgen nach § 26 ausgerichtet. Sie ist daher keine Rechtsgrundlage für eine Verzinsung des Anspruchs auf Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge. Auch bei einem Beratungsmangel besteht bei Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge nach dem Urteil des BSG v. 24.3.1983 (1 RJ 92/81) kein Anspruch auf Verzinsung des Erstattungsbetrages.

Voraussetzung für die Verzinsung des Erstattungsanspruchs ist ein vollständiger Erstattungsantrag, der an die zuständige Stelle, i. d. R. die Einzugsstelle zu richten ist (vgl. zu den Zuständigkeitsvereinbarungen die "Gemeinsamen Grundsätze für die Auf- bzw. Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung" i. d. F. v. 20.11.2019). Aus dem Urteil des BSG v. 16.4.1985 (12 RK 19/83) ergibt sich, dass in einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid oder in einer unter Vorbehalt erfolgten, unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung zugleich ein vollständiger Erstattungsantrag enthalten ist; das gilt selbst dann, wenn die Beiträge zu dieser Zeit noch nicht entrichtet waren. Der zu unterstellende Erstattungsantrag wirkt dann für später entrichtete Beiträge fort.

Den zuvor aufgezeigten Grundsatz hat das BSG mit Urteil v. 26.6.1986 (7 RAr 121/84) noch einmal ausdrücklich bestätigt. Danach handelt es sich bei einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid auch dann um einen "vollständigen" Erstattungsantrag i. S. d. § 27 Abs. 1, wenn sich die Höhe der Erstattung erst aufgrund eines nach dem Widerspruch geschlossenen Vergleichs ergibt. Ein Vergleich schließt die Verzinsung des Erstattungsanspruchs jedenfalls dann nicht aus, wenn sie nicht Gegenstand des Vergleichs ist. Eine Verzinsung der zu erstattenden Beiträge für die Zeit, die diese Beiträge dem Sozialversicherungsträger zur Verfügung standen, ist nicht vorgesehen. Die Verzinsung beginnt auch bei Erstattung von Beiträgen für mehrere Jahre nach dem Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen v. 11.2.1993 (L 9 Ar 109/92) frühestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eingang des vollständigen Erstattungsantrages (vgl. Rz. 6). Ein – durch ex-tunc wirkende Beseitigung der Beitragspflicht – rückwirkender Erstattungsanspruch ist auch rückwirkend zu verzinsen, soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen (BSG, Urteil v. 7.9.2017, B 10 LW 1/16 R).

 

Rz. 5

Der Erstattungsanspruch ist insoweit mit 4 % zu verzinsen, als nach Ablauf eines Monats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrages die Erstattung noch nicht durchgeführt wurde.

Eine Verzinsung überzahlter Beiträge kommt nicht in Betracht, wenn diese im Rahmen der gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vom Arbeitgeber verrechnet werden (vgl. § 28).

Beanstandet der Rentenversicherungsträger zu Unrecht gezahlte Beiträge und beantragt der Versicherte nach § 202 Satz 1 SGB VI, die zu Unrecht entrichteten Beiträge in freiwillige Beiträge umzuwandeln, besteht kein Anspruch auf Verzinsung der umgewandelten Pflichtbeiträge in freiwillige Beiträge.

2.1.1 Beginn und Ende der Verzinsung

 

Rz. 6

Für den Beginn der Verzinsung ist entscheidend, ob ein Antrag auf Erstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen gestellt wurde oder ob die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge von Amts wegen vorgenommen wurde.

Bei einem Antrag auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge beginnt die Verzinsung des Erstattungsanspruchs nach Ablauf des ersten vollen Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Antrages auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge bei der Einzugsstelle (z. B. Eingang des Antrages 5. Oktober; Beginn der Verzinsung 1. Dezember). Dieser Zeitpunkt bleibt auch dann maßgebend, wenn die Einzugsstelle den Antrag hinsichtlich der zurückgeforderten Beiträge zur Rentenversicherung und/oder zur Arbeitslosenversicherung nicht bearbeiten kann und insoweit an die zuständigen Stellen (Rentenversicherungsträger und Bundesagentur für Arbeit) weiterleitet. Ist der Antrag aber unvollständig, so tritt an die Stelle des Eingangs der Zeitpunkt, an welchem dem Versicherungsträger alle Angaben für eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Antrages vorliegen.

 

Rz. 7

Sind die Nachweise über die zu erstattenden Beiträge nicht vollständig, lückenhaft oder fehlerhaft, kann nicht von einem vollständigen Antrag ausgegangen werden, da für die Entscheidung über den Antrag auf Er­stattung der zu Un...

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