"Gesundheit ist Privatsache", so ist leider immer noch die Sichtweise vieler Unternehmen. Ganz unrecht haben sie damit nicht, da das Gesundheitsverhalten der Beschäftigten in ihrer Freizeit in Bezug auf Bewegung, Ernährung und Genussmittelkonsum nicht durch den Arbeitgeber bestimmt werden kann. Geht es um durch die Arbeit bedingte Risiken zur Sicherheit und Gesundheit, so gelten die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes. Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und der Aufbau eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) sind dagegen freiwillige Leistungen des Arbeitgebers. Warum sollten Unternehmen über den Arbeitsschutz und das gesetzlich verpflichtend durchzuführende Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) hinaus noch Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention anbieten?

Unternehmen investieren insbesondere dann in ihre Mitarbeiter, wenn dies einen wichtigen Beitrag zur Realisierung der Unternehmensziele darstellt. Daher gilt es zu prüfen, welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen, welche Risiken sich daraus für die Realisierung ihrer Unternehmensziele ableiten lassen und wie ein BGM zur Lösungsfindung beitragen kann.

Herausforderungen lassen sich einerseits in marktbezogene und andererseits in betriebsinterne Themen unterscheiden. Zu den marktbezogenen zählen:

  • Demografischer Wandel: Alterung der Bevölkerung, Nachlassen der Arbeitsfähigkeit, Fachkräftemangel,
  • Wertewandel / Generationen Babyboomer, X, Y und Z: Erwartungen an Arbeitgeber; Gesundheitsförderung als Benefit und Arbeitgeberattraktivität,
  • Gesundheit(s)verhalten und -kompetenz in der Bevölkerung: Bewegungsmangel, Übergewicht, geringe Gesundheitskompetenz,
  • Arbeitswelt 4.0 / Digitalisierung / Prozessbeschleunigung / Robotik: neue/veränderte Belastungen, Ängste der Beschäftigten aufgrund veränderter Arbeitsweisen,
  • Neue Arbeitsformen: New-Work-Methoden / hybrides bzw. mobiles Arbeiten / Workation: Forderungen nach New-Work- und/oder Work-Life-Balance-Konzepten.

Auf der betriebsinternen Seite geht es um die Prüfung folgender Bereiche:

  • Routinedaten (Krankenstand, Unfälle, Fluktuation usw.),
  • Altersstruktur (Alterszentrierung, Durchschnittsalter),
  • Unternehmensziele/Gesundheitspolitik,
  • Führungsverständnis/Unternehmenskultur,
  • Status quo Arbeitsschutz/BEM/Gesundheitsmanagement.[1]

Hinsichtlich der zuvor aufgeführten Herausforderungen gilt es zu prüfen, welchen Einfluss diese auf die Mitarbeitergesundheit (körperlich wie psychisch) haben können und welche Konsequenzen sich für Unternehmen daraus ergeben. Hierbei kann folgende Logik angewandt werden (Abb. 1):

Abb. 1: Bewertungen von Risiken

Die in Abb. 1 dargestellte Logik ermöglicht eine bedarfsorientierte Argumentation für die Umsetzung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention sowie für den Aufbau eines Managementsystems. Die Berücksichtigung möglicher Risiken für das Unternehmen erhöht das Commitment des Managements zur Umsetzung eines BGM. Das Praxisbeispiel zeigt eine Ableitung von Risiken, ausgehend von den allgemeinen, marktbezogenen Herausforderungen. Daher braucht es auch weitere Betrachtungen, so z. B. auch zum Wertewandel, zur Gesundheit, zum Gesundheitsverhalten und zur Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung, zur Arbeitswelt 4.0 und zu den neuen Arbeitsformen sowie den betriebsinternen Kennzahlen, dem Status quo des Arbeitsschutzes und des BEM.

Ein weiterer Faktor bei der Umsetzung von BGF und BGM ist die Tatsache, dass Gesundheit und Gesundheitsverhalten grundsätzlich private Themen der Beschäftigten sind. Daher stellt sich die Frage, inwieweit Unternehmen ihre Beschäftigten bei der Krankheitsbewältigung, Prävention und Gesundheitsförderung unterstützen können. Auf diesen 3 Ebenen im Rahmen eines BGM aktiv zu werden, stellt sicherlich eine Herausforderung dar, insbesondere natürlich bei der Krankheitsbewältigung. Hier kann zwar auf das BEM zurückgegriffen werden, aber viele Beschäftigte weisen dauerhafte Beschwerden, wie z. B. Rückenschmerzen, auf, während die Arbeitsunfähigkeitstage in den letzten 12 Monaten nicht über 43 hinausgehen. Eine vergleichbare Herausforderung stellt sich im Bereich der psychischen Gesundheit, wo Beeinträchtigungen und Erkrankungen seit vielen Jahren zunehmen. Die in Abb. 1 dargestellte Vorgehensweise muss daher auch, sofern erforderlich, Maßnahmen zur Krankheitsbewältigung sowie Präventionsangebote auf der Ebene der Sekundär- und Tertiärprävention berücksichtigen. In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

  • Wie identifiziert man Beschäftigte mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen?
  • Wie können diese angesprochen werden?
  • Welche datenschutzrelevanten Aspekte sind zu berücksichtigen?
  • Welche Maßnahmen können durch den Betrieb und welche über Stellen außerhalb angeboten werden?

Im Rahmen der Entwicklung und Weiterentwicklung des BGM gilt es, bei der Strategieformulierung auch stets die Personengruppen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen und bei der Maßnahmenplanung die zuvor genannten Fragen zu klären. Daher kann es ...

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