Leitsatz (amtlich)

1. § 102 BetrVG findet auch dann Anwendung, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Dienstantritt kündigt.

2. Enthält der Arbeitsvertrag eine abschließende Regelung der belderseitigen Rechte und Pflichten, so kann die Frage, ob ein vor Arbeitsantritt entlassener Arbeitnehmer leitender Angestellter des § 5 Abs. 3 BetrVG ist, nur auf der Grundlage des Arbeitsvertrages beurteilt werden.

 

Normenkette

BetrVG §§ 102, 105

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.10.1983; Aktenzeichen 8 Ca 130/83)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. vom 11.10.1983 – 8 Ca 130/83 – abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.855,38 DM brutto nebst 4 v.H. Zinsen aus 11.538,46 DM ab 1.5.1983, aus 23.076,92 DM ab 1.6.1983 und aus 24.855,38 DM ab 1.7.1983 zu bezahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.940,– DM netto nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 2.8.1983 zu bezahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Beklagte.

Von den Kosten des zweiten Rechtszuges trägt der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5.

Der Streitwert wird für die erste Instanz auf 11.538,– DM, für die zweite Instanz auf 53.083,– DM festgesetzt.

Das Rechtsmittel der Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger sollte aufgrund des Arbeitsvertrages vom 9.6.1982 (s. Fotokopie Bl. 13–19 d.A.) ab 1.1.1983 als Leiter des Vertriebsbereiches Medizintechnik Inland für die Beklagte tätig werden. Der Vertrag hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

§ 1

Tätigkeitsbereich

  1. Der Mitarbeiter steht als Leiter des Vertriebsbereiches Medizintechnik Inland in den Diensten der Firma. Sein Aufgabenbereich wurde im Einstellungsgespräch erläutert.
  2. Der Mitarbeiter untersteht dem Vorstand für die Sparte Medizintechnik und ist hinsichtlich seiner dienstlichen Obliegenheiten an dessen Weisungen gebunden.
  3. Wenn es die Belange der Firma erfordern, kann der Tätigkeitsbereich erweitert oder eingeschränkt werden.
  4. Die Firma behält sich vor, dem Mitarbeiter unter Beibehaltung seiner Bezüge auch andere seiner Vorbildung entsprechende Aufgaben zu übertragen.

    Die Firma kann den Mitarbeiter auch an anderen Orten sowie bei ihren Tochtergesellschaften und Beteiligungsgesellschaften beschäftigen, soweit dies zumutbar ist.

§ 3 Bezüge und Urlaub

  1. Der Mitarbeiter erhält ein jährliches außertarifliches Bruttogehalt in Höhe von DM 150.000,–, zahlbar in 13 Monatsgehältern, wobei das 13. Gehalt als Weihnachtsgratifikation gilt und entsprechend der Firmenzugehörigkeit anteilig gezahlt wird…

    Nach Ablauf der Probezeit soll zwischen den Vertragspartnern für 1983 eine Provisionsvereinbarung getroffen werden…

    Das Gehalt ist am Ende des Monats zu zahlen…

§ 7

Wettbewerbsverbot

Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, frühestens nach Ablauf der Probezeit ein Wettbewerbsverbot mit der Firma abzuschließen. Es wird ausdrücklich vereinbart, daß diese Abmachung Bestandteil dieses Vertrages ist.

§ 8

Vertragsdauer und Kündigung

  1. Das Arbeitsverhältnis endet spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet, ohne daß es einer Kündigung bedarf.
  2. Der Vertrag kann von beiden Vertragspartnern gekündigt werden, mit 6-monatiger Frist zum Quartalsende.
  3. Die ersten 6 Monate der Tätigkeit gelten als Probezeit. Innerhalb dieser Zeit kann der Vertrag beiderseitig mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende gekündigt werden.

§ 10

Schriftformvorschriften

Es besteht Einverständnis, daß Vereinbarungen außerhalb des Vertrages zwischen den Parteien nicht getroffen wurden. Änderungen und Ergänzungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der schriftlichen Bestätigung.

Wegen sonstiger Einzelheiten des Vertragsinhaltes wird auf die Vertragsurkunde Bezug genommen.

Am 10.12.1982 kündigte die Beklagte dem Kläger zum 31.3.1983 (s. Bl. 5, 6, 11, 12 d.A.). Über die Kündigungsabsicht der Beklagten ist der Betriebsrat gem. § 105 BetrVG informiert worden (s. Bl. 83 R d.A.). Die Beklagte hat die aus Bl. 26 a d.A. ersichtlichen Zahlungen erbracht, um ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.3.1983 hinaus angedauert habe. Wegen der rechtlichen Begründung dieser Ansicht wird auf Bl. 1–4, 7–10 d.A. verwiesen. Er hat im ersten Rechtszug Gehalt für den Monat April 1983 in Höhe von 11.538,46 DM brutto beansprucht (s. Bl. 27 d.A.). Dementsprechend hat er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 11.538,46 brutto zuzüglich 4 v. H. Zinsen seit 1.5.1983 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, die Kündigung vom 10.12.1982 sei rechtswirksam zum 31.3.1983 ausgesprochen worden, so daß der Kläger über diesen Termin hinaus keine Ansprüche mehr erheben könne (s. Bl. 11, 12, 22, 23, 25–27 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 11.10.1983 (s. Bl. 28–36 d.A.) abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird ergänzend Bezug genommen. Gegen das dem Kläger am 2.6.1...

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