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Abs. 1 gewährt Vertrauensschutz für zu Unrecht entrichtete Rentenversicherungsbeiträge aus Arbeitsentgelten trotz Fehlens der Versicherungspflicht, soweit sie bei der nächsten, auf die Beitragsentrichtung folgenden Betriebsprüfung unbeanstandet geblieben sind; § 45 Abs. 2 SGB X gilt entsprechend. Unerheblich ist, wer diese Prüfung durchgeführt hat. Prüft nicht die Rentenversicherung, hat die prüfende Stelle über die Beiträge zu unterrichten, die zu beanstanden sind, weil die Krankenkassen als Einzugsstellen zur Beanstandung von Rentenversicherungsbeiträgen nicht berechtigt sind. Auch zu Unrecht entrichtete Rentenversicherungsbeiträge gelten nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 geltenden Verjährungsfrist als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge.

Für einen GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer – weiterhin als "Geschäftsführer" bezeichnet – wurden in der Annahme, er sei versicherungspflichtiger Arbeitnehmer seit April 1979 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Im März/April 1988 hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) dem Geschäftsführer ein Heilverfahren gewährt und Übergangsgeld gezahlt. Im Jahre 1991 stellte die Krankenkasse fest, dass der Geschäftsführer als Gesellschafter der GmbH kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sei und die Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung daher zu Unrecht entrichtet worden seien. Daraufhin beanstandete die BfA Ende 1991 die von April 1979 bis Dezember 1990 entrichteten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung. Der Geschäftsführer beantragte im Jahre 1992 die Erstattung der Beiträge, soweit sie über die Mindestbeiträge hinausgingen, die er als freiwillige Beiträge in der Rentenversicherung belassen wollte. Dem Antrag entsprach die BfA nur für die Beiträge von März 1988 an (d. h. vom Beginn des Heilverfahrens). Die Erstattung früherer Beiträge lehnte sie unter Hinweis auf § 26 Abs. 2 ab, weil sie aufgrund der Beiträge Leistungen (das Heilverfahren mit Übergangsgeld) erbracht habe. Der Geschäftsführer rügte mit der Revision eine Verletzung des § 26 Abs. 2, weil diese Vorschrift eine Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge nur ausschließe, soweit die erbrachte Leistung auf den entsprechenden Beiträgen beruhe. Dieses sei hier nicht der Fall, weil das Heilverfahren auch bei Entrichtung freiwilliger Mindestbeiträge bewilligt worden wäre und die Zahlung von knapp 5.000,00 DM Übergangsgeld nicht zum Verfall von rund 147.000,00 DM an entrichteten Beiträgen führen dürfe. Das BSG hat die Revision des Geschäftsführers mit Urteil v. 29.1.1998 (B 12 KR 11/97 R) zurückgewiesen, weil der Erstattungsanspruch für die in der Zeit von April 1979 bis Februar 1988 vom Arbeitsentgelt entrichteten Beiträge nach § 26 Abs. 2 durch das Heilverfahren verfallen ist. Die bloße Zuordnung von Beiträgen zur allgemeinen statt zur knappschaftlichen Rentenversicherung stellt keine Beanstandung dieser Beiträge dar (BSG, Urteil v. 30.11.2016, B 12 R 8/15 R).

Die Beanstandung von Rentenversicherungsbeiträgen ist vom Rentenversicherungsträger mit Bescheid festzustellen.Der ausdrückliche Verweis auf § 45 Abs. 2 SGB X besagt, dass nach der Betriebsprüfung bzw. nach Ablauf der in Abs. 1 Satz 3 genannten Frist eine Beanstandung der zu Unrecht entrichteten Beiträge dann nicht mehr möglich ist, wenn der Betroffene auf die Wirksamkeit der Beiträge vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Es ist kaum ein Fall denkbar, in welchem das gutgläubige Vertrauen des vermeintlich Versicherten auf die Wirksamkeit seiner Beiträge nicht schutzwürdig wäre. Eine fortbestehende Beanstandungsmöglichkeit besteht daher im Ergebnis nur bei festgestellter Bösgläubigkeit des Betroffenen.

Rentenversicherungsbeiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung. Dies gilt aber nur für die Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung, nicht für freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung und nicht für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung. Die Vorschrift ist von den Versicherungsträgern von Amts wegen zu beachten (§ 20 Abs. 2 SGB X).

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