1 Nicht abgeführte Lohnsteuer zählt zu Insolvenzforderungen

Im Insolvenzverfahren geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter/Treuhänder über. Dies hat auch Auswirkungen auf die Steuererklärungspflichten. Der Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter des Schuldners muss auch dessen steuerliche Pflichten erfüllen.[1] Zu diesen steuerlichen Pflichten gehört auch die Abgabe von Steuererklärungen, z. B. die Lohnsteuer-Anmeldung.

Mit der Eröffnung des Verfahrens können zu diesem Zeitpunkt begründete Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur noch nach Maßgabe der Insolvenzordnung geltend gemacht werden. Die ab Verfahrenseröffnung entstehenden Steuerverbindlichkeiten gelten als Neuverbindlichkeiten. Sie sind nicht Bestandteil des Insolvenzverfahrens und deshalb termingerecht zu bezahlen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht ein neues Steuerschuldverhältnis gegenüber dem zuständigen Finanzamt. Dies zeigt sich daran, dass für den Betrieb regelmäßig eine neue Steuernummer vergeben wird.

Hat der Arbeitgeber die auf vor der Insolvenzeröffnung ausgezahlten Arbeitslohn entfallende Lohnsteuer nicht abgeführt, gehört sie zu den Insolvenzforderungen. In diesem Fall muss das Finanzamt als Massegläubiger die Lohnsteueransprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Doch selbst wenn das Finanzamt im Insolvenzverfahren eine Haftungsschuld für nicht einbehaltene Lohnsteuer als Insolvenzforderung angemeldet hat, kann es den Arbeitnehmer als Gesamtschuldner für diese Lohnsteuer in Anspruch nehmen, solange die Haftungsschuld nicht aus der Insolvenzmasse getilgt wird. Die Forderungen des Finanzamts werden nicht vorab ausgekehrt.

Insolvenzverwalter muss steuerliche Arbeitgeberpflichten erfüllen

Beschäftigt der Insolvenzverwalter die Arbeitnehmer weiterhin, musser von den während des Insolvenzverfahrens gezahlten Arbeitslöhnen die Lohnsteuer ermitteln, einbehalten und abführen. Dabei muss der Insolvenzverwalter alle Pflichten erfüllen, die ohne Insolvenzeröffnung dem Arbeitgeber obliegen würden.

Gibt der Insolvenzverwalter jedoch das Unternehmen frei und der bisherige Unternehmer führt diesen Betrieb fort – darunter fällt auch die Lohnzahlung an seine Arbeitnehmer sowie der Abschluss von Arbeitsverträgen – ist dieser Unternehmer auch verpflichtet, die Lohnsteuer-Anmeldungen an das Betriebsstätten-Finanzamt abzugeben.[2]

2 Geschäftsführer-Lohnsteuerhaftung bei Insolvenz

Bei Insolvenz einer GmbH versucht das Finanzamt oftmals, die bestehenden Lohnsteuerschulden durch Haftungsbescheid bei den Geschäftsführern der GmbH geltend zu machen, weil diese steuerlich zur Abführung der einbehaltenen Lohnsteuer verpflichtet sind. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs kann die steuerrechtlich und die insolvenzrechtlich unterschiedliche Bewertung der Lohnsteuerabführungspflicht des Arbeitgebers in insolvenzreifer Zeit zu einer Pflichtenkollision führen. Die gesellschaftsrechtliche Pflicht des Geschäftsführers zur Sicherung der Masse i. S. d. § 64 Abs. 2 GmbHG kann die Verpflichtung zur Vollabführung der Lohnsteuer jedoch allenfalls in den 3 Wochen suspendieren, die dem Geschäftsführer ab Kenntnis der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit der GmbH nach § 64 Abs. 1 GmbHG eingeräumt sind, um die Sanierungsfähigkeit der GmbH zu prüfen und Sanierungsversuche durchzuführen. Nur in diesem Zeitraum kann das die Haftung nach § 69 AO begründende Verschulden ausgeschlossen sein.[1]

Beim Erwerb eines Unternehmens aus einer Insolvenzmasse haftet der Erwerber nicht für rückständige Lohnsteuer.

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