Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. Rückfahrt zum Hotel. eigenwirtschaftliche Unterbrechung: Verfolgung eines Diebes zur Wiedererlangung des Diebesgutes. kein Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst c SGB 7. Handlungstendenz: privates Verfolgungsinteresse

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verfolgung eines Diebes zur Wiedererlangung des Diebesgutes steht in keinem inneren oder sachlichen Zusammenhang mit der nach § 2 Abs 1 SGB 7 versicherten Tätigkeit. Da die Verfolgung des Straftäters in diesem Fall nicht der wesentliche Grund der Handlung ist, sondern dem privaten Interesse des Versicherten dient, scheidet auch Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst c SGB 7 aus.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 7. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls streitig.

Der 1973 geborene Kläger ist als Mitarbeiter in der Personalabteilung der Firma C. Deutschland GmbH in C-Stadt tätig. Vom 14. November 2016 bis zum 18. November 2016 befand er sich auf einer Dienstreise in D-Stadt. Der Hinflug von C-Stadt nach D Stadt fand am 14. November 2016 um 16:00 Uhr statt, der Rückflug am 18. November 2016 um 19:35 Uhr. Zweck war die Teilnahme an einem weltweiten Kongress der Arbeitgeberin (E. Europe), der am 15. November 2016 um 17:00 Uhr begann und am 17. November 2016 mit einer Abendveranstaltung als gemeinsames Abendessen nach dem Veranstaltungsprogramm offiziell um 23:00 Uhr enden sollte. Im Anschluss an die Abendveranstaltung besuchte der Kläger mit Kollegen eine Bar. Das weitere Geschehen ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 18. November 2016 stellte sich der Kläger gegen 21:00 Uhr in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Kliniken des Main-Taunus-Kreises vor. Gegenüber dem Durchgangsarzt PD Dr. F. gab er an, auf einer Firmenfreizeit in D-Stadt an diesem Tag um 5:45 Uhr morgens von Angreifern überfallen, dabei zu Fall gekommen und auf den rechten Ellenbogen und linken Daumen gefallen zu sein. Nach Röntgen von Schulter und Daumen diagnostizierte der Arzt eine Radiusköpfchenfraktur (Durchgangsarztbericht vom 18. November 2016). Gegenüber der Beklagten machte der Kläger unter dem 7. Dezember 2016 weitere Angaben zu dem Ereignis. Er teilte mit, dass sich der Raubüberfall auf der Rückfahrt zum Hotel ereignet habe, ihm sei seine Geldbörse gestohlen worden. In der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 14. Dezember 2016 wird der Unfallhergang wie folgt geschildert:

"Der Mitarbeiter befand sich auf einer Dienstreise in D-Stadt. Nach der Veranstaltung und anschließendem Abendessen besuchte der Mitarbeiter mit Kollegen und einigen Teilnehmern noch eine Bar am G. Gegen 05:00 verließen der Mitarbeiter mit den Kollegen die Lokation zum nahe gelegenen Taxistand. Auf dem Weg dorthin wurde er von einem Fremden angesprochen. Beim Einsteigen in das Taxi wurde ihm der Geldbeutel entwendet, er verfolgte den Täter und wurde von einer weiteren Person zu Fall gebracht."

Auf Nachfrage der Beklagten machte die Arbeitgeberin im Dezember 2016 ergänzende Angaben zu dem Kongress in D-Stadt. Unter anderem wurde mitgeteilt, dass das Abendessen Bestandteil der Kongressteilnahme gewesen sei und dieses tatsächlich erst gegen 24:00 Uhr geendet habe. Im unmittelbaren Anschluss daran sei eine Gruppe von Kollegen, darunter auch der Kläger, noch in eine nahe gelegene Bar gegangen. Erklärt wurde abermals, dass sich der Überfall bei der Verfolgung des Täters ereignet habe, der Kläger sei durch weitere Mittäter zu Fall gebracht worden (Bl. 11 der Verwaltungsakte der Beklagten).

Mit Bescheid vom 31. Januar 2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 18. November 2016 als Arbeitsunfall ab. Bezüglich des Versicherungsschutzes während einer Geschäftsreise sei zu unterscheiden, ob die Betätigung mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhänge oder ob diese der Privatsphäre des Versicherten zugehörig sei. Der Versicherungsschutz entfalle, wenn sich der Versicherte rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussten Belangen widme. Die betriebliche Tätigkeit des Klägers habe gegen 23:00 Uhr am Vortag mit einem gemeinsamen Abendessen geendet. Der anschließende Barbesuch bis 5:00 Uhr morgens stehe, auch wenn noch andere Arbeitskollegen mit in der Bar gewesen seien, eindeutig nicht mehr im wesentlichen Zusammenhang mit der für das Unternehmen dienenden Tätigkeit. Beim Barbesuch handele es sich um eigene, persönliche Interessen, sodass für den Überfall beim Einsteigen ins Taxi kein Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe. Unabhängig davon habe der Kläger den Körperschaden nicht bei dem eigentlichen Überfall (Diebstahl der Geldbörse), sondern bei der Verfolgung des Diebes erlitten, sodass zusätzlich...

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